Dezentrale Versorgung 4.0
Im hessischen Groß-Umstadt entsteht ein Neubauprojekt mit einer Geschossfläche von 1.950 m², aufgeteilt auf 15 Gebäude. Die Energieversorgung erfolgt dezentral. Das Konzept sorgt für eine hocheffiziente Versorgung mit Wärme und Strom, niedrige Kosten und einen optimalen Betrieb der Anlage.
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist für Bauherren und Planer eine verlässliche und zugleich innovative Technologie, um energiesparende Versorgungslösungen zu etablieren. Zudem bietet KWK als systemoffene Lösung beste Voraussetzungen zur Integration erneuerbarer Energien. KWK bietet sich immer dann an, wenn herausfordernde Primärenergiefaktoren gefragt sind – für die Versorgung von Quartieren und Stadtteilen ebenso an wie für kleinere Gebäudezusammenhänge, wie beispielsweise in Groß-Umstadt.
Beim Neubauprojekt der Reihenhäuser in Hessen galt es, eine optimale Energieinfrastruktur für eine kleinere Versorgungseinheit zu entwickeln; optimal hinsichtlich Baukosten und Primärenergiefaktor sowie in Bezug auf die späteren Energiekosten der Bewohner. Was technisch machbar und für unseren Klimaschutz sinnvoll ist, ist aber häufig wirtschaftlich nicht tragbar.
Diese Herausforderung für Bauherren, Nutzer und Betreiber lässt sich leicht auf den Punkt bringen: Je kleiner die zu versorgende Fläche, desto höher die Investitionskosten der Energieinfrastruktur pro m² der Gebäudenutzfläche. Daher ist gerade bei kleineren Versorgungseinheiten von zentraler Bedeutung, dass das optimale Energiekonzept auch zu tragbaren Kosten umgesetzt werden kann und – genauso wichtig – nach Inbetriebnahme eine professionelle Anlagenführung die Effizienz dauerhaft sichert.
Im hessischen Groß-Umstadt wurde dies durch einen optimierten Planungsprozess und einen standardisierten Anlagenbau erreicht – sprich: durch das effizO-Konzept, die effiziente Objektversorgung. Die Projekte profitieren durch die Kombination standardisierter Prozesse und gebündelter Anlagenlösungen mit der Erfahrung der Urbana-Ingenieure in Planung und Bau von KWK-Anlagen. Der Fokus von effizO liegt auf Neubauten in einer Größenordnung von 1.500 bis 10.000 m² Gebäudenutzfläche. Ziel ist, dass alle Prozesse – beginnend bei der Anlagenauslegung, über Bau bis hin zu Anlagenbetrieb und der optionalen Stromvermarktung – zur Effizienzsteigerung im Neubauprojekt beitragen, um eine optimierte Wirtschaftlichkeit zu ermöglichen.
Zum zweiten gehört dazu auch der effiziente Betrieb der Anlage. Um diesen wirtschaftlich zu rechtfertigen, muss die Anlage fernüberwacht und die dazu notwendige Messinfrastruktur durch geringinvestive Schritte realisiert werden. Direktstromangebote – oft auch unter Mieter- oder Eigenstrom bekannt – können die Wirtschaftlichkeit weiter optimieren. Der Kunde im Groß-Umstadt profitiert so von wettbewerbsfähigen Grund- und Arbeitspreisen der Wärme und Stromversorgung.
Effiziente Objektversorgung: schnelle Berechnung per App möglich
Bauherren, Architekten und Planer sollten die effizienzbringenden Vorteile dezentraler Versorgungslösungen schon in frühen Planungsphasen berücksichtigen, denn bei einer späteren Betrachtung der Anlagenlösung – so die Erfahrung – sind häufig viele wertschaffende Optionen verbaut. Deshalb hat der Energiedienstleister mit dem neuen App-Angebot „Energieplaner“ (www.urbana.de/energieplaner) im Rahmen von effizO allen Beteiligten die Möglichkeit gegeben, schnell und unkompliziert erste Indikatoren für dezentrale Energielösungen zu bekommen. Schon in den ersten Bauphasen und auf Basis weniger, zentraler Eingaben, wie beispielsweise Gebäudenutzfläche und Wohneinheiten. Indikatoren von Energiepreis und Primärenergiefaktor können so auf Tablet oder PC ermittelt und unterschiedliche Anlagenlösungen konfiguriert werden – optional auch unter Berücksichtigung der geplanten KfW-Gebäudestandards. In den kommenden Monaten werden die Ingenieure weitere Technologien in der App ergänzen; dann wird es auch möglich sein, KWK mit erneuerbaren Energien – wie beispielsweise der Wärmepumpe oder Solarthermie – zu betrachten.
