Glasfaser und optisches SAT-TV

Um die Kabelnetze von morgen kümmern

Ende der 1990er-Jahre machten sich viele Wohnungsunternehmen in Deutschland zum ersten Mal aktiv Gedanken über die Medienversorgung. Heute – etwa 20 Jahre später – öffnet sich durch Entwicklungen bin Technik, Märkten und bei Regularien ein neues Fenster von Handlungsmöglichkeiten.

Bei der breitbandigen Netzstruktur geht es primär darum, Gebäude – und damit die Endkunden – als zentrale Bestandteile von digital vernetzten Städten einzubinden. Wohnungsunternehmen sind daher gefordert, zukunftsfähige Gebäudeinfrastrukturen zu gewährleisten. Diese sollten neben einem hohen Wohnwert, einer guten Lage und einem energetisch optimierten Zustand durch Hochleistungsnetze, sollten diese über breitbandige Internetzugänge verfügen, die möglichst viele Provider und Diensteanbieter zulassen. Wer also über Werterhalt und -steigerung von Wohnimmobilien spricht, wer die Vermietbarkeit seiner Wohnungen in der Zukunft sichern möchte, kommt an der Qualität dieser Netze und der damit verbundenen Betreibermodelle nicht vorbei.

Die Politik setzt auf Glasfaser

Politik spielt beim Thema der Breitbandkabelnetze eine wichtige Rolle. Denn fast alles, was an Signalen und Inhalten in die Gebäude hineingelangt, muss über regionale Verteilernetze herangeführt werden. Hier liegt der Schwerpunkt der milliardenschweren Förderprogramme, die der Bund seit 2009 für den Breitbandausbau zur Verfügung stellt. Der Koalitionsvertrag vom Herbst 2017 sieht in diesem Zusammenhang vor, dass in jeder Region und Gemeinde Glasfaser verlegt wird - möglichst bis in die Gebäude hinein. Dabei wird auf einen diskriminierungsfreien Zugang im Sinne des Open Access gesetzt. Anders ausgedrückt: Gefördert wird lediglich Glasfaser, weil nur die Lichtwellenleiter mehrere Gigabit übertragen können.

Gigabit-Gesellschaft in der Smart City

Investoren, Stadtwerken und Kommunen mangelt es bis heute an Zugängen in den Massenmarkt für breitbandige Dienste. Wohnungsunternehmen wurden bislang in Netzausbauplanungen kaum eingebunden. Im Rahmen der Smart City-Konzepte ändert sich das gerade. Wohnungsunternehmen werden nun zu gefragten Partnern. In der Smart City werden Menschen, Maschinen, Dinge und Prozesse nahtlos miteinander vernetzt. Digitale Infrastrukturen mit einer hohen Geschwindigkeit werden zum entscheidenden strategischen Standortfaktor. Dazu zählen etwa autonomes Fahren, 5G-Mobilfunk, eine digitale Steuerung von Energieerzeugung und -verbrauch sowie der gesamten städtischen Infrastruktur (Abwasser, Instandhaltung von Straßen, Leerung von Abfalleimern). Zahlreiche neue kommunale Plattformen mit einer Fülle von Diensten binden nun die Wohnungswirtschaft samt ihren Mietern ein: Nachbarschafts-Apps, Mobilitätscards für den schnellen Wechsel von Leih-Autos, Leih-Fahrrädern oder ÖPNV-Angeboten, kommunales W-LAN, Telemedizin, Kultur und Freizeit, Tauschbörsen etc.

