Grundsteuer-Urteil: Weg für
Flächensteuer frei
„Moment mal!“: Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID, www.bid.info) spricht Klartext.
Kürzlich wurde das Urteil beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur aktuellen Bemessungsgrundlage der Grundsteuer gefällt. Der Erste Senat des BVerfG hat die Bemessung der Grundsteuer nach den Einheitswerten von 1964 (West) beziehungsweise 1935 (Ost) für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber müsse bis Ende 2019 eine Neuregelung schaffen – andernfalls dürften die aktuellen Regeln nicht mehr angewendet werden.
Angesichts dieses Urteils hält Professor Dr. Johanna Hey vom Institut für Steuerrecht an der Universität Köln bei der notwendigen Neuregelung auch das sogenannte Südländer-Modell für geeignet. In einem Kommentar sagte sie, dass das Urteil „einer an der Grundstücks- und Gebäudegröße bemessenen Flächensteuer […] nicht entgegen(stehe), wenn der zugrunde gelegte Maßstab konsequent und für alle Grundstücke gleichmäßig zur Anwendung kommt und auf diese Weise Unterschiede zwischen den einzelnen Grundstücken maßstabs- und realitätsgerecht erfasst werden“.
Das BVerfG betont in seinem Urteil, dass der Gesetzgeber sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Wahl der Bemessungsgrundlage einen sehr großen Spielraum habe. Dieser müsse nur prinzipiell geeignet sein, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen. Wenn also das Äquivalenzprinzip den mit der Grundsteuer verfolgten Belastungsgrund vorgibt, ist auch ein reines Flächenverfahren wie etwa das Südländer-Modell möglich.
Die Aussagen der Verfassungsrichter bekräftigen zudem die von Professor Hey in einem Gutachten im Auftrag der BID bereits geäußerten Bedenken, dass das von den Ländern bislang mehrheitlich verfolgte Kostenwertverfahren verfassungswidrig sei und damit als Grundlage für die Neuregelung der Bemessungsgrundlage ausscheidet. Zudem haben bereits namhafte Landesminister durch Proberechnungen auf die drohende Kostenexplosion und die soziale Unverträglichkeit beim vom Bundesrat eingebrachten Kostenwertmodell aufmerksam gemacht.
Aber auch eine reine Bodenwertsteuer auf Basis von Bodenrichtwerten scheidet für die Bemessung der Grundsteuer aus. Die Bodenrichtwerte sind in den vergangenen Jahren flächendeckend – und in den Ballungsräumen sogar massiv – angestiegen. Eine Entwicklung, die sich auch so fortsetzen wird. Insbesondere in den „Hotspots“ weisen Bodenrichtwerte zunehmend auch spekulative Elemente auf und sind durch das derzeitige Zinsniveau am Kapitalmarkt beeinflusst. Diese Bodenrichtwerte haben eine stark mietpreistreibende Wirkung.
Wir plädieren in der BID daher für ein wertneutrales, rein flächenorientiertes Verfahren. Die ausschließliche Verwendung von Grundstücks- und Gebäudeflächen als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer ist nicht nur leicht zu ermitteln und einfach anzuwenden – eine solche Bemessungsgrundlage ist auch wenig streitanfällig. Das Bundesverfassungsgericht hat den Weg für eine wertneutrale Bemessungsgrundlage geebnet.
Wir fordern den Gesetzgeber auf, den offensichtlich verfassungswidrigen Kostenwertansatz nicht weiterzuverfolgen. Ein reines Flächenverfahren ist innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist umsetzbar und würde zudem keine mietpreistreibende Wirkung entfalten, wie dies bei wertorientierten Verfahren insbesondere in den „Hotspots“ der Fall wäre.