Die neue Gelassenheit

Der Deutsche Pavillon auf der 17. Architekturbiennale in Venedig. Ein Rückblick aus der Zukunft, Teil 1

„How will we live together“. Diese simple, komplexe Frage war das Thema der diesjährigen 17. Architekturbiennale in Venedig. Kuratiert wurde die Biennale vom Architekten, Pädagogen und Wissenschaftler Hashim Sarkis. „How will we live together?“ ist für Sarkis ebenso sehr eine soziale und politische Frage wie eine räumliche. Aktuelle globale und lokale Herausforderungen, wie die Polarisierung zwischen links und rechts, der voranschreitende Klimawandel und die Kluft zwischen Arbeit und Kapital, machen die Frage relevanter denn je. Die Forderung: Wir brauchen einen neuen Raumvertrag. Vor dem Hintergrund wachsender politischer Gräben und zunehmender wirtschaftlicher Ungleichheiten wurden 112 Teilnehmende aus 46 Ländern aufgefordert, Räume zu denken, in denen wir als Gesellschaft gemeinschaftlich zusammenleben können.  

Der Klimawandel ist für Venedig eine potenzielle Bedrohung. Hochwasser und Meeresspiegelanstieg bringen die Lagunenstadt zunehmend an die eigenen Belastungsgrenzen, ebenso wie die Beanspruchung der städtischen Infrastruktur durch die Vielzahl externer Besucherinnen und Besucher. Doch dieses Jahr blieben die ganz großen Touristenmassen aus. Auch die diesjährige Architekturbiennale war von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Leer war es trotzdem nicht in den schmalen Gassen von Venedig. Das lag auch daran, dass seit diesem Jahr keine großen Kreuzfahrtschiffe mehr direkt einlaufen dürfen. Stattdessen teilten sich Vaporetti (Wasserbusse), private kleine Motorboote und die traditionellen Gondeln die Wasserwege Venedigs.

„2038 - The New Serenity“

Neu war bei der diesjährigen Architekturbiennale der Spagat zwischen virtuellen und physischen Exponaten. Ein Spagat im Zeichen der geringen Planbarkeit während der Corona-Pandemie. Der Deutsche Pavillon gab eine radikale Antwort. Unter dem Titel „2038 - The New Serenity“ erzählten Filme Geschichten einer unvollkommenen, aber radikal besseren Welt. Der Deutschen Pavillon selbst blieb dabei leer, zumindest physisch.

Wanderte man durch die Pavillons in Venedigs Gärten „Giardini“, spürte man fast schon Normalität. Eine Architekturbiennale wie sonst auch. Die Pavillons der Länder waren mit unterschiedlichsten Ausstellungen bespielt: Modelle, Installationen, sogar eine Teebar standen bereit. Näherte man sich dem Deutschen Pavillon entdeckte man schnell den Kontrast. An den Wänden fanden sich nicht mehr und nicht weniger als QR-Codes. Diese QR-Codes leiteten Besucherinnen und Besucher in die fiktive Zukunft 2038, und zwar über das Internet. Aus dem Jahr 2038 präsentierten Olaf Gawert, Arno Brandlhuber, Christopher Roth, Nikolaus Hirsch und ein kollaboratives Team aus den Bereich Architektur, Kunst, Ökologie, Wirtschaft, Philosophie, Politik, Wissenschaft und Technologie einen Rückblick aus der Zukunft, in die Gegenwart, in unser „Heute“. Präsentiert wurden diese Rückblicke durch Videos, angelehnt an das Format von „History Channels“.

Fortsetzung folgt…

Parade von Ideen und Visionen

Der Deutsche Pavillon ist virtuell über www.2038.xyz zu sehen. Der „Cloud Pavillion“ kann über Google Arts & Culture betreten werden. Die 17. Architekturbiennale war bis zum 21. November 2021 in Venedig zu besichtigen. Begleitend zum Deutschen Pavillon erschien ein Katalog (Sorry Press) und eine Ausgabe des Berliner Straßenmagazins „Arts of the Working Class“.

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