Warm und trocken

Der ehrenamtliche BFW-Präsident Dirk Salewski spricht Klartext.

Es ist die größte Herausforderung: Neue Wege zu finden für kostengünstigere, einfachere Neubauten. Beides geht eben nicht: Allerhöchster Standard bei gleichzeitig geringen Kosten. Doch können wir überhaupt einfacher bauen, ohne im Nachhinein von einem Klage-Tsunami überrollt zu werden?

Im Übrigen: Die schönen und heiß begehrten Altbau-Wohnungen mit hohen Decken in Häusern aus der Gründerzeit in unseren Ballungszentren entsprechen überhaupt nicht den heute geltenden Normen. Trotzdem sind sie beliebt und stark nachgefragt. An neue Gebäude werden die enorm hohen Standards aber angelegt und führen so zu Kosten, die sich kaum jemand leisten kann.

Normen sind hervorragend, sie beschreiben für uns alle, wie etwas zu sein hat. In der Baupraxis heißt das stark vereinfacht: Ist es trocken? Nein! Soll es trocken sein? Ja! Dann ist es ein Mangel. Ist es warm? Soll es warm sein? Ja! Dann ist es kein Mangel. So einfach, Sie ahnen es, ist es leider nicht.

Nun wollen alle Beteiligten, dass wir ausreichend bezahlbaren Wohnraum erstellen. Das wird uns aber nur gelingen, wenn wir es schaffen unterhalb des derzeitigen Normenkanons zu bauen. Dazu haben sich auch die Architektinnen und Architekten viele Gedanken gemacht. Herausgekommen ist der Gebäudestandard E, wie einfach oder wie experimentell. Absolut richtig. Die Krux ist: Wie können wir es schaffen, dies rechtssicher zu vereinbaren, ohne dass es den Unternehmen hinterher auf die Füße fällt? Das Problem liegt im Verbraucherschutz und in kleinteiligen Regelungen im Zivilrecht. Doch es gibt einen Ausweg.

Wie es gelingen kann, rechtssicher einen guten Bau-Standard zu vereinbaren, der zwar nicht maximales Premium, aber doch von guter Qualität ist, zeigt das aktuelle Gutachten von Professor Stefan Leupertz, Richter am Bundesgerichtshof a.D. Wir brauchen ein klares Regelwerk für vertragliche Vereinbarungen von Bauleistungen. Sonst scheitern wir an der Herkules-Aufgabe, Wohnungsbau in Deutschland wieder bezahlbar zu machen.

Juristen und Sachverständige kommen gerne auf die Idee, dass etwas mangelhaft ist, obwohl die Funktion der Sache vollständig gegeben ist, eben weil es gegen eine irgendwo definierte Norm verstößt.

Nach dem heute geltenden Baurecht müssen auch und gerade beim Wohnungsbau eine Menge an technischen Reglungen und Standards beachtet werden, ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang diese wirklich notwendig sind. Oft könnte ohne jede Einschränkung bei der späteren Nutzung einfacher und damit auch erheblich günstiger gebaut werden, wenn es denn möglich wäre, dies zwischen Bauauftraggebern und Wohnungskäufern auf der einen – und den Bauausführenden und Auftragnehmern auf der anderen Seite rechtssicher vertraglich festzulegen. Da dies nach dem heute geltenden Recht kaum möglich ist, muss es darum gehen, rechtliche Wege zu finden, um vereinfachtes und kostengünstiges Bauen in der Praxis umsetzbar zu machen.

Dazu sind gesetzliche Änderungen im Bauvertragsrecht notwendig.

Es muss deshalb darum gehen, im Bauvertragsrecht gesetzliche Änderungen zu schaffen, die es auch in Bauverträgen mit Verbrauchern ermöglichen, einen unter den heute geltenden „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ liegenden Ausführungsstandard rechtssicher zu vereinbaren. Dazu müssen werkvertragliche Leistungsverpflichtungen von allgemein anerkannten Regeln der Technik entkoppelt werden.

Die im Gutachten vorgeschlagene gesetzliche Konstruktion kann ohne großen Aufwand umgesetzt und in das bestehende System des Werkvertragsrechts integriert werden. Damit würden einerseits insbesondere die Verbraucher vor Überraschungseffekten geschützt und es würde andererseits den Anbietern erlaubt, einfachere, kostengünstigere und damit nachhaltigere Lösungen ohne drohende Mängelproblematik auszuführen. Im Rechtsgutachten stellt Professor Leupertz fest: „Die Umsetzung dieser Vorschläge würde naturgemäß allein kaum ausreichen, um die derzeitige Spannungssituation im Wohnungsbau zu bereinigen. Sie wäre aber zweifellos ein wesentlicher Bestandteil für eine Lösung in absehbarer Zeit.“

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