Erst analysieren, dann investieren
Nach einer Auswertung von rund 55.000 beprobten deutschen Wohngebäuden hat Techem herausgefunden, dass sich in jedem achten dieser Gebäude zu viele Legionellen im Trinkwasser befinden. „Zuviel“ heißt, dass die Anzahl der Stäbchenbakterien den gemäß der Trinkwasserverordnung vorgegebenen technischen Maßnahmenwert von 100 kolonienbildenden Einheiten in 100 Millilitern Wasser übersteigt.
Dies bringt für Eigentümer der Immobilie eine Reihe von Pflichten mit sich. Techem bietet im Rahmen der Legionellenprüfung ein Komplett-Paket inklusive Präventiv- und Sanierungsberatung an. Bei der Probenahme und Analyse arbeitet das Unternehmen mit dem SGS Institut Fresenius zusammen.
Herr Dittmann, was sind Ihrer Meinung nach die Hauptursachen für einen Legionellenbefall?
Mark Dittmann: Die Ursachen für einen Positivbefund sind vielfältig und können im Einzelfall erst im Rahmen der Gefährdungsanalyse zuverlässig identifiziert werden. Grundsätzlich gilt, dass Legionellen bei Wassertemperaturen zwischen 25 und 55 °C besonders gut gedeihen und stehendes Wasser im Leitungssystem ihre Vermehrung begünstigt. Bei der Gefährdungsanalyse wird nach den Ursachen für die Kontamination mit Legionellen geschaut.
Wie läuft eine Sanierungsberatung ab?
Mark Dittmann: Nachdem unser Kunde über einen Positivbefund bei der orientierenden Untersuchung informiert wurde, kontaktieren wir ihn, um ihn über die daraus resultierenden gesetzlichen Pflichten aufzuklären. Dazu zählen zum Beispiel die Erstellung einer Gefährdungsanalyse, die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen und weitere Untersuchungen zur Eingrenzung der Kontamination bzw. zur Erfolgskontrolle.
Im Rahmen der Sanierungsberatung können wir unsere Kunden mit der Erstellung der Gefährdungsanalyse unterstützen. Außerdem übernehmen wir die Kommunikation mit dem Gesundheitsamt, unterstützen ihn bei der Kommunikation mit den Bewohnern, überwachen sämtliche einzuhaltenden Fristen und veranlassen die Durchführung der Folgeuntersuchungen. Für die Umsetzung der Maßnahmen bleibt der Kunde allerdings selbst in der Verantwortung.
Sie sprachen von einer Gefährdungsanalyse. Wie sieht diese konkret aus?
Mark Dittmann: Im Rahmen einer Gefährdungsanalyse wird bei einer Vorort-Begehung die komplette Trinkwasseranlage auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik überprüft. Die Schwachstellen im System werden mit Hilfe von Fotos und Erläuterungen dokumentiert sowie entsprechende Handlungsempfehlungen ausgesprochen.
Techem hat ein deutschlandweites Netzwerk an Experten, das die Gefährdungsanalysen gemäß der gesetzlichen Vorgaben sowie der Empfehlung des Umweltbundesamts erstellt.
Was verstößt denn beispielsweise gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik?
Mark Dittmann: Bauliche Mängel, die wir häufig vorfinden, sind beispielsweise die so genannten Rohrbelüfter. Früher waren diese als Sicherungseinrichtung Standard. Heute ist ihr Einbau jedoch nicht mehr zulässig, da es aufgrund von Totstrecken zu einem hohen Verkeimungsrisiko in den Rohren kommen kann.
Darüber hinaus stellen wir immer wieder fest, dass viele Anlagen aus Energiespargründen mit zu niedrigen Temperaturen betrieben werden. Das Warmwasser sollte den Trinkwasserspeicher mit einer Temperatur von mindestens 60°C verlassen und über die Zirkulation mit höchstens 5 Kelvin (K) weniger wieder in den Speicher zurückfließen. Diese Temperaturen werden leider in vielen Anlagen nicht erreicht oder die Temperaturdifferenz ist größer als 5 K. Somit wird ein Temperaturbereich erreicht, in dem sich Legionellen wohlfühlen.
Welche weiteren Defizite kommen in der Praxis häufig vor?
Mark Dittmann: Ein weiteres großes Problem ist, dass die meisten Anlagen im Trinkwasserbereich hydraulisch nicht abgeglichen sind. Dabei führt ein hydraulischer Abgleich zu einem ausreichenden Durchfluss und stellt sicher, dass die geforderten Wassertemperaturen an allen Zapfstellen erreicht werden. Zudem stellen verkalkte Trinkwasserinstallationen eine Gefahr dar. Denn Kalk ist ein idealer Nährboden für Legionellen.
Was folgt nach der Gefährdungsanalyse?
Mark Dittmann: Im Rahmen der Gefährdungsanalyse erhält der Kunde einen ausführlichen Maßnahmenplan. Die eigentliche Sanierung, beziehungsweise die Umsetzung der Maßnahmen, bleibt dann aber in der Verantwortung des Betreibers der Trinkwasseranlage. Das ist in der Regel der Eigentümer der Immobilie.
Was können denn konkrete Sanierungsmaßnahmen sein?
Mark Dittmann: Je nach Anlage kann eine thermische oder chemische Desinfektion in Betracht gezogen werden. Dadurch lassen sich oft kurzfristige, allerdings keine nachhaltigen Erfolge erzielen. Maßnahmen können auch die Reinigung oder der Austausch veralteter Warmwasserspeicher oder Änderungen in den Einstellungen des Warmwasserbereiters sein.
Gegebenenfalls sind aber auch umfangreiche Baumaßnahmen nötig, wie zum Beispiel der Rückbau von Totleitungen. Um einen hydraulischen Abgleich hinzubekommen, ist oft eine Nachrüstung von Strangregulierungsventilen notwendig.
Und was erfolgt nach der Sanierung?
Mark Dittmann: Sobald eine Sanierung unter Berücksichtigung der Mängelliste aus der Gefährdungsanalyse erfolgt ist und wir darüber informiert werden, starten die Kontrolluntersuchungen. Ziel dieser Untersuchungen ist es, den Erfolg der durchgeführten Sanierung zu überprüfen. Nach drei erfolgten Kontrolluntersuchungen, die im Ergebnis alle negativ sein müssen, gilt die Sanierung als erfolgreich. Damit endet dann auch unsere Sanierungsberatung.
Können Sie unseren Lesern einen Tipp geben, welche präventiven Maßnahmen sie selbst durchführen können, um einem Legionellenbefall vorzubeugen?
Mark Dittmann: Vorbeugen kann jeder, indem er sicherstellt, dass die Warmwasseranlage entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und gewartet wird. Wer sich hier unsicher ist, kann im Rahmen einer Präventivberatung die Anlage begehen und eine Bestandsaufnahme machen lassen. So kann bereits im Vorfeld einer Legionellenprüfung festgestellt werden, ob etwaige Mängel bei der Trinkwasseranlage vorliegen und wie diese behoben werden können.
Herr Dittmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.
In jedem achten Gebäude in Deutschland gibt es zu viele Legionellen.