DigiNetzG

Mit dem DigiNetzG, das im November 2016 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber erstmals den Endkunden im Fokus. Ziel des Gesetzes ist es, neu errichtete oder „umfangreich renovierte“ Gebäude mit „hochgeschwindigkeitsfähigen passiven Netzinfrastrukturen sowie einem Zugangspunkt zum übergeordneten Backbone“ auszustatten. Mit Backbone sind die Glasfaserzuleitungen gemeint, die im öffentlichen Straßenraum liegen. „Passive Netzinfrastrukturen“ sind insbesondere Leerrohre, Revisionsschächte oder Steigleitungen. Fremde Netzbetreiber besitzen sowohl das Recht auf Installation eines „Wohnungsstichs“ im Gebäudekeller als auch darauf, bereits bestehende Netzinfrastrukturen innerhalb eines Gebäudes mitnutzen zu können. Dabei besteht das Recht auf einen Wohnungsstich nur dann, wenn eine – grundsätzlich entgeltpflichtige – Mitnutzung vorhandener Netze wegen fehlender Leistungsfähigkeit nicht möglich ist.

Koaxial kommt an seine Grenzen

Der Bedarf an Bandbreite steigt stark an. Das klassische Koaxialkabel wird trotz Nach- und Aufrüstung ca. 2025 an seine physikalische Leistungsgrenze stoßen. Treiber der wachsenden Breitbandnachfrage sind:

– neue TV-Angebote: Ultra-HD-TV (8K), Smart TV, Streaming

– steigende Anforderungen an Sendervielfalt durch Migration/Flüchtlinge

– Smart Home/Smart Living

– Start der optionalen Installation von Smart Meter Gateways in 2019, danach sukzessiver Pflichteinbau

– Telemedizin

– Homeoffice

Die Frage ist also weniger, ob man auf Glasfaser umstellen soll, sondern wann.

Remonopolisierung des Kabelmarktes

Aktuell läuft das Übernahmeverfahren von Unitymedia durch Vodafone Kabel Deutschland. Wettbewerber und Wohnungswirtschaft fürchten Wettbewerbsverzerrungen und steigende Preise. Auch wenn die beiden Unternehmen aufgrund ihrer territorialen Abgrenzung bislang nicht unmittelbar im Wettbewerb miteinander standen, konnte man doch ähnliche Angebote preislich miteinander vergleichen: Was kostete ein Basispaket Grundversorgung in Lübeck, Tübingen und Eisenhüttenstadt? Diese horizontale Vergleichsmöglichkeit fällt nach vollzogener Übernahme zukünftig weg. Vodafone bestreitet zwar den Verlust von Wettbewerbsintensität, gleichwohl war das Kartell-Verfahren nach einem halben Jahr, Anfang November 2018, von den EU-Wettbewerbsbehörden auf das Bundeskartellamt übertragen worden.

Interessenlagen

Mieter in ihrer Verbrauchereigenschaft haben wiederum in Zeiten des Internets mit seinen Hunderten von Vergleichsportalen den Wert der Konsumentensouveränität zu schätzen gelernt. Wenn ein Vermieter allerdings einen Exklusivvertrag mit einem Kabelnetzbetreiber abgeschlossen hat, stellt für ihn in der Regel das Telefonkabel mit seinen DSL- oder VDSL-Angeboten die einzige Alternative dar. Ansonsten sind die Kabelnetze der Netzebene 4 (also der Hausnetze) nach außen hin abgeschottet. Werden Mieter hingegen nach ihren Wünschen gefragt, wird Folgendes genannt:

– freie Wahl des Telefonie- und Internetproviders, um den intensiven Wettbewerb der Übertragungswege und Anbieter nutzen zu können

– gutes Preis-Leistungs-Verhältnis des   Basisangebots, um sich Extras (Pay-TV, HD-/Ultra-HD-Angebote) leisten zu können

– sehr hohe Empfangsqualität, auch in HD und Ultra HD

– Sendervielfalt, breites fremdsprachiges Angebot, besonders wichtig bei Migranten – andernfalls drohen Einzelschüsseln an Balkonen und Fassaden

– geringe Störanfälligkeit bei Ton und Bild

– Empfang verschiedener TV-Programme und von LAN-Internet (via Multimedia-Dose) in mehreren Räumen

– gute Erreichbarkeit der Service Hotlines – möglichst 24/7

– weiterhin lineares Fernsehen, weil gerade Sportereignisse wie Olympische Spiele, Fußball-WM, Champions League, Bundesliga etc. nicht vollständig im Streaming verfügbar sind

