Aufzüge nachrüsten – Wohnwerte steigern

Bei der Modernisierung von Mehrfamilienhäusern entscheiden sich die Betreiber häufig für eine Aufzugsnachrüstung. Durch den Einsatz eines flexiblen Standardsystems konnten die Anlagen bei einem Objekt der WBG Weißwasser schnell installiert werden.

Steigende Ansprüche an den Wohnkomfort und eine zunehmende Überalterung der Gesellschaft setzen die Betreiber von Mehrfamilienhäusern ohne Aufzug unter Handlungsdruck. Oftmals müssen langjährige Mieter ihre angestammten vier Wände kündigen, da sie die Strapazen des Treppensteigens nicht mehr bewältigen können. Indes finden sich immer seltener junge Familien als potenzielle Nachmieter. Sie möchten beispielsweise auf den komfortablen Transport von Kinderwagen oder größeren Einkäufen nicht verzichten.

Michael Penk, Technischer Leiter bei der WBG – Wohnungsbaugesellschaft mbH Weiß­­wasser, ist mit dieser Problemstellung vertraut. Die WBG ist einer der größten kommunalen Vermieter in der Oberlausitz. Zum umfangreichen Wohnungsbestand zählen auch die für diese Re­­gion typischen Mehrfamilienhäuser aus den 1970er Jahren. „In der Vergangenheit hatten wir gerade bei solchen Objekten mit hohen Leerständen zu kämpfen“, so Michael Penk. „Natürlich mangelte es in vielerlei Hinsicht am Komfort. Auffällig war aber, dass sich gerade die oberen Etagen kaum noch vermieten ließen. Aus diesem Grund schließt bei uns die umfassende Modernisierung solcher Gebäude stets die Nachrüstung eines Aufzuges ein.“ Die Verwendung entsprechender Systemlösungen hält dabei den finanziellen und baulichen Aufwand verhältnismäßig gering.

 

Fassade oder Treppenauge?

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, einen Aufzug nachzurüsten. Einerseits lässt sich an der Außenseite des Gebäudes ein verglastes Schachtgerüst aus Stahl errichten, in dem die eigentliche Anlage installiert wird. Die Gesamtkonstruktion wird mit Hilfe einer Blechanarbeitung am Gebäude befestigt. Entsprechend sollte die Fassade eine ausreichende Tragfähigkeit aufweisen. Außerdem darf die Grundstücksbegrenzung nicht zu knapp bemessen sein. An-dererseits kann der Schacht auch direkt im Treppenauge ausgeführt werden. Die Stahlkonstruktion ist hierbei selbsttragend, eine Anbindung erfolgt lediglich auf den Etagen. Somit wird die Statik des Gebäudes kaum beeinflusst.

Eine Nachrüstung im Gebäudeinnern bot sich auch beim aktuellen Modernisierungsprojekt der WBG an: zwei sechsstöckigen Plattenbauten auf der Juri-Gagarin-Straße in Weißwasser. Grund­­legende Voraussetzung für diese Vor­­gehensweise war al­­lerdings ein Aufzugs-
system, das den be­­­­­grenzten Raum im Treppenauge möglichst optimal beansprucht.

 

Raumeffizientes Aufzugssystem

Mit dem Schindler 6300 kam ein einbaufertiges Aufzugsmodell zum Einsatz, das sich trotz des hohen Standardisierungsgrades durch große Flexibilität auszeichnet. Die Kabinen können sowohl in der Breite als auch in der Tiefe jeweils in 10-mm-Schritten gezielt angepasst werden, die Türen lassen sich in 50-mm-Schritten abstufen. So nutzen die Aufzüge der Juri-Gagarin-Straße mit einer Kabinengröße von etwa 1 000 x 1 000 mm die gegebenen Platzverhältnisse im Treppenauge exakt aus. Dabei ist die Förderkapazität auf 300 kg bzw. vier Personen ausgelegt.

