Wohnungsmarkt: Mehrheit für stärkeres Eingreifen des Staates, Enteignungen nur von jedem Siebten befürwortet

In den letzten Jahren sind die Miet- und Kaufpreise für Wohnraum deutlich gestiegen, insbesondere in deutschen Großstädten. In der Politik werden verschiedene Gegenmaßnahmen diskutiert, darunter auch die Enteignung großer Wohnungsbaugesellschaften. Eine aktuelle Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos (www.ipsos.de) zeigt jedoch, dass nur 15 Prozent der Bundesbürger diesen Schritt für am geeignetsten halten, um Preisanstiege für großstädtischen Wohnraum zu verhindern. Trotzdem spricht sich eine klare Mehrheit von 77 Prozent dafür aus, dass der Staat stärker als bisher in den Wohnungsmarkt eingreifen sollte.

Neue Bauvorschriften und staatlicher Wohnungsbau beliebter als Enteignung

Als eine Maßnahme zur Vergünstigung des privatwirtschafltichen Wohnungsbaus wird die Vereinfachung und Absenkung aktueller Bauvorschriften angesehen – mehr als jeder dritte Deutsche (34 %) präferiert diese Option. Weitere 28 Prozent halten den staatlichen Wohnungsbau mit Hilfe von Steuergeldern für die geeignetste Lösung des Problems. Nur eine kleine Minderheit von 8 Prozent ist der Meinung, dass kein zusätzlicher Eingriff in den Wohnungsmarkt durch den Staat notwendig ist, da es aus ihrer Sicht genügend günstigen Wohnraum in ländlichen Gebieten gäbe.

Linken-Wähler am ehesten für Enteignung, FDPler klar dagegen

Bei der Beurteilung der verschiedenen Vorschläge zur Reduzierung von Preissteigerungen im Wohnungsmarkt zeigen sich erhebliche parteispezifische Unterschiede. Während sich mehr als ein Drittel (35 %) der Linken-Wählerschaft und über ein Fünftel der Grünen-Sympathisanten (22 %) für die Enteignung von Wohnungsbaugesellschaften ausspricht, können die Anhänger der übrigen im Bundestag vertretenen Parteien diesem Vorschlag deutlich seltener etwas abgewinnen. Am wenigsten Zustimmung erfährt er bei den Wählern der FDP (8 %) und Union (9 %).

Unterstützer von SPD (41 %), Grünen (38 %) und Linken (38 %) halten staatlichen Wohnungsbau für die beste Maßnahme, um etwas gegen die steigenden Miet- und Kaufpreise für Wohnraum in Ballungszentren zu unternehmen. Anhänger von FDP (50 %), Union (43 %) und AfD (42 %) bevorzugen dagegen eine Vereinfachung und Absenkung der aktuellen Bauvorschriften. Allerdings präferiert auch unter den Wählern von Union (25 %), AfD (24 %) und FDP (23 %) je ein Viertel den Bau neuer Wohnung mit Hilfe von Steuergeldern. Andererseits sehen auch relevante Anteile der Grünen- (29 %), SPD- (24 %) und Linken-Anhänger (18 %) eine Anpassung der Bauvorschriften als beste Lösung an.

Anpassung der Bauvorschriften vor allem auf dem Land beliebt

Während sich in ländlichen Regionen mit weniger als 20.000 Einwohnern der größte Anteil der Befragten (38 %) für eine Vereinfachung und Absenkung der aktuellen Bauvorschriften ausspricht, überzeugt dieser Vorschlag in mittelgroßen (28 %) und großen (33 %) Städten mit 20.000 bis 99.000 bzw. 100.000 oder mehr Einwohnern deutlich weniger Befragte. Dafür kommt im städtischen und großstädtischen Milieu sowohl die Enteignung von Wohnungsbaugesellschaften (16 bzw. 17 %) als auch der staatliche Wohnungsbau (je 30 %) besser an als in ländlichen Regionen, wo sich nur 11 Prozent für Enteignungen und 24 Prozent für den Wohnungsbau mit Steuermitteln aussprechen.

Leichte Unterschiede zwischen Ost und West

Während staatlicher Wohnungsbau in Ostdeutschland von 37 Prozent der Befragten befürwortet wird und Veränderungen von Bauvorschriften (27 %) dort nur die zweitbeliebteste Maßnahme gegen hohe Miet- und Kaufpreise darstellt, sprechen sich Westdeutsche am häufigsten für die Vereinfachung von aktuellen Bauvorschriften (35 %) aus. Der staatliche Wohnungsbau wird im Westen nur von 26 Prozent als beste Option eingeschätzt.

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