Nachhaltigkeit

Wie ERP-Lösungen ESG-Maßnahmen vorantreiben

Die EU-Taxonomie zur „Erleichterung nachhaltiger Investitionen“ wird seit dem 1. Januar 2022 schrittweise eingeführt. Für den Gebäudesektor bedeutet das insbesondere, die von der Taxonomie geforderten Daten zu Energieeffizienz, Treibhausgasemissionen, Ressourcenverbrauch und weiteren Nachhaltigkeitsparametern zur Verfügung zu stellen. Warum dies ohne ERP-System nicht möglich ist, wird im Folgenden erläutert.

Stellen Sie sich vor, Sie wollen die Treibhausgasemissionen einer ihrer Wohnbestandsimmobilien bestimmen. Was müssen Sie tun?

Besitzen Sie einen überschaubaren Bestand, wissen Sie vielleicht aus dem Stegreif, ob es sich um eine Wohn- oder Gewerbeimmobilie handelt. Sind Sie sich nicht sicher, müssten Sie dies zuerst überprüfen: danach richtet sich die anschließende Berechnungsmethode. So trivial das klingt – bei einem Mehrfamilienhaus mit Ladengeschäft werden die Karten schon neu gemischt: wie viele Quadratmeter der Gesamtfläche sind Wohn-, wie viele Gewerbeimmobilie?

Nun gilt es, den Bedarfsausweis Ihres Gebäudes zu kennen – unter anderem Bauweise, Wärmedämmung und Haustechnik entscheiden darüber, wo die Immobilie auf einer Skala von A+ (sehr energieeffizient) bis H (wenig energieeffizient) theoretisch eingeordnet wird. Sie haben die Wohneinheiten separat saniert? Nach dem Auszug eines Mieters haben Sie vielleicht das Heizsystem einer Wohneinheit modernisiert? Und die Immobilie ist zwar ein Altbau, aber vor 10 Jahren haben sie wärmedämmende Fenster im gesamten Gebäude einbauen lassen?

Um zu wissen, wo im Ranking Sie stehen, müssen Sie über all diese Daten verfügen.

Von der Theorie in die Praxis

Sind alle – in der Praxis noch kleinteiligeren – Bedarfe bestimmt, müssen Sie die Verbrauchsdaten Ihrer Immobilie errechnen: Strom, Heizung, eventuell Kühlung (Klimaanlage) und Warmwasserbereitung sind hierbei nur die wichtigsten Kennzahlen – in unserem Beispiel mit dem Ladengeschäft natürlich wiederum aufgeschlüsselt nach Immobilienart. Außerdem verfügt der Mieter des Ladengeschäfts über einen E-Meter, der die Daten automatisiert übermittelt, während Sie von den Wohneinheiten stoßweise Papier erwartet.

Anschließend geht es an den Energiemix: welche Quelle zeichnet verantwortlich? Fernwärme, Biostrom, Gas? Je nachdem, wie nachhaltig der Input bereits ist, desto günstiger Ihr Verbrauchsausweis.

Zeit ist Geld

Haben sie alle notwendigen Daten gesammelt, geht es an die Zusammenführung: wie hoch sollte der – laut Bedarfsausweis – theoretische Emissionsausstoß sein? Wie unterscheidet er sich vom – laut Verbrauchsausweis – praktischen Ausstoß? Und was heißt das schlussendlich für mich als Immobilienbesitzer?

Mit den Anforderungen der EU-Taxonomie schrittzuhalten, gestaltet sich also durchaus als Herausforderung – und dabei sind Themenkomplexe wie Green Financing noch nicht berücksichtigt. Doch der Nachweis klimaschonender Bemühungen wird bei der Kreditvergabe (beispielsweise für weitere ressourcenschonende Sanierungsmaßnahmen) eine immer größere Rolle spielen.

Als genauso dringlich gestaltet sich die „Begleitmusik“ rund um die Datenerhebung: lassen Sie großflächig E-Meter in Ihre Wohneinheiten einbauen, um den Prozess der Verbrauchsmessung möglichst zu automatisieren, müssen Sie sich hierfür mit Ihren Mietern austauschen – diese Kommunikation will orchestriert werden und muss rechtlich einwandfrei sein.

