Zu wenig, zu spät?
Der ehrenamtliche BFW-Präsident Dirk Salewski spricht Klartext.
Ein 14 Punkte Plan der Bundesregierung soll die Probleme des Wohnungsmarkts lösen. Um es gleich vorwegzusagen: Vor nicht allzu langer Zeit hätte kaum jemand damit gerechnet, dass es ein vorsichtiges Einsehen bei der Bundesregierung gibt: Der EH-40 Standard wird ausgesetzt. Das ist grundsätzlich ersteinmal zu begrüßen. Es ist aber kein Grund zum Jubeln. Den Absturz beim Wohnungsbau aufhalten oder umkehren wird es nicht, die 14 Punkte reichen auch in Summe nicht aus. Die nötige Bauwende braucht substanzielle Veränderungen.
Positiv formuliert, ein Anfang ist gemacht, der Weg ist aber noch ein langer, steiniger. Die Abkehr von den realitätsfremden Anforderungen und die Rückkehr auf den Pfad der Vernunft verlangt mehr als nur die reine Erkenntnis, dass mehr Dämmung nicht das Nonplusultra ist. Es ist hoffentlich der Beginn eines Dialogs, den wir führen müssen, um zu wirklichen Veränderungen zu gelangen.
Wir müssen umdenken. Wir brauchen jetzt den Paradigmenwechsel weg von der Energieeffizienz hin zur Emissionseffizienz, denn das ist wahrer Klimaschutz. Das dient dem Klima viel mehr, als die Häuser mehr und mehr mit Rohölprodukten einzupacken. Das allein wäre schon ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Es gilt den Anspruch an Klimaneutralität und bezahlbaren Wohnraum zu erfüllen. Das ist ein wenig wie die berühmte Quadratur des Kreises. Denn wir müssen beide Ziele eben auch wirtschaftlich sinnvoll erreichen. Ich bin überzeugt: Es wird nicht leicht, aber es ist machbar.
Seit vielen Jahren fordern wir, die strukturellen Hemmnisse abzubauen. Die Baukostensenkungskommission unter dem damaligen Bauminister Seehofer hat zwei Jahre lang beraten und ein wunderbares Abschlusspapier erarbeitet. Umgesetzt wurde davon aber leider nichts. Weder von dieser noch der vorherigen Regierung. Abgebaut wurden dagegen keine Hemmnisse, sondern die Förderung und das ganz plötzlich über Nacht. Die vielen Forderungen staatlicherseits an die Qualitäten, die Standards und die Energieeffizienz der Wohnungen und Häuser wurden dabei stetig erhöht. Das ging mit staatlicher Förderung und dem damaligen niedrigen Zinsniveau auch eine Zeit lang gut. Doch jetzt ist die Lage fundamental anders. Die Länder und Kommunen haben in den vergangenen Jahren kräftig zugelangt für Investitionen in ihre Infrastruktur und diese auch bekommen. All diese Faktoren haben gemeinsam mit dem hohen Bauzinsniveau zu dem jetzigen Stillstand beigetragen.
Alle Akteure müssen an einem Strang ziehen, um in Deutschland eine Bauwende zu schaffen. Der Wohnungsmarkt wird reguliert von einer Art Matrjoschka, von innen nach außen sind viele verschiedene Akteure involviert. Im Inneren die Kommunen. Denn: Die Kommunen haben die Planungshoheit. Hier wird entschieden, was, wo und wie gebaut wird! Mitmachen müssen auch die Länder mit ihren 16 Landesbauordnungen. Und der Bund darf die Schraube bei den Anforderungen nicht immer weiter überdrehen, im Gegenteil. Er muss Entlastungen suchen. Die äußere Schale der Matrjoschka ist die EU. Über die Hintertür droht aus Brüssel auch durch die Taxonomie eine Verschärfung der energetischen Standards sondergleichen. Dieses verschachtelte System aus Zuständigkeiten macht es so kompliziert und schwer wirkliche Veränderungen zu erreichen.
Was jedoch schnell umzusetzen ist: Kosten senken. Wir müssen an die Baukosten ran! Die Grunderwerbssteuer für Selbstnutzer auszusetzen, würde schon helfen. Die Erwerbsnebenkosten müssen runter, es braucht verlässliche Rahmenbedingungen, klare Finanzierungs- und Förderbedingungen, realistische Standards, damit der dringend benötigte Wohnungsneubau auch realisiert werden kann.
Nur mit einem gemeinsamen Kraftakt verhindern wir Pleiten bei den Unternehmen und den daraus resultierenden Fachkräfteverlust. Und wir sparten uns erhebliche soziale Spannungen und gesellschaftliche Verwerfungen durch den eklatanten Mangel an bezahlbaren Wohnungen.
Der Wohnungsmarkt reagiert immer mit einiger Zeitverzögerung. Die Maßnahmen, die jetzt aufs Gleis gesetzt werden, erreichen ihr Ziel erst mit großer Verspätung.
Heute geplant, morgen genehmigt und übermorgen dann gebaut.
Wir müssen ran an die kurzfristigen Maßnahmen, die Entlastung bringen. Und wir müssen die Weiche für die Zukunft stellen. Kommunale Behörden, Land, Bund und EU müssen sich bewegen. Sonst ändert sich mal wieder nichts. Das kann eigentlich niemand wollen.