Energie effizienter nutzen mit Contracting
Die Bundesregierung hat mit den Energiewendebeschlüssen vom 06. Juni 2011 ehrgeizige Ziele zur Energieeinsparung im Gebäudebereich vorgegeben: Der Wärmebedarf soll bis 2020 um 20 % und der Primärenergiebedarf bis 2050 um 80 % gesenkt werden. Die CO2-Emissionen sind bis 2020 um 50 % gegenüber 1990 zu senken. Bund, Länder und Kommunen sollen dabei gegenüber Unternehmen und Bürgern Vorbild sein und bei der Verbesserung der Energieeffizienz und dem Einsatz erneuerbarer Energien mit gutem Beispiel vorangehen. Dabei hat die öffentliche Hand nach § 7 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) insbesondere auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen zu achten. Angesichts knapper Haushaltskassen werden nachhaltige Instrumente zur Finanzierung und qualifizierten Umsetzung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen benötigt.
Eine Möglichkeit bietet hier das Energie-Contracting. Grundsätzlich unterscheidet man beim Contracting zwei Modelle, das Energiespar- und das Energieliefer-Contracting. Das Energiespar-Contracting ist eine vertraglich vereinbarte Energiedienstleistung zwischen einem Gebäudeeigentümer (Auftraggeber) und einem Contractor (Auftragnehmer): Der Contractor, ein privates, auf Energiedienstleistungen spezialisiertes Unternehmen, plant, finanziert und realisiert Maßnahmen zur Energieeinsparung und ist außerdem verantwortlich für Betrieb, Instandhaltung und Wartung der installierten Anlagen. Der Fokus liegt auf der Senkung des Energieverbrauchs. Die Energiekosteneinsparung, die so erzielt wird, garantiert der Contractor vertraglich. Ein vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) im Rahmen der Forschungsinitiative „Zukunft Bau“ durchgeführtes Forschungsvorhaben zeigt u.a. auf, dass die zu garantierende Einsparung und der dadurch gesteigerte Erfolgsdruck oft dazu beiträgt, einen deutlich größeren Maßnahmenumfang sowie ein gezielteres Monitoring und eine dementsprechend höhere Energieeinsparung gegenüber der Umsetzung in Eigenregie zu realisieren.[1] Für seine Dienstleistungen und die Investitionen erhält der Contractor einen Teil der Einsparung. Die Laufzeit solcher Verträge beträgt in der Regel zwischen sieben und zwölf Jahre. Energiespar-Contracting wird vor allem in großen Nichtwohngebäuden eingesetzt, wie zum Beispiel Schulen oder Verwaltungsgebäuden. Poolbildungen mehrerer kleinerer Liegenschaften sind ebenfalls denkbar. Energieliefer-Contracting ist dann besonders gut geeignet, wenn für die vorhandene Energieversorgungsanlage akuter Sanierungsbedarf besteht. Beim Energieliefer-Contracting plant der Contractor eine moderne und effiziente Energieversorgungsanlage – beispielsweise eine neue Heizkesselanlage – und investiert in diese. Über einen Vertragszeitraum von etwa zehn bis 20 Jahren liefert der Contractor beispielsweise Wärme und Strom zu fest vereinbarten Preiskonditionen. Der Contractor ist für Betrieb, Wartung und Instandhaltung dieser Energieanlagen verantwortlich. Sein wirtschaftliches Interesse konzentriert sich darauf, die Anlagen möglichst energieeffizient zu betreiben.
Kompetenzzentrum Contracting: Umfassende Informationen zum Energie-Contracting
Um die Potenziale zu erschließen und die Anwendung von Contracting zu erleichtern, gründete die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) im Auftrag durch das BMVBS im Jahr 2010 das Kompetenzzentrum Contracting für Gebäude.
