Etikettenschwindel mit "Barrierefreiheit": Wohnungsbaugesellschaft von Behindertenverband abgemahnt

Welche Folgen unwahre Werbeversprechen nach sich ziehen, bekam die Saarbrücker gemeinnützige Siedlungsgesellschaft GmbH zu spüren. Die SGS erhielt jetzt eine Abmahnung wegen irreführender Werbung zugestellt, weil sie seit einigen Monaten auf ihrer Internetseite und in Werbebroschüren die Vermietung von 96 angeblich „barrierefreien“ Wohnungen in einem Stadtteil von Saarbrücken, bewirbt. Die Abmahnung erfolgte auf Initiative des Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK, www.bsk-ev.org), der als anerkannter Verbraucherschutzverband für seine Mitglieder und Verbraucher allgemein aktiv wurde.


Bereits im Mai hatten Vertreter des Landesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter, Saarland, zusammen mit der Gesamtbehindertenbeauftragten der Stadt Saarbrücken, Dunja Fuhrmann, sowie dem Experten für barrierefreies Bauen beim BSK, Bernd Eichenseer, zwei Musterwohnungen in der beworbenen Wohnanlage der SGS begutachtet. Dabei wurden zahlreiche Mängel festgestellt, die nicht mit der DIN-Norm 18040-2 (Regelung über die Barrierefreiheit in Wohnräumen)  zu vereinbaren sind: Stolperfallen im Sanitärbereich, nur einseitige Umsetzbarkeit zur Toilette, zu enger Flurbereich, keine Möglichkeit der Fensteröffnung und kein Blick aus dem Fenster für Menschen im Rollstuhl aus Sitzposition, keine Bedienung des Sicherungskastens aus Sitzposition sowie eine Versperrung des Wohnbereiches beim Öffnen der Badezimmertür. 


Für den BSK eindeutig Etikettenschwindel: „Der Begriff Barrierefrei ist in der DIN-Norm 18040 klar definiert. Wer damit wirbt, obwohl die entsprechenden Anforderungen nicht erfüllt sind, handelt unlauter“, betont Uwe Wagner, ehrenamtlicher Vorsitzender der Landesvertretung Selbsthilfe Körperbehinderter Saarland.


Für ihn und sein Team sind auch Begriffe wie „barrierearm“, „rollstuhltauglich“ oder „seniorenfreundlich“ irreführend, da sie beim Verbraucher die Vorstellung von echter Barrierefreiheit wecken, die aber tatsächlich nicht gegeben ist. „Es fehlt hier an allen Ecken und Enden an barrierefreiem Wohnraum für Menschen mit Mobilitätsproblemen“, stellt Wagner fest. Für die Umbaumaßnahmen in den 96 Wohnungen auf dem Eschberg wurden zudem Fördergelder von mehreren Millionen bewilligt. „Mit diesem Geld hätte die SGS tatsächlich barrierefrei nach der DIN-Norm bauen können.“ Diese Chance sei allerdings vertan. „Die vielen Wohnungssuchenden mit Behinderung in Saarbrücken müssen sich verschaukelt vorkommen.“

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