Aus der Gründerzeit in die Moderne
Selbst denkmalgeschützte Objekte lassen sich den heutigen Standards weitgehend anpassen, wie ein aktuelles Beispiel aus Leipzig zeigt.
Immer mehr Menschen leben heute wieder gerne in der Stadt. Sei es der demografische Wandel oder die Zunahme an Single-Haushalten, die Nachfrage nach urbanem Wohnraum steigt. Eine gute Basis für Grundbesitzer oder Bauträgergesellschaften, um vorhandene Bausubstanz in gewachsenen Quartieren zu revitalisieren. Gleichzeitig setzen Stadtmenschen nicht nur auf den Charme von Altbauten, sondern auch auf energiesparenden Wohnraum.
Besonderer Bestandsschutz
Das mehrgeschossige Haus wurde um 1905 erbaut und stand zum Beginn der Sanierungsphase leer. Sowohl die Bausubstanz, als auch die gestalterischen Elementen zeugen von dem repräsentativen Charakter des Bauwerks im Stile der bürgerlichen Architektur der Jahrhundertwende im städtischen Bereich. Deshalb steht das gesamte Gebäude und somit auch die straßenseitige Fassade des in einem Leipziger Gründerzeitviertel liegenden Gebäudes unter Denkmalschutz. Unmittelbar an der Kreuzung von Arnoldstraße und Glafeystraße gelegen sind somit gleich zwei Fassaden von besonderem Bestandsschutz berührt.
Mehr Wohneinheiten
In den vier Vollgeschossen und dem teilweise ausgebauten Dachgeschoss konnten vor der Sanierung insgesamt neun Wohneinheiten und zwei Gewerbeeinheiten genutzt werden. Mit der umfassenden Sanierung soll das historische Gebäude nicht nur den aktuellen Standards angepasst, sondern die Nutzung auf insgesamt 19 Wohneinheiten ausgedehnt werden. Mit der Planung der weitreichenden Erneuerung beauftragte der Bauherr, die ERG Grundstücksgesellschaft mbH, Gehrden, die Leipziger Architektin Dipl.-Ing. Nora Seibt.
Passende Dämmung
Neben dem Austausch der gesamten Haustechnik, der neuen Raumaufteilung in den vier Vollgeschossen sowie dem weiteren Ausbau des Dachgeschosses lag das Augenmerk auch auf der Wärmedämmung des Gründerzeithauses. Schon bei einer allgemeinen Bewertung des U-Wertes der vorhandenen Bausubstanz wird deutlich, dass dieser weit unter den aktuellen Anforderungen liegt. Er ist je nach Dicke des Mauerwerkes aus für die Zeit typischen massiven Vollziegeln zwischen 1,96 bis 1,19 W/(m2K) anzusetzen (*). Um für die energetische Sanierung Fördermittel aus dem Förderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu erhalten, legte der eingeschaltete Energieberater Dipl.-Ing. S. Hemmann eine Anpassung zum KfW-Effizienzhaus 115 nahe. KfW-Effizienzhaus 115 bezeichnet das Neubauniveau (KfW 100) plus 15 %. Durch energetische Maßnahmen wie verbesserte Dämmung und eine effizientere Heizung benötigt ein KfW-Effizienzhaus 115 nach der Sanierung also nur 15 % mehr Primärenergie als ein vergleichbarer Neubau.
