Damit der Strom in den Wohnungen auch ankommt
Moderne Energiedienstleistungen sind heutzutage Teil komplexer digitaler Netzwerke, mit dem Ziel, Strom effizient und vorzugsweise aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, und diesen intelligent zu übertragen und zu verteilen. Die intelligenten Netze beziehungsweise Steuerungssysteme sind die Antwort auf den fluktuierenden erneuerbaren Strom und somit wesentlicher Bestandteil der Energiewende.
Der Umbau der Stromversorgung betrifft gleichermaßen den Gebäudesektor und bedarf einer modernen Infrastruktur in Wohngebäuden. Smart-Metering oder moderne Steuerungssysteme wie das Home-Energy-Management-System (HEMS) sind damit zentrale Bausteine auf dem Weg zur Dekarbonisierung des Gebäudebestands und damit zur Wärme- bzw. Energiewende. Durch die digitale Integration der Liegenschaften in das Stromnetz entsteht eine vernetzte, dynamische Versorgungslandschaft.
Diese Vernetzung kann allerdings auch ein Risiko für alle Marktteilnehmer darstellen, beispielsweise wenn sich kriminelle Organisationen zum Ziel gesetzt haben, diese als Einfallstor zu nutzen, um den Betrieb zu stören oder an sensible Informationen zu gelangen. Dies wäre ein eklatanter Eingriff in die Versorgungssicherheit. Um die Gefahr eines Angriffs von außen zu minimieren, sind die Anforderungen an Schnittstellen und Komponenten in diesen Bereichen besonders hoch. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist beispielsweise bemüht, eine maximal mögliche Sicherheit in der digital gesteuerten Stromversorgung zu erreichen. So liegt ein besonderer Fokus auf dem Schutz der erfassten Daten oder auch den Signalen (über die CLS-Schnittstelle vom SMGW) von steuerbaren Lasten wie z. B. Wallboxen oder Wärmepumpen.
Wachsende Bedrohungen – Folgen von Sicherheitsverletzungen
Warum solche Anstrengungen notwendig sind, unterstreichen aktuelle Zahlen aus dem aktuellen BSI-Bericht „Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2023“: Im Berichtszeitraum wurden durchschnittlich täglich 250.000 neue Schadprogramm-Varianten bekannt. Im Tagesmittel wurden rund 21.000 infizierte Systeme in Deutschland erkannt und vom BSI an die deutschen Provider gemeldet. Brisant: Die Tageswerte schwankten dabei erheblich, in der Spitze wurden 45.000 infizierte Systeme täglich gemeldet.
Der Stromsektor ist aufgrund seiner kritischen Rolle in der Energieversorgung und seiner Abhängigkeit von digitalen Systemen ein Hauptziel für Cyberangriffe. Böswillige Akteure – von staatlich unterstützten Hackern bis hin zu profitorientierten Cyberkriminellen – versuchen ständig, Schwachstellen in Stromnetzen aus verschiedenen Motiven auszunutzen, darunter finanzielle Gewinne, Spionage und Sabotage. Cyberbedrohungen wie Ransomware, Phishing-Angriffe und Malware stellen ein erhebliches Risiko für die Stromversorgung dar.
Die Folgen von Cyberangriffen auf unsere Stromversorgung gehen dabei weit über bloße Unannehmlichkeiten hinaus: Ein erfolgreicher Angriff auf die Energieinfrastruktur kann die Stromversorgung von Privathaushalten, Unternehmen, Krankenhäusern und kritischen Einrichtungen unterbrechen und so wirtschaftliche Verluste verursachen.
Schutz kritischer Vermögenswerte
Es ist daher offensichtlich, dass starke Sicherheitsmaßnahmen gegen den Angriff von außen unabdingbar für kritische Infrastrukturen genauso wie für Privathaushalte sind. Höchste Sicherheit beginnt bereits beim technischen Gerätedesign. Dazu gehören die Implementierung robuster Firewalls, Verschlüsselungsprotokolle und Systeme zur Erkennung von Eindringlingen, um digitale Werte zu schützen und unbefugten Zugriff zu verhindern. Regelmäßige Sicherheitsbewertungen und Schwachstellenscans helfen dabei, potenzielle Einfallstore in Netzwerken und Systemen zu erkennen und zu beheben. Darüber hinaus spielen Mitarbeiterschulungen und Sensibilisierungsprogramme eine entscheidende Rolle bei der Minderung von Risiken im Zusammenhang mit menschlichem Versagen und Social-Engineering-Methoden.
Kollaborativer Ansatz
Cybersicherheit in der Stromversorgung ist kein Alleingang, sondern eine gemeinsame Kraftanstrengung von Branchenvertretern, Regierungsbehörden und Cybersicherheitsexperten. Nur wenn Bedrohungsdaten geteilt, bewährte und innovative Verteidigungsstrategien genutzt und vorhandene Ressourcen eingesetzt werden, kann sich die kollektive Verteidigung gegen sich (neu) entwickelnde Cyberbedrohungen verbessern. Dazu gehören auch regulatorische Rahmenbedingungen und Compliance-Standards, die eine wichtige Rolle bei der Förderung der Cybersicherheit im Energiesektor spielen. Das allein reicht aber nicht aus.
Die digitale Entwicklung schreitet mit großer Geschwindigkeit voran, jedoch referenzieren die Standards für Cybersicherheit im besten Fall auf die aktuellen technologischen Standards. Es bedarf daher kontinuierlicher Anpassungen und Innovationen, um den sich ständig verändernden Cyberbedrohungen effektiv entgegenzutreten. Die Dynamik der Bedrohungslandschaft erfordert eine agile Herangehensweise, bei der Unternehmen und Institutionen fortlaufend neue Technologien und Methoden zur Sicherung ihrer Infrastrukturen implementieren und weiterentwickeln müssen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Technologieexperten und der Industrie, um aufkommende Risiken frühzeitig zu identifizieren und angemessen zu reagieren.
Stand-alone statt all-in-one
Dazu gehören somit verlässliche sowie – für alle Beteiligten – bezahlbare Hardware- und Software-Komponenten. Diese in Zeiten sich stetig und schnell wandelnder Anforderungen zu entwickeln, ist kein leichtes, aber notwendiges Unterfangen. Um diesen ambitionierten, und zum (großen) Teil noch nicht voll beschriebenen Weg dennoch zukunftssicher zu gehen, müssen Lösungsanbieter ihre Konzepte für die dezentrale, stromgebundene Versorgung von Gebäuden flexibel und technologieoffen entwickeln können, um schnell auf neue Trends, Innovationen und vor allem Cyberangriffsstrategien reagieren zu können.
Fazit
Der Schutz kritischer Infrastrukturen vor Cyberbedrohungen ist eine Gemeinschaftsaufgabe aller Marktteilnehmenden. Durch Investitionen in robuste Cybersicherheitsmaßnahmen, die Förderung der Zusammenarbeit und eine Kultur der Cyberresilienz können Anbieter Risiken mindern, den störungsfreien Betrieb sichern und damit ihren Teil zu einer zuverlässigen und sicheren Stromversorgung beitragen. Und mit schlanken und technologieoffenen Strukturen schließen sich Sicherheit und Bezahlbarkeit nicht aus.