Nachgefragt bei: Walter Rasch, BFW-Präsident

Dem BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V. gehören mehr als 1 600 Mitglieder und verbundene Unternehmen an. Diese verwalten einen Wohnungsbestand von rund 3,1 Mio. Wohnungen. BundesBauBlatt-Redakteurin Christina Langer traf BFW-Präsident Walter Rasch im BFW-Hauptsitz in Berlin zum Gespräch.

BBB: Im energetischen Bereich steigen die Anforderungen an die Unternehmen der Wohnungswirtschaft, die Förderungen sinken. Was muss die Bundesregierung tun und was unternimmt der BFW?

WR: Also erst mal muss die Bundesregierung wegkommen von chaotischen Spontanentscheidungen und vernünftige Rahmenbedingungen schaffen für eine planmäßige Entwicklung der energetischen Sanierung.

 

BBB: Wie könnte das aussehen?

WR: Die energetische Sanierung ist eines der wichtigsten Themen der Branche. Wir unterstützen die Bundesregierung dabei, einen Drei-Stufen-Plan aufzustellen. Das Problem war das Hü und Hott bei den Förderinstrumenten. Auf der einen Seite war das Konzept der Bundesregierung sehr ambitioniert und es wurde noch mal draufgesattelt, die Ziele zu erreichen. Man will 2050 einen Nullenergiehaus-Standard erreichen. Auch für die Bestände. Das halte ich für irreal. Aber um Ziele zu benennen, kann man das zumindest als Marke benennen. Mit Hilfe der zinsvergüns-tigten Darlehen plus Zuschussregelung der KfW-Förderprogramme sollen die Ziele er­­reicht werden. Für die Verschärfung der energetischen Anforderungen sind 2-5 Mrd. € notwendig. Jetzt sind wir bei 1,5 Mrd. €, die sind bis 2015 sicher.

 

BBB: Zwischenzeitlich wurden die Atomkraftwerke abgeschaltet.

WR: Das bedeutet, dass die Finanzierung aus den längeren Laufzeiten und die Einnahmen in Frage gestellt sind. Die verkürzten Laufzeiten sorgen für einen höheren CO2-Druck, nämlich weniger emissionsfreie Energie. Und das Ganze soll durch die Immobilienwirtschaft kompensiert werden, also indem wir die CO2-Einsparungsziele erreichen und möglicher Weise überschreiten.

 

BBB: Erst hieß es ja, die Kraftwerke werden nicht abgeschaltet, dann kam das Unglück in Fukushima.

WR: Wenn Sie anfangen, eine Politik so irrational zu entwickeln, wird es schwierig. Die Immobilienwirtschaft muss sich mit ihren Maßnahmen unbedingt auf einen langfristigen Rahmen einstellen können. Das ist wie in der Steuerpolitik, die Unternehmen müssen jetzt wissen, wie die Belastungen in drei, vier, fünf Jahren sind.

 

BBB: Was fordern Sie?

WR: Wir brauchen feste, klare Rahmenbedingungen. Das Zweite ist, und da hat die Bundesregierung zugestimmt, das Gebot der Wirt­­schaftlichkeit, die Maßnahmen müssen sich finanziell tragen.

 

BBB: Welche Vorschläge haben Sie zu konkreten Rahmenbedingungen?

WR: Wir wollen die Rahmenbedingungen durch einen weiteren Gesichtspunkt der Förderung durch Einführung einer erhöhten, linearen AfA ergänzen. Das heißt, die Gebäude können in einem kürzeren Zeitraum abgeschrieben werden. Das ist wegen des hohen Aufwandes, die Gebäude zu sanieren, notwendig.

 

BBB: Für welche Bereiche ist das Ihrer Meinung nach sinnvoll?

WR: Das ist sinnvoll für den Neubaubereich. Wir fordern eine lineare Abschreibung von 4 % über 25 Jahre für den Neubau! Was Sanierungsmaßnahmen im Bestand angeht, so sollten diese mit 10 % über zehn Jahre ab­­schreibbar sein. Wenn an diesen Zielen festgehalten würde, hätten die Unternehmen klare Rahmenbedingungen!

 

BBB: Es ist natürlich schwierig, wenn ein Vermieter im Rahmen einer energetischen Sanierung ein Gerüst aufstellt und der Mieter daraufhin, in der besonderen Phase der Investition, die Miete kürzt.

