Frischluft muss rein: zentral oder dezentral?
Gebäudehüllen werden aufgrund der stetig verschärften Energieeinsparverordnung (EnEV) immer dichter. Daraus ergeben sich neue Bedingungen für den regelmäßigen Luftaustausch innerhalb der Gebäude. Um ein Mindestmaß für die Luftwechselrate festsetzen zu können, müssen die Vorgaben der DIN 1946 Teil 6 eingehalten werden. Doch welches System soll zum Einsatz kommen? Im Folgenden werden einige Aspekte rund um dezentrale und zentrale Lüftungssysteme beleuchtet.
Seit Inkrafttreten der EnEV ist für alle Neubauten der Niedrigenergiehaus-Standard vorgeschrieben. Um diesen Status zu erreichen muss die Gebäudehülle hochwärmegedämmt sein. Ähnliches gilt für den Gebäudebestand. Auch hier lässt sich beispielsweise durch eine gute Fassadendämmung und den Einbau moderner Isolierglasfenster erhebliches Einsparpotenzial erzielen. Sind alle Forderungen der EnEV erfüllt, tritt der Hauptanteil der Wärmeverluste „nur noch“ durch das Lüften über die Fenster während der Heizperiode auf.
Er kann bis zu über 50 % der Gesamtwärmeverluste des Gebäudes betragen und ist daher eine ernst zu nehmende Größe, die es zu verringern gilt. Sinnvollerweise auch deshalb, weil die teure Investition in eine hochwärmedämmende Gebäudehülle ansonsten „ad absurdum“ geführt würde. Lösungen bringt hier die Haustechnik-Industrie mit verschiedenen Konzepten für die Wohnraumlüftung. Sie bietet sowohl zentrale als auch dezentrale Lüftungssysteme an, die sich objektbezogen anpassen lassen.
Sie führen kontinuierlich die verbrauchte Luft aus den Räumen ab und in gleichem Maße frische, durch die Wärmerückgewinnung vortemperierte, Außenluft zu. Im Gegensatz zum Lüften über das Fenster treten dabei keine unangenehmen Zugerscheinungen auf. Gleichzeitig wird durch bedarfsgeführte oder gleichmäßige Be- und Entlüftung auch die überschüssige Raumluftfeuchte abtransportiert. Das gilt auch für die in der Luft befindlichen Schadstoffe wie beispielsweise CO2, Ausdünstungen aus Farben und Einrichtungsgegenstände (VOC), Allergie auslösende Hausstaubmilben sowie Schimmelpilzsporen. Das lüftungsbedingte Problem der Schimmelbildung in Bad, Küche und Schlafzimmer gehört damit der Vergangenheit an.
Hygienische Luftwechsel lassen sich insbesondere durch die getrennte Filterung von Zu- und Abluft erzielen. Im Zuluftbereich lassen sich die Geräte mit einem speziellen Allergikerfilter (F7) ausrüsten, der auch Feinstaub und einen Großteil von Bakterien fernhält. Zusätzlich ist noch ein Aktivkohlefilter (M6) erhältlich, der mittels Aktivkohlebeschichtung Gerüche der Außenluft sowie Schadgase von Treibstoffen, Stickoxide und Ozon bindet. Allergikerfreundliche Geräte sind entsprechend als solche ausgewiesen.
Dezentrale Systeme
Dezentrale Lüftungssysteme bestehen aus einzelnen Wandeinbaugeräten, die an der Innenseite einer Außenwand von Räumen installiert werden. Während der Heizperiode wird die verbrauchte, warme Raumluft z.B. über einen Aluminium-Kreuzstromplatten-Wärmeübertrager abgeführt. Bei diesem Vorgang wird die Wärme der Abluft auf die gleichzeitig von außen zugeführte Frischluft übertragen. Auf diese Weise lassen sich bis zu 76 % der Wärme zurückgewinnen.