Außenwand-Innendämmsystem
An den beiden zum Innenhof liegenden Außenwänden konnte die energetische Verbesserung mittels eines WDVS erzielt werden. Dies war an den straßenseitigen Außenwänden aufgrund des höheren Denkmalschutzwertes nicht möglich, jedoch zum Erreichen des KfW-Effizienzhaus-115-Standards zwingend notwendig. Hier bot sich als Alternative das moderne Außenwand Innendämmsystem Ursa Click an. Das leistungsstarke Dämmsystem bietet einen energetisch hochwirksamen Kern aus Ursa Dämmfilz mit dem Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,032 W/ (mK). Damit ermöglicht das System mehr Dämmleistung bei gleicher Dämmstärke dank verbesserter Wärmeleitfähigkeit. Der wasserabweisend ausgerüstete Filz ist zusätzlich mit einem Glasvlies kaschiert, was für mehr Formstabilität sorgt und die raumhohe Verlegung der Dämmstoffbahnen erleichtert. Die Verlegung erfolgt direkt an der bestehenden Wand unter Minimierung des Fugenanteils. Fixiert wird der Dämmstoff mit den patentierten, dreiteiligen Ursa Clips. Dank des Kunststoffkopfes, der nach der Dämmstoffverlegung auf die Gewindestangen gesteckt wird, entstehen fast keine Wärmebrücken.↓
Überprüfte Effektivität
Bei zahlreichen Untersuchungen und Berechnungen wurde nicht nur die Leistungsfähigkeit dieses Dämmsystems auf unterschiedlichen Wandaufbauten überprüft, sondern auch deren Effektivität bezogen auf die Dämmstoffdicke. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wird das Außenwand-Innendämmsys-tem in den Dämmstärken 60 mm, 80 mm und 100 mm angeboten. Um etwaige Funktionsstörungen durch Tauwasseranfall oder Schimmelpilzbildung von vornherein auszuschließen, wurde das komplette System in zwei unterschiedlichen Altbaukonstruktionen von der MFPA Leipzig eingehend überprüft. Dabei wählte man Konstruktionen mit eher ungünstigen Rahmenbedingungen, wie z.B. eine Westwand mit sehr geringer Mauerstärke, der Schlagregenbeanspruchungsklasse III und eine Dämmstoffdicke von 100 mm. Sowohl bei der Ziegelmauerwerkkonstruktion als auch bei der Fachwerkwand ergab die rechnerische Simulation von mehreren Jahren keinerlei Hinweis auf Feuchteschäden. Vielmehr beurteilte die MFPA Leipzig in ihrem Prüfzeugnis das System als unkritisch.
U-Wert-Verbesserung trotz konstruktiver Einschränkung
An den straßenseitigen Außenwänden der vier Vollgeschosse, sowie im Drempelbereich des Dachgeschosses kam URSA Click in 60 mm Dicke zum Einsatz. Damit konnte der U-Wert der Gesamtkonstruktion auf 0,38 W(m2K) – bei Annahme eines durchschnittlichen U-Wertes des vorhandenen Mauerwerks von 1,50 W/(m2K) – reduziert werden. Dies ist eine U-Wert-Verbesserung, die trotz der konstruktiven Einschränkung fast an die Stan-dardanforderung – 0,035 W(m2K) bei Innendämmung – herankommt. Aufgrund der Sonderregelung der EnEV für denkmalgeschützte Gebäude wären keine Maßnahmen erforderlich gewesen. Dies hätte zur Folge, dass man den Mindestwärmeschutz nach DIN nicht eingehalten hätte. In bewohnten Räumen führt dies bekanntermaßen zu Feuchte- und Schimmelschäden. Durch die beschriebene Innendämmung sind die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN erfüllt und geben jedem Nutzer und Eigentümer die Gewähr einer an den heutigen Ansprüchen orientierten Sanierung.
Luftdichte Anschlüsse
Da viele der straßenseitig gelegenen Räume mit Stuckdecken verziert waren, wurden die Stuckelemente im Bereich der Außenwände entfernt. Nach der Installation der Innendämmung konnten diese dann wieder an Ort und Stelle rekonstruiert werden. Zur Dämmung der Außenwände von innen war es erforderlich, das System luftdicht an Decke, Boden und den Wänden anzuschließen. Hierzu verklebten die Fachhandwerker der Leipziger Firma Trockenbau Wündrich GmbH zunächst ein Dichtband. Anschließend befestigten sie die umlaufenden U-Profile luftdicht. Nach dem Anbringen der außenwandseitigen C-Profile montierten die Handwerker die Ursa Clips. Dann wurde der Dämmfilz eingepasst und mittels Kunststoffkopf fixiert. Abschließend montierten die Handwerker die C-Profile, indem sie diese oben und unten in die U-Profile einsteckten und auf dem Kunststoffkopf festclipsten.