Open Access – viel beschworen, noch selten umgesetzt

Offene Zugänge durch Dritte (externe Carrier und Provider) werden oft gefordert, wurden in Deutschland aber (noch) selten realisiert. Der Grund: Kabelnetze wurden quasi als natürliches Monopol angesehen, die wirtschaftlich, berechenbare langfristige Refinanzierung und Kalkulation der Entgelte erforderten bislang offenbar eine Exklusivstellung des Kabelinvestors. Das muss nicht zwangsläufig so sein, wie die Beispiele Schweden (siehe Abbildung 1) oder Südafrika zeigen.

Wenn die Investition in bzw. das Eigentum an den Netzen vom Betrieb und den übertragenen Inhalten getrennt wird, entstehen auf jeder der drei Wertschöpfungsebenen eigene Geschäftsmodelle. Vorteile sind: mehr Wettbewerb und Vielfalt bei den Breitbandangeboten, mehr Einfluss der Wohnungsunternehmen auf die Inhalte und Programme und größere Auswahlmöglichkeiten durch die Mieter (siehe Abbildungen 2 und 3).

Empfehlungen

Rund zwei Jahre, bevor ein Gestattungsvertrag mit einem Kabelnetzbetreiber ausläuft, öffnet sich ein Optionen-Fenster. Betroffene Wohnungsunternehmen haben dann die Chance, ihre eigene Position bzgl. der Breitbandinfrastruktur und den damit zusammenhängenden Geschäftsmodellen neu zu definieren. Zentrale Aspekte sind:

– Auf- und Umrüstung auf FTTH (Glasfaser bis in die Wohnung) im Neubau und bei Sanierungsmaßnahmen forcieren, fairer Lastenausgleich bei Fremdinvestoren

– perspektivisch Eigentum an den (neuen) FTTH-Netzen der Netzebene 4 sichern

– Inhalte, Angebote und Preise mitbestimmen

– Open Access so weit wie möglich vertraglich sichern

– Anbindung von Smart Meter Gateways an die Netzinfrastruktur via Sammel-WLAN

– Ansprüche Dritter auf Basis des DigiNetzG elegant und flexibel abwehren, vor allem durch die eigene Leistungsfähigkeit und die der Partner

– Bauherrenmappe mit technischer Dokumentation vertraglich sichern (wichtig auch für die Eröffnungsbilanz bei Rückfall des Eigentums an der Netzebene 4)

Ein zentrales Element dieser Optionen ist die Integration von optischem SAT-TV als preiswerte und qualitativ hochwertige Quelle für TV-Signale. Das kostenlose, leistungsstarke und hinsichtlich der Sendervielfalt führende Angebot von ASTRA deckt dabei komfortabel den Bereich des linearen Fernsehens ab, ohne die Wahlfreiheit bei breitbandigem Internet, Telefonie oder neuen Diensten wie Telemedizin oder Nachbarschaftsplattformen einzuschränken. Es stellt in idealer Weise die Basisnutzung eines jeden glasfaserbasierten Gebäudeverteilernetzes dar. Indem keine vertragliche Exklusivität beansprucht wird, ist eine eigene zentrale SAT-Anlage die Grundvoraussetzung und das Zugpferd für praktikable Open-Access-Modelle. Über Contracting-Modelle mit spezialisierten Installateuren können auch die Investitionskosten auf zehn Jahre verteilt und über die Betriebskostenumlagen sicher refinanziert werden.

Nähere Infos unter https://wowi.astra.de/ und https://wowi.astra.de/installateursuche

 Wohnungsunternehmen wurden bislang in Netzausbauplanungen kaum eingebunden.

Der Bedarf an Bandbreite steigt stark an.
Das klassische Koaxialkabel wird trotz Nach- und Aufrüstung
schon bald an seine physikalische Leistungsgrenze stoßen.

Offene Zugänge durch Dritte (externe Carrier und Provider) werden oft gefordert, wurden in Deutschland aber (noch) selten realisiert.

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