Holzbau – Die schnelle Alternative

Das aktuell höchste Holzhaus steht in Bad Aibling. Es ist ein Zusammenspiel innovativer, von Spezialisten vorgefertigter Wand- und Fassadenmodule und spezieller Dämmstoffe.

Im Ein- und Zweifamilienhausbau haben sich die bauphysikalischen und baubiologischen Stärken des Holzbaus längst durchgesetzt. Dafür, dass zukünftig auch mehrgeschossige Wohngebäude auf Wunsch „trocken“ statt mit konventionellen Baustoffen wie Beton, Stahl und Ziegeln errichtet werden können, sprechen Erfahrungen mit dem Einsatz von Hochleistungsdämmstoffen aus Steinwolle im Holzrahmenbau. Innovative Konstruktionen und nichtbrennbare Dämmstoffe für den Holzbau ermöglichen es heute, homogene, nahezu wärmebrückenfreie Dämmebenen zu erstellen, die durchgehend vor der Tragkonstruktion der Außenwände verlaufen.

Durch die so erzielte Trennung von Dämm-ebene und Tragwerk wie bei dem System „Meisterwand“ von Rockwool entsteht eine diffusionsoffene und hinterlüftete Konstruktion, die nicht nur für ein angenehmes Klima im Gebäude sorgt, sondern zudem eine Reduzierung der Tragwerkkonstruktionen auf das statisch erforderliche Maß zulässt und diese vor schädlichen Temperaturschwankungen zuverlässig schützt. Vor allem durch die Kombination einer äußeren Dämmebene mit einer Dämmung zwischen den Stielen können im Holzbau sehr hoch gedämmte Außenwände zu wirtschaftlichen Preisen realisiert werden. Der Einsatz einer Gefach-Däm­­mung in 140 mm Dämmdicke z. B. ergibt in Kombination mit einer äußeren Dämmebene in Dicken ab 60 mm überaus leistungsfähige Dämmschichtdicken von 200 mm und mehr.


Komfortable Montage mit großem Effekt

Auf der in den Gefachen vollständig gedämmten Holzbauwand wird zunächst eine Aufstandskonsole in wärmebrückenfreier Ausführung angebracht. Eine 60 x 60 mm Latte wird hierzu mit einem Streifen Steinwolle mithilfe von Doppelgewindeschrauben als Verbund an das untere Rähm angebracht. Ein gekantetes Lochblech – montiert an der unteren Wandkante – verhindert den Befall unerwünschter, natürlicher Eindringlinge. Auf diese Konsole werden dann die Dämmplatten der äußeren Ebene reihenweise und fugenlos im Verband bis zur oberen Abstandslattung gestellt. Sie sollte wie die Aufstandskonsole ausgebildet sein. Ein mögliches Herauskippen der Platten kann durch ein Fixieren der oberen Reihen an den Stielen vermieden werden. Anschließend werden 40 x 60 mm Latten als Traglatten geschosshoch mit der oberen Ab­­standslattung, der Aufstandskonsole und den Stielen mit speziellen Doppelgewindeschrauben verbunden. Zum Abschluss erfolgt die Verlegung der horizontalen Bekleidung, zum Beispiel als Profilbrettschalung.


Achtgeschossiger Holzbau setzt Maßstäbe

Das in diesem Jahr in Bad Aibling errichtete Gebäude nach Entwürfen des Architekturbüros Schankula Architekten macht deutlich, welche Potenziale und Möglichkeiten der moderne Holzbau dem Wohnungsbau zu bieten hat. Unterstützt von Forschern der TU München, der Hochschule Rosenheim sowie dem ift Rosenheim wird dort derzeit ein achtgeschossiges Gebäude errichtet – das aktuell höchste Holzhaus Deutschlands. Ein Zusammenspiel innovativer, vom Spezialisten vorgefertigter Wand- und Fassadenmodule, spezieller Dämmstoffe und Oberflächenbekleidungen machte diesen Sprung in die Höhe möglich. Mit der Novellierung der MBO und der Umsetzung der Holzbaurichtlinie entstanden zwar bereits im Jahr 2002 die gesetzlichen Grundlagen für den mehrgeschossigen Holzbau in Deutschland – die Umsetzung in der Praxis stellte Industrie und Bauunternehmen jedoch vor große Aufgaben.


In der Folge wurden zunächst eine Reihe von Holzbauten mittlerer Höhe gebaut, die nach der Holzbaurichtlinie, Gebäudeklasse 4, nur hochfeuerhemmende Konstruktionen vorweisen mussten. Für das Gebäude in Bad Aibling wurde nun, da es über acht Geschosse verfügen soll, ein ganzheitliches Brandschutzkonzept entwickelt, das den Weg zu noch höheren in Holzbauweise errichteten Gebäuden ebnen wird. Da die MBO für Gebäude der Klasse 5 mit einer Fußbodenhöhe von mehr als 13 m feuerbeständige Konstruktionen mit zusätzlichen Anforderungen an das Brandverhalten der Baustoffe verlangt, kamen spezielle Dämmstoffe und Konstruktionen zum Einsatz.