Nach Abschluss der Dämmarbeiten erfolgte die Verlegung der zum System gehörenden Dampfbremse. Gerade an den Fensterlaibungen war es sehr wichtig, dass die Anschlussstreifen der Fensterrahmenprofile dauerhaft luftdicht mit der Dampfbremse verklebt wurden. Dazu musste die Dampfbremse sauber in die Laibung hinein verlegt und anschließend entsprechend verklebt werden. Nur so ist ein dauerhaft luftdichter Anschluss sichergestellt. Im Fußbodenbereich der Räume wurde die Dampfbremse wie vorgeschrieben am unteren Profil verklebt jedoch noch etwas weiter in den Raum geführt. Dadurch war der dauerhaft luftdichte Übergang zwischen neuem Fußboden und Außenwand sichergestellt. Zum Schluss konnten die Trockenbauplatten verschraubt werden.
Soweit möglich wurde das Außenwand-Innendämmsystem unterbrechungsfrei an der gesamten Außenwand montiert. Lediglich die Wohnungstrennwände durchbrachen aus brandschutztechnischen Gründen das System. Alle Raumtrennwände, die ebenfalls im Tro-ckenbausystem erstellt wurden, konnten direkt an das Außenwand Innendämmsystem wärmebrückenfrei angeschlossen werden.
High-Tech-Dämmung im Dach
Natürlich musste neben den Außenwänden auch das Dachgeschoss den wärmedämmtechnischen Standards angepasst werden. In Verbindung mit den umfangreichen Ausbauarbeiten kam es auch zum Einbau neuer Dachflächenfenster mit einem niedrigen Wärmedurchgangskoeffizienten. Während einerseits tragende Teile des Dachstuhls erhalten bleiben konnten, wurden andererseits in den ausgebauten Bereichen die Sparren und die Sparrenauflager erneuert oder aufgedoppelt. Dadurch erhielt man einen großen Zwischensparrenbereich, der vollständig zur Wärmedämmung genutzt wurde. Gedämmt wurde jeweils in den Steildachbereichen über die Kehlbalkendecke bis zum gegenüberliegenden Steildach, der Spitzboden blieb ungedämmt. Neben dem Spannfilz kam im Dachgeschoss des Gründerzeithauses auch der neue, rein weiße Hochleistungsdämmstoff PureOne zur Verwendung.
Natürlich gut
Die neue, reine, weiße und weiche Mineralwolle ist hoch Wärme dämmend und sehr gut Schall dämmend. Dazu ist sie natürlich nicht-brennbar (Euroklasse A1 nach DIN EN 13501- 1) und glimmt nicht. Zusätzlicher Vorteil ist der Verarbeitungskomfort. Denn die Mineralwolle ist weich und hautkomfortabel. Der nahezu staubfreie Dämmstoff ist zudem geruchsneutral und liefert ein sauberes Verarbeitungsergebnis.
Bindemittel auf Wasserbasis
Eine der entscheidenden Neuerungen ist das umweltfreundliche Acrylbindemittel auf Wasserbasis. Aufgrund dessen entsteht im Produktionsprozess von PureOne beim Aushärten des Bindemittels als einziges Nebenprodukt Wasserdampf. Darüber hinaus treten weder Emissionen von Formaldehyd auf, noch sind Lösungsmittel oder andere flüchtige Bestandteile (VOC) enthalten. Aus diesem Grund ist auch PureOne selbst formaldehydfrei und geruchsneutral. Weiterer Vorteil des Bindemittels: Es bietet Insekten, Bakterien oder auch Schimmelpilzen keinerlei Nährboden. Damit wird das Risiko eines entsprechenden Befalls nachhaltig unterbunden.
Ideale Lösung
Bei der Sanierung des mehrgeschossigen Gründerhauses in Leipzig konnte dank der leistungsstarken und modernen Dämmstoffe und Systeme das Wohnhaus energetisch saniert und zugleich die denkmalgeschützte Fassade erhalten werden. Die Kombination aus Außenwand-Innendämmung in den vier Vollgeschossen und Vollsparrendämmung im Dachgeschoss führte zudem zu einer deutlichen U-Wert-Verbesserung der jeweiligen Bauteile. Damit wird auch in diesem historischen Gebäude kostenbewusstes und energiesparendes Wohnen möglich.
Nach der Sanierung ist nun kostenbewusstes
und energiesparendes Wohnen möglich.
Um Funktionsstörungen durch Tauwasseranfall oder Schimmelpilzbildung auszuschließen, wurde das komplette System in zwei unterschiedlichen Altbaukonstruktionen überprüft.