Grüne Freiräume

Zurück zur Natur: Blühende Oasen im Wohnquartier

In Wohnquartieren machen Rasenflächen oft über 10 Prozent der Grundfläche aus. Heimische Tier- und Pflanzenarten sind hier spärlich vertreten. Die Aufenthaltsqualität für die Mieterschaft ist oft nicht hoch. Eine naturnahe Gestaltung könnte eine Win-Win-Situation erzeugen: Quartiere werden (klima)fitter und fördern das Wohlergehen der Mieterschaft.

Immer mehr Wohnungsbauunternehmen entdecken das Potenzial von naturnahem Grün für ihre Wohn­quartiere: Blühende Staudenbeete, Trockenmauern und lauschige Sitzecken kommen bei der Mieterschaft gut an. Sie erhöhen die Lebensqualität und fördern das Miteinander. Gleichzeitig bieten die naturnahen Flächen Insekten, Amphibien, Vögeln und vielen weiteren Tieren willkommenen Lebensraum, vor allem in der Stadt.

Die Berliner Wohnungsbaugenossenschaft „Köpenick Nord” eG geht neben sieben weiteren Berliner Genossenschaften mit gutem Beispiel voran. Sie ließ vom Naturgarten-Team der Stiftung für Mensch und Umwelt in Zusammenarbeit mit einer GaLaBau-Firma zwei Höfe ökologisch aufwerten. Wo vorher monotoner Rasen wuchs, blickt die Mieterschaft nun auf Sandmagerbeete, Totholz, große Findlinge und Blumenwiesen mit heimischen Wildpflanzen. Integriertes Naschobst lädt auch zum geschmacklichen Entdecken ein. Wer wissen will, welchen Nutzen Totholz & Co. bringen, findet auf zahlreichen farbigen Tafeln spannende Hintergrundinformationen.

„Wir sind von dem zeitgemäßen Konzept überzeugt und freuen uns sehr, dass die fertiggestellten Pilotprojekte auch von unseren Mitgliedern und Bewohnern sehr gut angenommen werden“, sagt Andrea Schulz, technisches Vorstandsmitglied der „Köpenick Nord“. Sie ergänzt: „Weitere Projekte sind in der Planung.“

Die Pflege von naturnahem Grün

Damit naturnahe Flächen langfristig positiv wirken können, brauchen sie Pflege. Das überrascht viele, denn „naturnah“ wird oft mit „sich selbst überlassen“ gleichgesetzt. Das ist jedoch ein Irrtum. Richtig ist, dass naturnahe Außenflächen gestaltete Räume sind, die kompetent gepflegt werden müssen. Das bedeutet:

– Blumenwiesen werden nur ein- bis zweimal jährlich gemäht.

– Alte Samen- und Fruchtstände dürfen über den Winter stehenbleiben.

– Laub darf in Schattenbeeten und unter Gehölzen liegenbleiben.

– Unerwünschte Pflanzen werden regelmäßig gejätet.

Wie hat die Wohnungsbaugenossenschaft „Köpenick Nord” eG die anstehende Pflege gelöst? Aktuell überlässt sie die Entwicklungspflege der Stiftung für Mensch und Umwelt. Für die später folgende Dauerpflege gibt die Stiftung mit ihrer Pflegeanleitung alle notwendigen Informationen an die Hand. Dazu gibt es den „Handlungsleitfaden“ und die neue Online-Lernplattform rund um das naturnahe Grün.

Nachahmen erwünscht – Was ist zu beachten?

Die geplanten Veränderungen in den Quartieren betreffen das unmittelbare Wohn- und Lebensumfeld der Bewohnerschaft. Aus diesem Grund ist eine gute Kommunikation der geplanten Maßnahmen von Beginn an wichtig. Die Stiftung für Mensch und Umwelt empfiehlt Hauswurfsendungen und eine Infoveranstaltung, um auf die Umbaumaßnahmen aufmerksam zu machen. Zur feierlichen Einweihung der beiden Höfe in Köpenick Nord war die gesamte Mieterschaft eingeladen. Für die kommenden Monate ist zusätzlich eine gemeinsame Pflanzaktion geplant. Sie soll die Verbindung zwischen Mieterschaft und Flächen weiter stärken. Denn die Praxis zeigt: Wer selbst pflanzt, fühlt sich ein Stück weit dafür verantwortlich. Die Wertschätzung steigt.

Eine erstaunliche Tatsache ist, dass die neuen Pflanzungen mit regional angepassten Arten sehr schnell sehr üppig wachsen und blühen. Gleichzeitig fordert die naturnahe Gestaltung das Ästhetik-Empfinden der Mieterschaft heraus: Was im Frühling und Sommer herrlich blühte, darf in der kalten Jahreszeit in Form von abgestorbenen Pflanzenstängeln stehenbleiben. Auch Laubhaufen gehören zum neuen Landschaftsbild, die Igel freut‘s! Die Herausforderung besteht somit darin, die Mieterschaft für das naturnahe Grün zu gewinnen. Geschäftsführern oder Vorständen eines Wohnungsunternehmens kann das gelingen, wenn sie den Wert dieses neuen Lebensraumes betonen.

Auch das Wetter spielt eine entscheidende Rolle bei der naturnahen Gestaltung von Flächen: (Zu) viel Regen, späte Fröste und Trockenheit können starke Verzögerungen der Baumaßnahmen mit sich bringen. Hier hilft es, von Beginn an zeitliche Puffer einzuplanen.

Eine Frage der Kosten, oder?

Auch naturnahe Flächen haben ihren Preis. In die insgesamt 3.600 Quadratmeter umgestaltete Fläche hat die Wohnungsbaugenossenschaft „Köpenick Nord” eG einen sechsstelligen Betrag investiert. Darin enthalten sind die Kosten für die GaLaBau-Firma sowie die Kosten für die Planung, Kommunikation und Bepflanzung. Grundsätzlich gilt: Je nach Gestaltung können die Kosten stark variieren, sodass auch mit weniger Budget als im Beispiel von „Köpenick Nord“ naturnahes Grün möglich ist. Lohnenswert ist es in jedem Fall. Das bestätigt auch die Jury der Kampagne „Tausende Gärten – Tausende Arten“, die beide Flächen im August dieses Jahres mit „Gold“ prämierte. Und damit den großen ökologischen Wert der Flächen betont. Also, mehr Grün ins Wohnquartier!

Weitere Informationen

Übersicht: Wohnungsbaugenossenschaften, die mit der Stiftung für Mensch und Umwelt bereits naturnahes Grün realisiert haben: www.stiftung-mensch-umwelt.de/referenzen.html

Wohnungsbaugenossenschaft „Köpenick Nord“ eG: www.koepenick-nord.de

Online-Lernplattform für naturnahes Grün mit dem Schwerpunkt Wohnquartiere: www.treffpunkt-vielfalt.de/lernplattform-naturnah.html

Projektfilme zu naturnah gestalteten Flächen in Berliner Wohnquartieren: www.treffpunkt-vielfalt.de/treffpunkt-vielfalt-berlin-67.html

Broschüre „Treffpunkt Vielfalt – Naturnahe Gestaltung von Wohnquartieren; Argumente, Möglichkeiten, Entscheidungshilfen“ (Print & Download)

und

„Naturnahe Gestaltung von Wohnquartieren. Praxistipps für Planung, Anlage und Pflege“ – Der Handlungsleitfaden (Print & Download): www.shop.deutschland-summt.de

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