Fassadensanierung

Holz vor der Außenwand

In nur sechs Tagen ist die Fassade eines Wohn- und Geschäftshauses in München saniert worden. Zum Einsatz kamen vorgefertigte Elemente in Holztafelbauweise. Sie wurden direkt nach dem Abbruch zweier Fensterelemente eingehoben und angeschlossen.

Die Natursteinfassade eines 1972 erbauten Wohn- und Geschäftshauses in der Münchner Innenstadt war aufgrund von Frostschäden sanierungsbedürftig. Das von der Eigentümergemeinschaft beauftragte Büro Braun Krötsch Architekten empfahl aufgrund der kurzen Bauzeit, der geforderten Ausführungsqualität und mit Blick auf die Nachhaltigkeit eine Sanierung mit Holztafelbauelementen. Aufgrund der positiven Eigenschaften des Baustoffs Holz in puncto Klimaschutz und Energieeffizienz konnten die Bauherren für ihre Maßnahme zudem den sogenannten CO2-Bonus des „Münchner Förderprogramm Energieeinsparung“ in Anspruch nehmen: Das Programm gewährt 30 Cent pro Kilogramm verbauten, CO2-speichernden und nachwachsenden Baustoffs in Kombination mit der Dämmung von Dach, Außenwand oder unterem Gebäudeabschluss. Voraussetzung ist, dass der Baustoff aus der Region stammt oder zertifiziert ist. „Im Vergleich mit herkömmlichen hochwärmegedämmten, hinterlüfteten Fassadenkonstruktionen gleicher Ausführungsqualität und Bekleidung ist die vorgefertigte Holzkonstruktion kostengünstig. Denn die Präzision der Ausführung war nicht mit Mehraufwand verbunden. Eine mit Mineralfaser gedämmte Vorhangfassade aus Naturstein, die den ursprünglichen Fassadenentwurf imitiert hätte, hätte höhere Kosten verursacht“, sagt Architekt Stefan Krötsch.

Komplett ausgestattete Elemente

Die kurze Bauzeit war bei dem Projekt wichtig, da die 32 Mietparteien, insbesondere die drei Ladenbetreiber im Erdgeschoss und die Arztpraxis im 1. Stock, so kurz wie möglich beeinträchtigt werden sollten. Kurze Montagezeiten auf der Baustelle zählen zu den Kennzeichen des Holzbaus und sind das Ergebnis einer sehr präzisen und weitreichenden Vorfertigung. Im Falle des Münchner Vorhabens wurde das Bestandsgebäude digital aufgemessen, um die Elemente auf wenige Millimeter genau vorfertigen zu können. Auf der Abbundanlage der Zimmerei ließen sich alle Einzelteile des Stabwerks der Tafelbauelemente automatisiert herstellen. Daraus fertigten die Handwerker dann in der Werkstatt die kompletten ca. 3 x 13,5 m großen Fassadenelemente einschließlich Dämmung, Fenstern, Vorrüstung für Sonnenschutz und Fassadenbekleidung. Dies hatte den Vorteil, dass die meisten Bauteilanschlüsse in der Werkstatt und damit unabhängig von Witterungseinflüssen unter optimalen Arbeitsbedingungen ausgeführt werden konnten.

Die Montage der insgesamt sechsgeschossigen Fassade dauerte dann nur sechs Tage. Unmittelbar nach dem Abbruch zweier Fensterelemente wurde das jeweilige Fassadenelement mit den bereits eingebauten neuen Fenstern eingehoben und angeschlossen, so dass die Wohnungen nicht länger als eine Stunde ohne Fenster blieben. Die Elemente wurden mit eingepressten Buchenholzdübeln miteinander verzapft und wie Legosteine passgenau aufeinander gesteckt. Die inneren Fensterlaibungen erhielten als Verkleidung vorgefertigte Blendrahmen aus Holzwerkstoffplatten, die schnell und staubfrei montiert werden konnten und Verputzarbeiten in den Wohnungen überflüssig machten. Das Gebäude hat nun u. a. dank einer 18 cm dicken Zellulose-Dämmung, die die Gefache des Holzständerwerks ausfüllt, annähernd Passivhausstandard.

Da das insgesamt achtgeschossige Gebäude der Gebäudeklasse 5 zugeordnet ist, lag in der Planung ein besonderes Augenmerk auf dem Brandschutz. Der Mehraufwand hierfür, den der Baustoff Holz üblicherweise verursacht, war dank geschossweiser Befestigung der Elemente, der sorgfältigen Detaillierung der Fensteranschlüsse und der hohen Präzision in der Vorfertigung überschaubar (Kasten).

Hinterlüftete Bekleidung aus eloxiertem Aluminium-Streckblech

Optisch tritt der Holzbau bei diesem Projekt nicht in Erscheinung. Durch die hinterlüftete Bekleidung aus eloxiertem Aluminium-Streckblech hat das Gebäude eine eher technische Anmutung. Durch die Maschen des Blechs erscheint die Oberfläche textil strukturiert und je nach Lichteinfall und Blickwinkel in unterschiedlichen Farben von hell- bis dunkelbraun.

Das Beispiel einer energetischen Sanierung überzeugte auch die Jury des Bundeswettbewerbs HolzbauPlus 2016 des Bundeslandwirtschaftsministeriums, insbesondere aufgrund seiner Vorbildwirkung für zahlreiche ähnliche anstehende Bauaufgaben. Die Münchner Fassadensanierung erhielt den 1. Preis in der Kategorie „Wohnungsbau – Sanierung“ (www.holzbauplus-wettbewerb.info)

 Das Bestandsgebäude wurde
digital aufgemessen, um die
Elemente auf wenige Millimeter genau vorfertigen zu können.

Die Wohnungen blieben nicht länger als eine Stunde ohne Fenster.

Holzbau und Rahmenbedingungen
Die Musterbauordnung von 2002, an der sich mittlerweile alle Bundesländer in ihren Landesbauordnungen orientieren, regelt den Holzbau für Gebäude mit maximal fünf Geschossen (Gebäudeklasse 4). Für den Wohnungsbau in kleineren Zentren reicht dies aus und in diesem Segment kann der Holzbau aktuell seine Vorteile auch am besten ausspielen. In vielen Großstädten sind jedoch sechs und mehr Geschosse (Gebäudeklasse 5) Standard. Hier benötigen Holzgebäude Sondergenehmigungen. Architekten und Planer müssen in diesen Fällen ein individuelles Brandschutzkonzept erarbeiten. Durch den Mehraufwand ist der großstädtische Holzbau aktuell noch benachteiligt.
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