Darüber hinaus gelangt die Zuluft auf diesem Wege bereits vorgewärmt in das Gebäudeinnere. So ergibt sich, neben einer spürbaren Senkung der Heizkosten, auch ein höherer Wärmekomfort, da die Raumtemperatur immer gleich bleibt. Bei einer Wohnung von 80 m² Größe und einer belüfteten Wohnfläche von 80% können so pro Jahr ca. 110 l Heizöl EL / 110 m³ Erdgas eingespart werden. Nimmt man eine Beheizung mit Erdgas an, würde die CO2-Emission für diese Wohnung pro Jahr um ca. 0,28 Tonnen sinken. Mit dem Wärmeträger Heizöl sinkt diese um 0,35 Tonnen pro Jahr.
Da das System ohne Rohrleitungsnetz auskommt, eignet es sich sowohl für den Neubau als auch zur Bestandssanierung. Bei Neubauten lässt sich so der Zeitaufwand zur Installation einer Lüftungsanlage erheblich reduzieren. Aufwendige Planungs- und Installations- sowie Verkleidungsarbeiten entfallen; auch zusätzliche Schalldämpfungsmaßnahmen, hinsichtlich der Übertragung von Schall über das Rohrleitungssystem, sind nicht notwendig. Die Geräte sind in kurzer Zeit installiert und finden sowohl in Ein- und Mehrfamilienhäusern als auch in öffentlichen Gebäuden wie Seniorenresidenzen, Studentenwohnheimen, Schulen, Hotels und Büros Verwendung.
Dabei besteht oft die Möglichkeit zwei Räume (Zu- und Abluftraum) mit einem Lüftungsgerät zu be- oder entlüften. Entsprechende Überströmöffnungen zwischen den Räumen sind vorzusehen. Diese Zweiraumlösung ist nicht nur interessant, sondern vor allem auch wirtschaftlich. Zudem ist auch eine Ausstattung einzelner Räume, wie z.B. Bad, Küche und Schlafzimmer, denkbar. Erwähnenswert ist vor allem der niedrige Energieverbrauch der dezentralen Lüftungsgeräte. Mit einer Leistungsaufnahme von nur fünf Watt pro Gerät (bei 30 m³/h) liegt der Stromverbrauch sehr niedrig.
Geht man von einem Einfamilienhaus aus, in dem sechs Geräte installiert wurden, ergibt sich so insgesamt eine Leistungsaufnahme von 30 Watt für die gesamte Wohnungsbelüftung. Im Vergleich dazu benötigt eine zentrale Anlage vergleichbarer Dimensionierung aufgrund des Rohrleitungssystems ca. 60 bis 65 Watt. Der Betrieb der dezentralen Anlage verursacht somit nur ca. die Hälfte der Stromkosten.
Sollen dezentrale Geräte im Baubestand nachgerüstet werden, stehen spezielle Aufputzgeräte zur Verfügung, die sich einfach und schnell montieren lassen. Zur Montage sind lediglich zwei Kernbohrungen für Außen- und Fortluftrohr durchzuführen und eine elektrische Versorgungsleitung zu legen. Ist bei Neubauvorhaben die Installation der Lüftungsgeräte erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen, bietet sich eine kostengünstige Vorrüstung der Montagesets Unterputz an, die die Geräte dann aufnehmen können.
Interessant für Architekten und Planer: Sollen keine Abschlüsse für Außen- und Fortluftrohr an der Fassade sichtbar sein, bietet die Lüftungsindustrie spezielle Leibungslösungen an, bei denen die Geräte direkt neben dem Fenster installiert werden. Die Fassadenabschlüsse werden in die Fensterleibung integriert, und sind so nur in der Seitenansicht zu erkennen. Die Optik der Fassade bleibt unbeeinträchtigt.
Ein weiterer Vorteil der dezentralen Geräte ist neben der Einzelraumregelung und dem damit verbundenen Raumluftkomfort die unabhängige Funktionsweise, so dass bei Ausfall eines Gerätes nicht die gesamte Anlage betroffen ist. Der Betrieb der Lüftungsgeräte ist sehr benutzerfreundlich. Eine Filterwechselanzeige informiert über einen erforderlichen Austausch der Luftfilterpatronen für Zu- und Abluft. Damit kann jeder Nutzer selbst Einfluss auf die Sauberkeit seines Gerätes nehmen. Da kaum Rohrleitungen vorhanden sind, die verschmutzen könnten, ergeben sich auch hier hygienische Vorteile.
