Wärmewende kalt erwischt?

Der ehrenamtliche BFW-Präsident Dirk Salewski spricht Klartext.

Kennen Sie die Ballade von der Unzulänglichkeit des menschlichen Planens von Berthold Brecht? Da heißt es: „Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach noch`nen zweiten Plan, Gehen tun beide nicht.“ So ergeht es zurzeit den Transformationsplänen der Bundesregierung.

Der erste Plan – das sogenannte Heizungsgesetz- war, vorsichtig formuliert, nicht ganz ausgereift. Da musste einiges angepasst und vieles nachgebessert werden. Sie werden sich sicherlich erinnern. Jetzt kommt der zweite Plan – die kommunale Wärmeplanung.

Der Grundgedanke der kommunalen Wärmeplanung klingt nicht verkehrt: Es geht um die langfristige Umstellung dezentraler fossiler Heizsysteme auf umwelt- und klimafreundlichere Wärmeversorgung. Die kommunale Wärmeplanung soll helfen, den kosteneffizientesten und praktikabelsten Weg zu einer klimafreundlichen und langfristigen Wärmeversorgung vor Ort zu ermitteln. Soll bedeutet nicht muss. Leider geht es bei der Umsetzung der Reformen nicht primär um Verbrauchs- und Kosteneinsparungen. Denn dem steht schlussendlich das Mietrecht entgegen.

Zentraler Begriff ist hier die Kostenneutralität bei der Umstellung auf die gewerbliche Wärmelieferung. § 556c BGB sieht vor, dass die Kosten der gewerblichen Wärmelieferung nur dann auf den Mieter umgelegt werden können, wenn sie die bisherigen Betriebskosten für die Eigenversorgung mit Wärme und Warmwasser nicht übersteigen. Im Kostenvergleich nach § 8 WärmeLV werden die Kosten der bisherigen Eigenversorgung, die der Mieter bislang als Betriebskosten zu tragen hatte, mit den Kosten verglichen, die der Mieter tragen müsste, wenn er dieselben Wärmemengen im Wege der gewerblichen Wärmelieferung bezogen hätte.

Durch den Umstieg auf Fernwärme darf laut Gesetz also erstmal keine Kostensteigerung entstehen. Fernwärme ist aber faktisch in den meisten Fällen teurer. Vermieter würden mit den Kosten allein gelassen, dürfen sie nicht auf die Mieter umlegen. Die Kostenneutralität muss jedoch so berechnet werden, damit die Umstellung auf Fernwärme in der Praxis gelingen kann. Niemand wird sonst die Investition vornehmen und das eigentliche Ziel, die kommunale Wärmeplanung misslingt.

Klimaschutz muss auch im Mietwohnungsbestand wirtschaftlich und sozial tragfähig funktionieren. Die Versorgung mit Fern- und Nahwärme darf nicht am Mietrecht scheitern. Wenn die Wärmewende insbesondere im vermieteten Wohnungsbestand gelingen soll, muss dringend nachgebessert werden. Benötigt wird eine gesetzliche Sonderregelung oder zumindest eine gesetzliche Klarstellung. Ansonsten wird in der Mieterrepublik Deutschland die Wärmewende kalt erwischt.

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