„Moment mal!“

Willkommenskultur für Baukräne

Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung.

Uns Kaufleuten hilft der Blick auf die wichtigsten Kennzahlen der Immobilien- und Wohnungswirtschaft der vergangenen Jahre, um eine gute Einschätzung der Situation zu erhalten. Das Problem: In Deutschland fehlen hunderttausende Wohnungen. Wir wissen bedauerlicherweise alle, dass in den Jahren 2023 und 2024 die Baustarts dramatisch abgestürzt sind. Eine Trendwende ist leider nicht zu erkennen. Seit der Finanzkrise haben sich die Mieten beinahe verdoppelt. Tendenz steigend. Von 2004 bis 2011 gaben die Deutschen rund 17 % ihres Haushaltseinkommens für die Kaltmiete aus. Seit 2011 stieg der Anteil alle zwei bis drei Jahre um einen Prozentpunkt und erreichte im Jahr 2023 21,6 %, Tendenz weiter steigend. Die sogenannte Mietpreisbremse sollte kurzfristig Abhilfe schaffen, gleichzeitig sollte aber auch viel mehr gebaut werden, um durch ein größeres Angebot bezahlbare Mieten zu gewährleisten. Jetzt überbieten sich die Parteien mit Versprechen für Mietenregulierung, die eher einem kaputten Drucklufttopf ähneln. Denn der Druck nimmt zu. Nur wird viel zu wenig gebaut, um für eine echte Entlastung zu sorgen.

Der Erschwinglichkeitsindex beim Kauf von Wohneigentum steigt seit 2004 immer weiter an. Das heißt: Es wird immer schwieriger, sich den Traum einer Eigentumswohnung oder sogar eines eigenen Hauses zu erfüllen. Und das in dem Land der Europäischen Union, in dem die meisten Bewohner ohnehin Mieterinnen und Mieter sind. Dabei wäre die bezahlbarste Wohnung die bezahlte Wohnung!

Die Zahl der Sozialwohnungen ist von rund 2,3 Millionen im Jahr 2004 auf rund 980.000 im Jahr 2024 gesunken. Das Ziel, jedes Jahr 100.000 neue Sozialwohnungen zu bauen, wurde nicht erreicht.

Anhand dieser Kennzahlen lässt sich ablesen, in welche soziale Turbulenzen wir geraten werden, sollte sich nichts Grundlegendes ändern.

Bei der Entwicklung der Baukosten sehen wir ebenfalls einen Trend, der wenig Hoffnung macht, wenn es uns als Land nicht gelingt, das Ruder herumzureißen. Allein seit 2020 (Q1) stiegen die Baukosten bei der Herstellung um 42,6 %. Die Baunebenkosten stiegen im selben Zeitraum um 42,5 %. In der längeren Betrachtung wird es noch deutlicher: Von 2000 bis zum 4. Quartal 2023 kam es zu einem enormen Preisschub. Beim Rohbau +100 % für Materialkosten und Marktprozesse. Die Baunebenkosten stiegen im gleichen Zeitraum um stolze 132 %.

Der langfristige Trend zeigt an, dass ein strukturelles Problem unabhängig von Parteien und Koalitionen besteht. Wir haben wichtige Weichenstellungen verpasst und wir werden weiter dabei zu schauen können, wie sich die Probleme auftürmen und zu einer echten Gefahr für unseren sozialen Frieden werden. Es braucht ein Ende des Durchlavierens und es braucht eine Willkommenskultur für Baukräne.

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