Zentrale Systeme
Im Neubaubereich oder in Sanierungsobjekten kommen häufig auch zentrale Lüftungsanlagen zum Einsatz. Ihr Einbau lohnt sich vor allem dann, wenn generell größere Bauarbeiten am Objekt durchgeführt werden müssen. Grundvoraussetzung ist die Installation eines Luftkanalnetzes mit Auslässen in den einzelnen Räumen. Zudem wird oft ein separater Technikraum zur Aufstellung des Zentralgerätes benötigt. Dies kann z.B. ein Kellerraum sein. Das Zentralgerät bildet das Herzstück der Anlage. Es erzeugt einen konstanten Luftvolumenstrom und stellt über den integrierten Kreuz-Gegenstrom-Wärmeübertrager sicher, dass 90 % der Abluftwärme an die einströmende Frischluft abgegeben werden.
Eine Luftvermischung zwischen Ab- und Außenluft findet nicht statt. Trotz kontinuierlichen Luftaustauschs bleibt die Lufttemperatur im Gebäude so stets angenehm warm. Die Geräte stehen in unterschiedlichen Varianten zur Verfügung. Es werden sowohl bodenstehende als auch wandhängende Modelle angeboten. Wie auch bei den dezentralen Systemen sind in das Gerät spezielle Filter integriert, um die Luftqualität zusätzlich zu verbessern und um Verschmutzungen von Kanalnetz, Wärmeübertrager und Ventilator zu vermeiden. Für Allergiker stehen spezielle Feinfilter zur Verfügung, die den Eintrag von Pollen und Sporen in die Frischluft minimieren.
Bei der Aufstellung des Gerätes ist zu beachten, dass die Einheit innerhalb der wärmegedämmten Gebäudehülle zu installieren ist. Die Wege zu den Außen- und Fortluftstutzen sollten möglichst kurz sein. Zudem erleichtert ein zentraler Aufstellort die Planung. So lassen sich die Kanalstrecken verkürzen und damit Energiekosten senken. Die Luftführung erfolgt über Verteilerkästen aus Edelstahl sowie ein Kanalsystem aus Metall oder Kunststoff, das auch als flexible Variante zu verlegen ist. Im Neubau lassen sich alle Systemelemente unter dem Estrich einbauen, so dass außer den Lüftungsgittern keine Komponenten sichtbar sind.
Für die nachträgliche Montage im Baubestand stehen spezielle Rohrvarianten zur Verfügung, die im Zuge einer Decken- oder Wandrenovierung (hinter Gipskartonplatten oder Holzpaneelen) eingesetzt werden können. Dabei handelt es sich um ultraflache Aluminium-Luftkanäle, die direkt an Decke oder Wand montiert und anschließend mit einer handelsüblichen Täfelung verkleidet werden. Damit lassen sich auch unter niedrigen Altbaudecken Lüftungskanäle verlegen, ohne die Deckenhöhe zu sehr abzusenken. Abgesehen von einem kleinen Lüftungsgitter bleibt die gesamte Anlage unsichtbar.
Fazit
Der Einsatz einer Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung stellt ein gesundes Raumklima sicher und bedeutet eine sinnvolle Investition zur Erhaltung der Bausubstanz. Derartige Anlagen überzeugen heute durch einen Wärmeübertrager mit hohem Wirkungsgrad und einen niedrigen Stromverbrauch. Auch spezielle Filter für Allergiker sind für beide Anlagentypen erhältlich. Die Entscheidung, ob dezentral oder zentral ist daher in erster Linie objektabhängig zu treffen.
Der Wärmeverlust durch das Fensterlüften während der Heizperiode kann mehr als 50 % der Gesamtwärmeverluste des Gebäudes betragen und ist daher eine ernst zu nehmende Größe, die es zu verringern gilt.
Der Einsatz einer Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung stellt ein gesundes Raumklima sicher und bedeutet eine sinnvolle Investition zur Erhaltung der Bausubstanz.