Optimale Anlagendimensionierung
Die optimale Versorgungslösung für die Bewohner der Reihenhäuser in Groß-Umstadt steht: Die Versorgung der Neubauten erfolgt über ein eigenes Stromnetz – die sogenannte „Kundenanlage“ – in das ein Erdgas-BHKW eingebunden ist. Dessen elektrische Leistung liegt bei 9 kW. Damit kann das BHKW im Jahresmittel bis zu 60 % des Strombedarfs im Quartier abdecken. Die zentrale Wärmeversorgung im Quartier wird neben dem BHKW durch einen Erdgas-Brennwertkessel sichergestellt. Die Wärme-Grundlast wird von dem BHKW mit einer Leistung von 20 kWth abgedeckt, in Spitzenlastzeiten wird der Brennwertkessel dazu geschaltet. Die Reihenhäuser sind über Hausstationen an die Wärmeversorgung angeschlossen. Der Anteil der KWK an der Gesamtwärmeerzeugung beträgt rund 50 % – die gesamte Wärmeleistung von BHKW und Brennwertkessel beläuft auf 100 kWth. Der Jahresnutzungsgrad der Brennwertkesselanlage liegt bei 96 %, während der BHKW-Jahresnutzungsgrad bei 90 % liegt.
Pluspunkt Direktstrom: Strom vor Ort nutzbar machen
Mieter und Eigentümer des Reihenhaus-Ensembles haben sich auch die Option des Vor-Ort-Stromangebots zu Nutze gemacht: Der Baustein effizMieterstrom aus dem effizO-Angebot ermöglicht den Verbrauch des im eigenen Quartier erzeugten Stroms; darüber hinaus die Vermarktung der Reststrom- und die Beschaffung von Residualmengen – ganz ohne Risiko für den Mieter. Residualmengen bezeichnet den „fehlenden“ Strom bei Bedarfsspitzen, zum Beispiel abends, wenn in den Reihenhäusern das Abendessen gekocht wird, gleichzeitig Fernseher oder Computer in den Häusern laufen. Das schafft das BHKW nicht alleine. Nachts ist es genau andersherum; dann wird kaum Strom vor Ort verbraucht. Die trotz allem erzeugten Strommengen werden im Intraday-Markt oder im Day-Ahead-Handel vermarktet. Die „Marktkommunikation“, also die Kommunikation mit den örtlichen Netzbetreibern und die Berichtspflichten mit der Bundesnetzagentur übernimmt Urbana als Betreiber der Kundenanlage. Bestandteil der Anlage ist ebenfalls ein Messkonzept mit einer Smart-Meter-Infrastruktur. Die intelligenten Stromzähler erfassen die Verbrauchsdaten digital und tagesgenau. So lassen sich Energieverbräuche noch effizienter und transparenter managen.
Effizienzsicherung und Optimierung im laufenden Betrieb
Durch die automatisierte Erfassung der wichtigsten Anlagenbetriebsinformationen können Ineffizienzen zeitnah erkannt werden, um gegenzusteuern und zu optimieren. So profitieren die Kunden in der Objektversorgung vom erfahrungsbasierten Kerngeschäft von Urbana: der Anlagenführung. Durch die zielgerichtete Auswertung der Daten anhand verschiedener messtechnischer Kriterien generiert ein Algorithmus das Zustandsbild der Anlage und erlaubt die Ableitung von Optimierungspotenzialen und gegebenenfalls erforderlicher Arbeiten. Dadurch können Wartungszyklen durch Zustandskontrollen aus der Ferne bedarfsgerecht angepasst und Energieverbräuche minimiert werden. Die Anlagen werden damit effizienter, betriebssicherer und günstiger. Das senkt nicht nur den Wärmepreis, sondern auch den Einsatz von Primärenergie und schützt so das Klima.
Das BHKW kann im Jahresmittel bis zu 60 % des Strombedarfs
im Quartier abdecken.
Durch die automatisierte Erfassung der wichtigsten Anlagenbetriebs-informationen können Ineffizienzen zeitnah erkannt werden.