Das Kompetenzzentrum steht Liegenschaftsbetreibern, Bauverwaltungen und Entscheidern aus Bund, Ländern und Kommunen bei allen Fragen zum Energie-Contracting zur Seite. Sein Internetportal enthält ein breites Informationsangebot von Basiswissen für Einsteiger bis hin zu Details spezieller Länderregelungen. Dreimal pro Woche beantworten dena-Experten über die Contracting-Hotline Fragen und bieten kostenfrei eine Initialberatung. Außerdem hat die dena diverse Leitfäden, Musterverträge und Praxishilfen zur Umsetzung von Contracting-Vorhaben veröffentlicht. Damit auch auf regionaler Ebene kompetente Ansprechpartner zur Verfügung stehen, kooperiert das Kompetenzzentrum mit einem bundesweiten Expertenkreis aus erfahrenen Vertretern von Landesenergieagenturen, Bau- und Finanzverwaltungen. Es wird daran gearbeitet, das Contracting-Instrument weiterzuentwickeln und die Ausschreibungs- und Vergabeverfahren zu vereinfachen und transparenter zu machen. Die Praxisdatenbank des Kompetenzzentrums Contracting zeigt erfolgreiche Contracting-Projekte mit Fotos und weiterführenden Details.
Contracting in der Praxis: Das Auswärtige Amt in Berlin
Eines der bislang größten vom Kompetenzzentrum Contracting betreuten Projekte ist das Auswärtige Amt in Berlin, das als erstes Bundesministerium seine Energieeffizienz durch ein Contracting-Modell erhöht hat. Eine verbesserte Energienutzung bei Wärme und Strom soll dort die jährlichen Energiekosten um fast ein Drittel senken.
Im Sommer 2010 wurde der Vertrag mit einem Contractor geschlossen; er läuft bis zum August 2021. Zur Senkung der Kosten setzt der Dienstleister beim Wärme-, Strom- und Wasserverbrauch an. Im Rahmen eines Contracting-Verfahrens wurde unter anderem eine neue Kältetechnik, moderne LED-Leuchten sowie eine Anlage zur solaren Lufterwärmung installiert. Zusätzlich hat man die Effizienz von Lüftungs- und Klimaanlagen verbessert. Zähler für Strom, Wasser und Wärmemengen machen ein genaueres Energiemonitoring möglich. Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) hat die Sanierungsmaßnahmen im Jahr 2008 angestoßen und das Ministerium bei der Umsetzung fachlich begleitet.
Festzuhalten ist, dass die Energiekosten in den bislang über 30 durchgeführten Projekten des Bundes um durchschnittlich 37 % gesenkt werden konnten. Über 30 Mio. € wurden dabei von privaten Unternehmen in die Liegenschaften investiert. Der finanzielle Aufwand wird ab dem ersten Jahr aus den eingesparten Energiekosten refinanziert und darüber hinaus der Haushalt des Bundes um mehr als eine Mio. € jährlich entlastet. Die Projekte des Bundes zeigen, dass mit Contracting hohe Einsparpotenziale – in einzelnen Liegenschaften sogar bis zu 50 % – erschlossen werden können. Zukünftig sollen auch Projekte umgesetzt werden, die nicht nur anlagentechnische Komponenten berücksichtigen, sondern auch die bauliche Sanierung. So kann die Energieeffizienz noch weiter gesteigert werden.
Energie-Contracting für Besitzer
privater Wohngebäude
Auch private Haushalte können mit Energie-Contracting einen bedeutenden Beitrag zu Energie-, Kosten- und CO2-Einsparungen leisten. In vielen Ein- und Mehrfamilienhäusern sind die Heizungsanlagen technisch veraltet. Diese verbrauchen viel Energie und verursachen gleichzeitig hohe Heizkosten. Daher gibt es in diesem Bereich inzwischen eine Reihe von sogenannten Mini-Contracting-Angeboten, die kosteneffiziente energetische Sanierungen von Wohngebäuden ermöglichen. Für die Eigentümer von Wohngebäuden ergeben sich ähnlich wie für Eigentümer von Nichtwohngebäuden eine Reihe von Vorteilen bei der Umsetzung von Contracting-Maßnahmen, z.B. die Abnahme von Risiken und Liquiditätsvorteile; je nach Art des Contractings; auch weitere wie die garantierte Energie- und Energiekosteneinsparung. Durch eine weitere Studie der Forschungsinitiative „Zukunft Bau“ wurde belegt, dass im Allgemeinen auch durch Mini-Contracting eine bessere Energieeffizienz erzielt wird als bei der normalen Heizungsmodernisierung. Weitere Potenziale können durch weitere Vergrößerung des Marktvolumens sowie bei der verstärkten Einbindung regenerativer Energien erschlossen werden. Bei vermietetem Wohnraum existieren darüber hinaus noch ungelöste Probleme bei der Umlegung der Kosten auf die Mieter.[2]
Weitere Informationen bietet das Kompetenzzentrum Contracting online unter