Dämmung mit nichtbrennbaren Stein-wolle-Platten

Da z. B. alle tragenden Bauteile des achtgeschossigen Gebäudes gemäß MBO in F 90+K260 ausgeführt werden mussten, erhielten sie allseitig eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen und Dämmstoffen. Die tragenden Fassadenelemente entstanden zunächst in der Vorfertigung von Huber & Sohn in Bachmehring und basieren auf einer Holzmassivriegelwand aus eigener Entwicklung, ausgesteift mit Furnierschichtholz-Schwellen und -Rähmen mit beidseitig angebrachten Gipsfaserplatten. Zur Dämmung der Elemente wurden nichtbrennbare Steinwolle-Platten („Woodrock 035“ von Rockwool ) mit einem Schmelzpunkt von > 1 000° C eingesetzt. Sie bieten einen hervorragenden Wärmeschutz, sind wasserabweisend ausgerüstet und besonders druckfest. Vor der Tragkonstruktion eingesetzt, kapselt die „Woodrock 035“ sicher gegen Brandbeanspruchung von außen ab. Um einen Heizwärmebedarf nahe dem Passivhausstandard erreichen zu können, fiel in Bad Aibling die Entscheidung für eine Dämmdicke von 240 mm, die vollständig innerhalb der Fassadenelemente eingebaut wurde.


Die Vorteile des Holzbaus auch für den mehrgeschossigen Wohnungsbau liegen für Josef Huber, Geschäftsführer der Huber & Sohn GmbH & Co. KG, auf der Hand: „Unserer Meinung nach eignet sich das für Bad Aibling entwickelte Holzbausystem auch ideal für die Nachverdichtung in Ballungsräumen, da der hohe Vorfertigungsgrad eine sehr kurze Bauzeit ermöglicht. Zudem kann auf diese Weise die Belästigung der Anwohner durch großes Baugerät auf ein Minimum reduziert werden.“ Die gute Nachricht für die späteren Mieter: Das Zusammenspiel der drei Materialien Holz, Gips und Steinwolle wird aus Sicht des Holzbauspezialisten auch in Bad Aibling für optimale bauphysikalische und baubiologische Werte und vor allem für einen hervorragenden Wohnkomfort sorgen.

Das Gebäude macht die Potenziale und Möglichkeiten deutlich, die der moderne Holzbau dem Wohnungsbau zu bieten hat.

Das Holzbausystem eignet sich auch ideal für die Nachverdichtung

in Ballungsräumen, da der hohe Vorfertigungsgrad eine sehr kurze

Bauzeit ermöglicht.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 10/2013 Außenwand für Holzbauten

Damit nichts anbrennt

Für Brandschutzanforderungen im mehrgeschossigen Holzbau bis Gebäudeklasse 4 bietet Knauf eine Kapselbauweise für Außenwände komplett aus einer Hand an. Planer und Holzbauunternehmen haben damit...

mehr
Ausgabe 11/2021 Erweiterung des Kulturzentrums August Everding in Bottrop

Steinwolle trifft Holzbau

Mehr Raum für das kulturelle Leben der Stadt schuf jetzt das Projekt „InnovationCity Bottrop“. Aus Holz und Glas entstanden ein neues Foyer sowie ein Forum für das Kulturzentrum August Everding....

mehr
Ausgabe 05/2016

Brandschutz: Ganz und gar nicht auf dem Holzweg

Mit „Man spricht so viel vom Hohen Haus …“ beginnt ein alter Richtspruch für ein Rathaus. Ein Blick auf jene Städte, die vom Spätmittelalter bis zum Barock von Bedeutung waren, verdeutlicht,...

mehr
Ausgabe 10/2017 Holzrahmenbauweise

Brandschutz im Einklang mit Holz

Mit dem Wohngebiet am Lettenwald ist im Ulmer Stadtteil Böfingen ein Stadtviertel für rund 1300 Einwohner entstanden, das neue Maßstäbe für eine Quartiersentwicklung setzt und innovative...

mehr
Ausgabe 04/2015

Holzhochhäuser: Dem Himmel ein Stück näher

Spektakuläre Holzbauprojekte sorgen für Schlagzeilen: In Stockholm will das dänische Büro „C.F. Møller Architects“ bis 2023 einen 34-Geschosser errichten, der kanadische Architekt Michael Green...

mehr