Das raumeffiziente Aufzugskonzept findet bei den technischen Komponenten seine Fortsetzung. Der getriebelose Antrieb ist aufgrund seiner geringen Größe direkt im Schacht angeordnet, sodass kein gesonderter Maschinenraum eingerichtet werden musste. Ebenso wenig war ein separater Steuerschrank erforderlich. Stattdessen ist die Steuerung im Türrahmen untergebracht. Die moderne Antriebstechnologie sorgt zudem für ein hohes Maß an Laufruhe, was gerade bei Nachrüstungen im Wohnhausbereich ein besonders wichtiges Kriterium ist.

 

Geringer Energieverbrauch

Darüber hinaus legten die Betreiber großen Wert auf einen möglichst energiesparenden Betrieb der Anlagen. „Wir haben die Verbrauchsdaten der beiden Gebäude durch die Komplettmodernisierung auf das Niveau von Niedrigenergiehäusern gesenkt“, erläutert Michael Penk. „Selbstverständlich sollten die Aufzüge dem energieeffizienten Gesamtkonzept entsprechen.“ Die installierten Anlagen werden diesem An­­spruch in vielerlei Hinsicht gerecht. So führen neuartige Tragmittel an­­stelle herkömmlicher Stahlseile nicht nur für eine geringere Größe des Antriebs und höheren Fahrkomfort. Gleichzeitig wird eine direkte Kraftübertragung ohne Energieverluste gewährleistet. Zudem schalten sich das mit speziellen Energiesparlampen betriebene Kabinenlicht sowie Ventilator und Türantrieb bei Nichtbenutzung automatisch in den Standby-Modus. Auch das Bedientableau und die Etagenanzeiger sind mit energiesparenden LEDs ausgerüstet.

Anpassung an die Gebäudeoptik

Die nachgerüsteten Standardmodelle bieten überraschend vielseitige Gestaltungsmöglichkeiten. So konnten die Verantwortlichen der WBG Weißwasser zwischen vier Designlinien wählen, um die Kabinen harmonisch an die Gebäudeoptik anzupassen. Zu jeder Designlinie gehören bis zu acht verschiedene Farben oder Dekore. Insgesamt sind 20 verschiedene Kabinenausführungen möglich. Hinzu kommen verschiedene Spiegel-, Handlauf- und Tableauvarianten. Die Betreiber ent­­schieden sich für eine farbenfrohe und zu­­gleich robuste Ausführung: Die Wände sind in orangem Laminat gehalten. Schwarze PVC-Böden bilden hierzu einen schönen Kontrast. Glas­tableaus runden das moderne Erscheinungsbild ab.

 

Fazit

Ein Aufzug zählt heutzutage bei Mehrfamilienhäusern zunehmend zum Standard. Dank vorgefertigter Bauteile ist eine Nachrüstung in den meisten Immobilien schnell und kostengünstig möglich. In der Regel dauern die Ar­­beiten nur drei bis vier Wochen, wobei der genaue Zeitraum abhängig von der Größe des Aufzuges und der Anzahl der Haltestellen ist. Im Fall der beiden Mehrfamilienhäuser in Weiß­­­­wasser nahmen die Installation der Schacht­kons­truk­tionen und Anlagen insgesamt drei Monate in Anspruch. Dabei erbrachte das verantwortliche Aufzugsunternehmen Schindler die Bau-
leis­­­tung im bewohnten Zu­­stand. Zudem wurden parallel andere Modernisierungsarbeiten vorgenommen.

Für die WBG Weißwasser macht sich die In-
vestition auf alle Fälle bezahlt, wie Michael Penk bestätigt: „Wir haben ja bereits bei anderen Objekten mit der Nachrüstung solcher Anlagen sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Attraktivität und Vermietbarkeit steigt da­­durch schlagartig. Daher wird für uns diese Maßnahme auch künftig ein wichtiger Be­­standteil bei der Modernisierung unserer Immobilien bleiben.“

Der Antrieb ist aufgrund seiner geringen Größe direkt im Schacht angeordnet.

Dank vorgefertigter Bauteile ist eine Nachrüstung in den meisten

Immobilien schnell und kostengünstig möglich.

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