WR: Sehr richtig! Wir müssen sehen, dass in diesem aufwändigen Bereich der Sanierung nicht noch zusätzliche Kosten entstehen. Es bleibt sowieso das meiste an den Vermietern hängen. Wenn in dieser Phase der Mieter die Miete reduziert oder gar nicht mehr zahlt, führt das dazu, dass man erhebliche Mehr-kosten hat. Daher ist es sinnvoll, wenn das Mietrecht dahingehend geändert wird, dass für Sanierungsarbeiten in einem bestimmten Zeitraum und Rahmen eine Mietminderung nicht geltend gemacht werden kann und dass der Mieter energetische Sanierungsmaßnahmen  dulden muss. Hinzu kommt, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Wärmeversorgung durch Dritte (Contracting) nicht verschlechtern, sondern optimiert werden. Das ist eine Phase, in der nachgearbeitet werden muss. Aber vom Grundsatz ist der Weg richtig, sodass wir im gesamten Paket der anstehenden Mietrechtsänderung eine generelle Entlastung, beziehungsweise keine zusätzlichen Belastungen für den Vermieter sehen.

 

BBB: Inwieweit muss im aktuellen Mietrecht nachjustiert werden?

WR: Wir können noch nicht genau absehen, in welchem Umfang  sich die anstehenden gesetzlichen Änderungen auswirken werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen.Wir prüfen, ob die neuen gesetzlichen Formulierungen im veröffentlichen Referentenentwurf hierfür ausreichend sind. Vom Contracting und den energetischen Sanierungsmaßnahmen soll nicht nur der Mieter partizipieren. Die Maßnahmen müssen auch für die Vermieter und die beteiligten Unternehmen attraktiv sein.


BBB: Wie könnte im Contracting ein ausgewogener Vorschlag aussehen?

WR: Sozial ausgewogen ist es, wenn wir es über das Gebot der Wirtschaftlichkeit erreichen, dass sich die Umstellung auf Contracting vernünftig refinanzieren läßt und Mieter nur in einem begrenzten Volumen und nicht über Gebühr belastet werden.

 

BBB: Thema Blut-Kreislauf der Branche: Wie schätzen Sie die Zirkulation angesichts Basel III und Solvency II ein?

WR: Das macht uns große Sorgen. Bereits bei Basel II haben wir Probleme bezüglich der Kreditfähigkeit und des Ratings einiger Un­­ter­­nehmen gesehen. Da sind große, überregionale Unternehmen begünstigt worden. Kleine, regionale sind durch schlechtere Positionen im Rating belastet worden. Man hat das rücksichtige Verfahren eines Kreissparkas­sen­direktors weggeführt zu einem objektiven-mathematischen des Ratings. Der Kreissparkassendirektor kennt natürlich seinen Un­­­­­­­­ternehmer, dessen Umfeld und die Bilanzen. Das ist heute sehr stark reduziert worden auf abstrakte Bearbeitung. Hinzu kommt, dass diejenigen, die die Kredite vergeben nicht mehr mit den Leuten vor Ort verhandeln und das Projekt kennen. Das wird dann über eine Risikoabteilung abgewickelt. Das sind ganz andere Leute, die von dem gesamten Unternehmen gar keine Ahnung haben und nur das Kreditvolumen sehen. Das führt zwangsläufig zu atmosphärischen Problemen, die die ganze Finanzierung belasten. Basel III sehen wir deswegen mit Sorge, weil die Banken mehr Eigenkapital für Kredite zur Verfügung stellen müssen. Das ist natürlich geprägt von Erfahrungen mit den Ländern, wie USA oder Spanien, in denen mit kurzfristigem Geld eine 100 %-Finanzierung gemacht wurde.

 

BBB: Anders als die Banken in Deutschland.

WR: Ja, unsere Banken machen das nicht. Hier findet eine langfristige Finanzierung der Immobilien mit Pfandbriefen und langfristigen Zinskonditionen statt. Das gibt der ganzen Sache eine enorme Stabilität. Wir sind gut durch die letzte Krise gekommen, weil unser Immobilienbereich nicht tangiert wurde. Deswegen ärgern wir uns, dass wir die Belastung aus anderen Bereichen, die mit unseren deutschen Immobilien nichts zu tun hat, durch Maßnahmen belastet werden. Hinzu kommt noch Solvency II, also die Frage, in welchem Volumen Versicherungen Immobilien in ihren Bestand nehmen können und welche Risikovorsorge stattfinden muss. Wir beanspruchen als Immobilienwirtschaft 50 % des Darlehenvolumens in Deutschland und sind damit ein wichtiger Motor. Man kann sich vorstellen, dass es Schwierigkeiten gibt, wenn es hier zu Einschränkungen kommt.


BBB: 2012 wird das erste Jahre nach Beendigung des KfW-Förderprogramms „Altersgerecht Umbauen“. Wird man das merken?

