Energie lokal produzieren und direkt nutzen
Nach einer Studie, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegeben hat, könnten in Deutschland bis zu 3,8 Millionen Wohnungen mit Mieterstrom versorgt werden. Das Modell bietet Vorteile für alle Beteiligten.
Der Konsum regionaler Produkte ist einer der Trends unserer Zeit. Immer mehr Menschen kaufen ihr Obst und Gemüse lieber auf dem Markt oder beim Bauern vor Ort ein, als im weltweit vernetzten Supermarkt. Das spart Transportwege und gibt den Konsumenten ein gutes Gefühl.
Ähnliche Reize setzt lokal produzierter Strom, der sogenannte Mieterstrom. Dieser wird im Mehrfamilienhaus oder Quartier produziert und dort zur Verfügung gestellt. Da der Strom nicht erst über öffentliche Netze geleitet werden muss, können Teile der Umlagen, Netzentgelte, Stromsteuer sowie Konzessionsabgaben entfallen und Mieter können den Strom zu einem günstigeren Preis beziehen. Laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) muss der angebotene Mieterstrom mindestens 10 Prozent günstiger sein, als der örtliche Grundversorgertarif. Für die Stromerzeugung stehen verschiedene Techniken zur Verfügung.
Photovoltaik oder Blockheizkraftwerk
Die beliebteste Variante zur Erzeugung von Mieterstrom ist eine Photovoltaik (PV)-Anlage. Das liegt nicht zuletzt an der Möglichkeit zur Förderung. Im EEG ist ein Zuschlag für PV-Mieterstrom festgeschrieben. Die Höhe des Zuschlags hängt in erster Linie von der Größe der Solaranlage ab und liegt zwischen 2,2 Cent/kWh und 3,8 Cent/kWh. Der Mieterstromzuschlag wird nur für Strom aus Solaranlagen gewährt, die mit, beziehungsweise nach Inkrafttreten des Gesetzes (25. Juli 2017) in Betrieb genommen worden sind.
Für die Nutzung des Mieterstroms aus PV-Anlagen installieren und betreiben Unternehmen wie die innogy SE aus Essen hocheffiziente Solaranlagen auf dem Dach eines Wohngebäudes. Dabei schließen die Energieversorger einen Mieterstromvertrag mit den Mietern ab und das Wohnungsunternehmen erhält eine Pacht für die genutzte Dachfläche. Der produzierte Strom wird den Mietern direkt zur Verfügung gestellt. Überschüssiger Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist und vergütet oder kann in einem Batteriespeicher für die spätere Nutzung gespeichert werden. Scheint die Sonne nicht, stellt der Versorger die fehlende Energie aus anderen, auf Wunsch regenerativen, Quellen zur Verfügung.
Eine weitere Möglichkeit der Stromerzeugung für Mieterstrom bietet ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Der größte Vorteil: Neben Strom wird mit einem BHKW auch Wärme produziert. Kurze Wege sorgen für minimale Energie- und Wärmeverluste beim Transport und damit für einen hohen Wirkungsgrad durch optimale Energieausnutzung.
Vorteile für Vermieter und Mieter
Mieterstrom bietet Wohnungsunternehmen und Mietern bei beiden Varianten der Energieumwandlung zahlreiche Vorteile. Mieter können durch die geringeren Strompreise Geld sparen und durch den lokal produzierten Strom an der Energiewende mitwirken.
Für Wohnungsunternehmen bedeutet das Modell eine Steigerung der jeweiligen Gebäudeenergieeffizienz und eine langfristige Wertsteigerung der Immobilie. Gleichzeitig können sie bei der Nutzung einer PV-Anlage durch die Verpachtung der Dachfläche Zusatzeinnahmen generieren und leisten ebenfalls ihren Beitrag zum Klimaschutz. Dennoch gibt es in der Wohnungswirtschaft Vorbehalte, die in erster Linie mit dem bürokratischen Aufwand bei der Umsetzung zusammenhängen.
Abhilfe verspricht ein Full-Service-Modell. „Um der Branche den Einstieg in das Thema zu vereinfachen, bietet innogy Wohnungsunternehmen den Bezug inklusive Rundum-Service an. Wir übernehmen sowohl die Planung als auch den Bau und den Betrieb der Erzeugungsanlage sowie die komplette Kommunikation mit den Mietern“, sagt Holger Scheffler, Leitung Wohnungswirtschaft bei der innogy SE.
Zwischenbilanz verdeutlicht Potenzial
Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurde im ersten Jahr seit dem Inkrafttreten des Mieterstromgesetzes (Juli 2017 bis Juni 2018) 139 Projekten eine Förderung über das Mieterstromgesetz gewährt. Die Summe der Leistung der geförderten Anlagen beträgt für diesen Zeitraum 3,7 Megawatt – laut Gesetz wären allerdings 500 Megawatt pro Jahr möglich.
Zum einen zeigen diese Zahlen, dass sich der Mieterstrom im Markt erst noch etablieren muss, zum anderen unterstreichen sie allerdings auch das große Potenzial. Vor allem in Kombination mit der Wärmeerzeugung mittels Wärmepumpe oder Elektromobilitätskonzepten kann Mieterstrom die Grundlage für nachhaltige Quartiere schaffen und die Zukunftsfähigkeit der Wohnungsunternehmen sichern helfen.
In Kombination mit der Wärmeerzeugung mittels Wärmepumpe oder Elektromobilitätskonzepten kann Mieterstrom die Grundlage für nachhaltige Quartiere schaffen.