Nachhaltigkeitsbemühungen sind also Pflicht – und verursachen Aufwand, der viel Zeit kostet. Gerade im Zuge des allgemeinen Fachkräftemangels lässt sich diese Zeit (in Form beispielsweise eines Wohnungsverwalters, der die anstehenden Aufgaben übernimmt) jedoch nicht einfach „kaufen“. Zusätzlich verursacht die anstehende Arbeit Folgekosten in Form von noch mehr Arbeit (beispielsweise Kommunikation mit den Mietern), die noch mehr Zeit kostet – und damit wieder Geld. Zuletzt entsteht die Herausforderung, sich das notwendige Knowhow anzueignen. Nicht umsonst lautet ein Credo der Datenerhebung: „Vorsicht bei jeder Messung – Unsinn rein bedeutet Unsinn raus!“

Wie Nachhaltigkeit effizient gestaltet werden kann

Mit den Anforderungen der EU-Taxonomie schrittzuhalten, gestaltet sich aber nicht nur als Herausforderung – sondern auch als Pflicht. Damit stellt sich nicht die Frage, ob man die Mühen auf sich nimmt, Daten zu erheben und beispielsweise Treibhausgasemissionen zu messen, sondern nur, wie man dies möglichst effizient macht.

Aus meiner Erfahrung als Business Development Manager, die ich besonders in Zusammenarbeit mit unserem wohnungswirtschaftlichen Kundenbeirat und damit „praxisnah“ gesammelt habe, sind die meisten Immobilienunternehmen und Hausverwaltungen im positiven Sinne erstaunt, wenn ihnen erst einmal bewusst geworden ist, dass sie meistens bereits über eine solide Datengrundlage verfügen – und ESG-Management damit gar nicht so weit weg ist.

Besonders effizient gestaltet sich der Prozess sodann, wenn man folgende Punkte beachtet:

1.) Digitalisierung: auch, wenn aller Anfang schwer ist – an der Bereitstellung geordneter und verlässlicher Daten führt kein Weg vorbei. Meistens liegen die Daten schon vor – um sie zu ordnen, zu strukturieren und vergleichbar zu machen, ist sodann eine Software erforderlich – in der Regel ein gutes ERP-System.

2.) Vernetzung: existiert eine strukturierte Datengrundlage, geht es an die Prozessoptimierung. Jeder Vorgang, den Sie nicht händisch begleiten müssen, erspart wertvolle Zeit. Auch hierbei hilft Ihnen mittelfristig nur ein ERP-System weiter. Denn nur auf einem zentralen Hub, auf dem aller Input zusammengeführt wird, besteht die Möglichkeit, die unterschiedlichen Messergebnisse einheitlich und belastbar zu systematisieren.

3.) Knowhow: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die sicherste Methode, die „Herausforderung Nachhaltigkeit“ zu meistern besteht deshalb darin, zu wissen, was man tut. Und hierbei hilft nur stetige Weiterbildung. Für alle Beteiligten stellen die EU-Taxonomie und ihr weitverzweigtes Regelwerk Neuland dar, selbst ich lerne im Umgang mit Kunden noch Fragestellungen kennen, auf die ich nicht sofort eine Antwort weiß. Genau dann ist es wichtig, auf eine verlässliche Quelle zurückgreifen zu können, die Unklarheiten beseitigt – ob in Form einer rechtsverbindlichen Datenbank oder persönlicher Expertise. Vor der Anschaffung eines ERP-Systems sollten Sie deshalb darauf achten, ob ihr Anbieter derartige Services bereitstellt.

Beachten Sie diese drei Punkte, ist ein solides Fundament gelegt. Das bedeutet nicht, dass Ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zum Selbstläufer werden – denn Nachhaltigkeit wird zur Daueraufgabe für die Branche werden. Wenn Sie Ihre CO2-Bilanz erstellt haben, warten schon die nächsten Herausforderungen: soziale Aspekte und Grundsätze der Unternehmensführung müssen im Rahmen des ESG-Managements (und der EU-Taxonomie) durch Sie nämlich ebenfalls strukturiert dargestellt und messbar gemacht werden können.

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