Von der ­Treppe in den ­Fahrstuhl

Aufzüge erhöhen die Wohnqualität und steigern den Wert der Immobilie

Der Weg in die oberen Stockwerke vieler Wohnbauten in Deutschland führt laut Sascha Seiß, Geschäftsbereichsleiter ­Modernisierung beim Aufzughersteller KONE, nach wie vor über die Treppe. Im Interview erklärt er, wie sich Aufzüge nachrüsten lassen, wann es sich lohnt, Altanlagen zu modernisieren oder auszutauschen, sowie die Vorteile, die sich für Eigentümer und Mieter ergeben. 

Herr Seiß, viele mehrgeschossige Wohnhäuser in Deutschland sind nach wie vor ohne Aufzug. Können Sie einschätzen, wie viele Gebäude nachträglich aufgerüstet werden müssten?

Ich kann zwar keine verbindliche Zahlen nennen. Allerdings müssen bei Gebäuden mit mehr als drei Vollgeschossen erst seit Mitte der 60er-Jahre Aufzüge eingebaut ­werden. Bei Wohnhäusern, die vor dieser Zeit gebaut wurden, dürfte der Anteil der Häuser ohne Aufzug mindestens bei 75 % liegen.

Wann macht der nachträgliche Einbau eines Aufzuges Sinn und inwiefern profitieren Eigentümer und Mieter davon?

Vermieter sollten ein Gespür für die Bedürfnisse ihrer Mieter entwickeln. Dem Studenten macht es ob seiner Jugend nichts aus, wenn er seine Altbauwohnung im fünften Stock nur über die Treppe erreicht. Ältere Mieter kann diese Wohnsituation bereits deutlich in ihrer Beweglichkeit einschränken. Vor dem Hintergrund einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft ist dieser Aspekt nicht zu unterschätzen: Ein Aufzug schafft mehr Mobilität, ältere Menschen können länger in ihrer Wohnung bleiben. Und: Neben zunehmenden Wohnkomfort steigt auch der Wert der Immobilie.

Welche Möglichkeiten haben Eigentümer, wenn ein Aufzug nachträglich eingebaut werden soll?

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten. Bei einem Treppenhaus mit ausreichend großem Treppenauge kann der Aufzug nachträglich innerhalb des Gebäudes installiert werden. KONE bietet hier bereits Lösungen für Treppenaugen ab gerade einmal 1,2 mal 1,2 m. Ist das Treppenhaus jedoch zu eng, erfolgt ein zusätzlicher Anbau für den Aufzugschacht. Beim Schachtgerüst handelt es sich in der Regel um eine Glas-/Stahlkonstruktion oder um einen gemauerten oder aus Beton gegossenen Anbau, der direkt an das Gebäude angeschlossen wird. Für welche Variante man sich entscheidet, sollte man von der Umgebung abhängig machen. Was nützt einem die schönste Glas-/Stahlkonstruktion, wenn sie wie ein Fremdkörper wirkt?

Müssen Mieter dem nachträglichen Einbau zustimmen?

Grundsätzlich benötigen Eigentümer keine Zustimmung ihrer Mieter. Allerdings erfahren sie im Dialog mit ihnen, ob der nachträglicher Einbau eines Aufzuges auf Akzeptanz stößt. Wir werden oft zu Eigentümerversammlungen eingeladen, um vor Ort zu beraten. Die Erfahrung zeigt, dass der Einbau eines Aufzuges in der Regel von den Mietern begrüßt wird.

Wie sieht es mit den Kosten aus, ist eine Umlage auf die Mieter möglich?

Diese Frage ist ein heißes Eisen, und eine rechtlich verbindliche Antwort kann ich darauf nicht geben. Natürlich werden bei Modernisierungsvorhaben auch Kosten auf Mieter umgelegt. Allerdings raten wir dazu, rechtzeitig Rücklagen zu bilden. Bei der realistischen Einschätzung der Kosten sind wir gerne behilflich.

Können Eigentümer, die sich für einen nachträglichen Einbau entscheiden, auch zinsgünstige Darlehen oder Förderungen in Anspruch nehmen?

Mir fällt hier das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ ein, bei dem Umbauwillige zinsgünstige Darlehen erhalten können, wenn sie in Maßnahmen investieren, um Barrierefreiheit anzustreben. Ob eine Förderung gewährt wird entscheidet die KfW abhängig von der Maßnahme, das Programm an sich ist aber begrüßenswert.

Gibt es auch bei Einfamilienhäusern einen Trend, nachträglich Aufzüge zu installieren?

Vielleicht nicht unbedingt einen Trend, aber: Die Zahl derer, die sich einen Aufzug für ihr Eigenheim gönnen, steigt. Hintergrund ist auch hier der Wunsch nach mehr Mobilität. Denn Senioren wollen so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben, in ihren eigenen vier Wänden alt werden und nicht von Hilfe und Pflege abhängig sein. Wenn die Beweglichkeit nachlässt, ist ein Aufzug eine große Erleichterung. 

Wenn schon eine Altanlage vorhanden ist, wann raten Sie zu einer Modernisierung und welche Aspekte sind dabei zu beachten?

Sehr wichtig ist der Sicherheitsaspekt: Circa 50 % der rund 700.000 Aufzüge in Deutschland sind älter als 20 Jahre. Seit 2003 werden Aufzugsanlagen durch die Gefährdungsbeurteilung sicherheitstechnisch bewertet. Dabei ist zutage getreten, dass hier teilweise gravierende Sicherheitsmängel vorliegen. Auch muss man sich jede Anlage einzeln anschauen: Wie ist der allgemeine Zustand, liegen oft Störungen vor und wo rühren diese her? Hat man die Ursache eruiert, kann man die entsprechenden Komponenten auswechseln und den Aufzug dadurch wieder auf einen sicheren, technisch zeitgemäßen Stand bringen.

Und wann würden Sie zum Austausch einer Anlage raten?

Generell gilt: Sobald zwei oder mehr Hauptkomponenten – zum Beispiel Antrieb, Steuerung und Türen – ausgetauscht werden müssen, ist ein Komplettaustausch in der Regel wirtschaftlicher als eine Modernisierung. Ich würde einen Austausch auch dann empfehlen, wenn es sich um einen Hydraulikaufzug aus den 70er- oder 80er-Jahren handelt. Dieser verbraucht im Vergleich zu einem Seilaufzug mehr als doppelt soviel Energie, durch das regelmäßig zu tauschende Hydrauliköl steigen die Kosten zusätzlich. Auch ökologisch ist das nicht unbedenklich. Waren Hydraulikaufzüge lange beliebt bei Architekten, da sie keinen Maschinenraum benötigen, überwiegen heute die Nachteile. Denn seit der Einführung des ersten KONE MonoSpace im Jahr 1996 sind auch Seilaufzüge ohne Maschinenraum erhältlich.

Circa 50 % der rund 700 000 Aufzüge in ­Deutschland sind älter als 20 Jahre.

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