WR: Das Förderprogramm einzustellen, halte ich für eine ganz törichte Entscheidung der Bundesregierung. Meiner Meinung nach ist es ja richtig, dass das Programm nicht sehr schnell angenommen worden ist. Der BFW hat ja immer dafür plädiert, CO2-Sanierungsprogramme mit dem altersgerechten Umbau zu verknüpfen. Es macht natürlich Sinn, wenn Sie eine Immobilie anfassen, auf der einen Seite die Heizung und energetische Dinge machen, andererseits gleich das Badezimmer zu sanieren, Schwellen abbauen und Türen breiter machen. Dass man diese Maßnahmen nicht zusammengeführt hat, halte ich für falsch. Wir müssen Wohnungen barrierearm ausstatten, damit ältere Leute länger in ihrer ge­­wohnten Umgebung bleiben können. Die Volkswirtschaft profitiert, denn eine Unterbringung in einem Heim kommt die Gemeinschaft teurer zu stehen.

 

BBB: Wie wird sich der demografische Wandel auf die Innenstädte auswirken?

WR: Auch dieses Problem soll die Immobilienwirtschaft lösen. Die Regionen entwickeln sich unterschiedlich. In Bal­­lungszentren ha­­ben wir großen Wohnungsbedarf. Das hat früher keiner ge­­glaubt, heute reden alle da­­von. In manchen Flächenstaaten, be­­­sonders in den neuen Bundesländern, gibt es Regionen, in denen wir einen starken Be­­­völkerungsrückgang haben. Das kann man nur lösen, in dem man regional und kommunal Anreize schafft und Hilfen stellt, um den jeweiligen Gegebenheiten gerecht zu werden. Das kann die Bundesregierung nicht von oben bis unten durchplanen. Wir haben mehrere Gutachten in Auftrag gegeben, die den Wohnungs-, Sanierungs- und Neubaubedarf untersuchen. Man sieht, dass es sehr viele differenzierte Lagen gibt. Nämlich Ballungszentren, die sich auch in den neuen Bundesländern gebildet haben, da gibt es Subzentren, orientiert zum Beispiel an Arbeitsplätzen und dem daraus resultierenden Bedarf an Wohnungen.


BBB: Die Probleme müssen also sehr individuell angegangen werden.


WR: Ja. Das Städtebauförderprogramm, das differenzierte Lösungen unterstützt, halte ich für sehr sinnvoll. Denn die Kommunen sind finanziell ge­­beutelt und haben wenig Geld für Maßnahmen. Dazu gilt es, die privaten Un­­ternehmer zu gewinnen und möglicher Weise auch den einzelnen Hausbesitzer. In kleineren Städten besteht ja mehr Wohn­eigentum, es gibt dort nicht so viele Mietwohnungen wie in den großen Städten, dass man auch diese Thematik differenziert lösen kann.

 

BBB: Die meisten, die jetzt in Eigentumswohnungen investieren, sind Privatleute, die Angst um ihre Ersparnisse haben. Wie sieht das denn bei Ihren Mitgliedsunternehmen aus?

WR: Unsere aktuelle Herbstumfrage zeigt, dass unsere Unternehmen aktuell sehr zufrieden sind. Die Konjunktur läuft gut für unsere Unternehmen. Die Aussichten für 2012 sind nicht schlecht. Es wird keine Schrumpfung, aber weniger Zuwachs geben.

 

BBB: Das Problem der Wohnungswirtschaft ist die Verfügbarkeit von geeigneten Baugrundstücken in Ballungszentren und Großstädten.

WR: Deswegen macht es Sinn, was wir angeregt haben und schon praktizieren, mit den Ländern und Kommunen Bündnisse und Arbeitsgemeinschaften wie in Hamburg zu schließen. Hier garantieren die Immobilienverbände beispielsweise dafür, in fünf Jahren 5 000 neue Wohnungen pro Jahr in einem gewissen Spektrum zu schaffen, wenn sie geeignete Grundstücke zur Verfügung bekommen. Dann findet eine transparente Zusammenarbeit ohne langwierige Ausschreibung statt. Ich würde mir auch für Berlin wünschen, dass die Immobilienwirtschaft an den Tisch des Senats geholt wird und man gemeinsam Modelle entwickelt, um die Be­­darfslücke zu schließen.

 

BBB: Herzlichen Dank für das Gespräch.




„Ich würde mir auch für Berlin wünschen,

dass die Immobilienwirtschaft an den Tisch

des Senats geholt wird.“

Wenn Sie anfangen, eine Politik so irrational zu

entwickeln, wird es schwierig. Die Immobilienwirtschaft muss sich mit ihren Maßnahmen unbedingt auf einen langfristigen Rahmen einstellen können.

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