Alter Wein in neuen Schläuchen?

„Moment mal!“: Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung.

Am Ende einer Legislaturperiode, in der viel über das bezahlbare Bauen und Wohnen diskutiert wurde, das Wohnungsproblem aber noch nicht gelöst ist, werden auch vermeintlich neue Wege ins Spiel gebracht.

Ein Dauerbrenner ist hier die Idee der „neuen Gemeinnützigkeit“.

„Neu“ steht hier eher für den Willen, die Fehler nicht zu wiederholen. Weniger für einen wirklich neuen Ansatz.  Der wesentliche Anreiz soll weiterhin in einer Kombination aus Förderung und Steuervergünstigungen sein.

Nun kann man trefflich streiten, ob die Fehler nicht doch systemimmanent sind, also unvermeidbar. Ob es überhaupt sinnhaft ist, Steuervergünstigungen anzubieten, wo eigentlich gar keine zu versteuernden Überschüsse erwirtschaftet werden sollen. Ob Objekt- oder Subjektförderung das Mittel der Wahl sein sollte.

Viel wesentlicher dürfte aber sein, dass die heutigen Probleme am Wohnungsmarkt ähnlich sind, aber deren Ursache und Möglichkeiten der Bekämpfung andere. 

In der Blütezeit der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen standen zu wenig Kapital, zu wenig Investoren, aber viel Bauland aufgrund der massiven Kriegszerstörungen und der entsprechend großflächig arrondierten Freiflächen im Überfluss zur Verfügung. Außerdem war günstiger und schneller Wohnungsbau wegen des wesentlich geringeren Regulierungsumfangs beim Bauen noch tatsächlich möglich.

Heute sind weder Kapital noch potentielle Investoren das Problem. Vielmehr fehlt es an Bauland. Zusätzlich lassen die benötigten Zeiträume für Baulandentwicklung, Genehmigung und Bau von Wohnungen keine schnelle Reaktion auf gestiegene Bedarfe zu. Mit den neuen gemeinnützigen Wohnungsunternehmen wäre beim Neubau so, als würde ein weiteres Pferd auf eine Koppel gestellt werden, auf der bereits zu wenig Gras und Wasser vorhanden ist. Dass dieses Pferd Vitaminspritzen (Förderung und Steuervorteile) erhält, kann den grundsätzlichen Mangel nicht ausgleichen. Es wird sich kein neues Rennpferd entwickeln.

Da hilft auch nicht der getrübte Blick auf andere Wiesen. Der Wohnungsmarkt in Wien ist nach den Erkenntnissen von empirica nicht ohne weiteres mit dem deutschen Wohnungsmarkt vergleichbar. Nimmt man die notwendigen Anpassungen vor, ist die Gesamtbelastung der Mieter in deutschen Großstädten ähnlich bzw. in Berlin sogar geringer. Was dort aber anders ist, ist die Baulandentwicklung. Diese erfolgt nicht nach den Befindlichkeiten derer, die eine Wohnung haben, sondern nach den Bedarfen derer, die eine Wohnung suchen.

Wenn wir in Deutschland diesen Ansatz auch verfolgen würden, hätten wir eine „neue Baulandpolitik“ und damit wirklich neue Antworten.  

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