Finanzinvestoren verkaufen ihre Mietwohnungen

Das hohe Transaktionsvolumen von Mietwohnungsbeständen in den ersten sechs Monaten 2014 hat die Dynamik der vergangenen zwei Jahre bestätigt. Hintergrund ist der Ausstieg von Finanzinvestoren aus ihren Wohnungsinvestments über die Börse.

Seit Ende der 1990er wurden in Deutschland vermehrt Verkäufe von größeren Beständen an Mietwohnungen und ganzen Wohnungsunternehmen beobachtet. Mithilfe der Datenbank „Wohnungstransaktionen“ erfasst und analysiert das BBSR den Handel mit Mietwohnungsbeständen und die Veränderungen in der Anbieterstruktur. Die Datenbank umfasst alle Transaktionen mit mehr als 800 Wohnungen seit dem Jahr 1999. Als Reaktion auf das Marktgeschehen werden darüber hinaus seit dem zweiten Halbjahr 2006 kleine Transaktionen mit 100 bis 800 gehandelten Wohnungen in die Datenbank aufgenommen.

Wiederanstieg des Handels mit Mietwohnungsportfolios seit 2011

Nachdem infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise das Transaktionsgeschehen 2008 deutlich einbrach, ist seit 2011 ein kontinuierlicher Wiederanstieg zu verzeichnen. In den Jahren 2011 und 2012 lag das Marktgeschehen bei 90 000 bzw. 191 000 gehandelten Wohnungen, im Jahr 2013 wurde mit 302 000 verkauften Wohnungen das Vorkrisenniveau erreicht. Diese Entwicklung setzt sich im ersten Halbjahr 2014 fort und ist maßgeblich auf Großtransaktionen zurückzuführen.

In den ersten sechs Monaten des Jahres 2014 wurden 22 Verkäufe größerer Mietwohnungsbestände ab 800 Einheiten erfasst, wobei es sich bei acht Transaktionen um Großtransaktionen mit jeweils über 10 000 Wohnungen handelt. Acht Transaktionen mit mehr als 10 000 Wohnungen innerhalb eines Halbjahres stellen im gesamten Betrachtungszeitraum seit 1999 einen Höchstwert für Großtransaktionen dar.

Die hohe Zahl an Großtransaktionen und die verhältnismäßig geringe Zahl an Transaktionen mit einem Umfang zwischen 800 und 10 000 Wohnungen schlägt sich auf die Bedeutung für das Gesamtvolumen nieder. Von den insgesamt 236 000 gehandelten Wohnungen im ersten Halbjahr 2014 machen Großtransaktionen 82 % des Volumens aus. Lediglich 43 000 verkaufte Wohnungen wechselten in kleineren Transaktionen den Eigentümer.

Verkäufe an der Börse dominieren das Marktgeschehen

Bei fünf erfassten Verkaufsfällen – allesamt Großtransaktionen – handelt es sich um den Verkauf von Aktienpaketen an der Börse. Diese Transaktionen sind verantwortlich für 57 % des Marktvolumens im ersten Halbjahr 2014. Der Finanzinvestor Goldman Sachs verkaufte im Januar 2014 seine verbliebenen Anteile an der LEG Immobilien AG und realisierte so innerhalb eines Jahres nach Börsengang den Komplettausstieg aus seinem Investment (anteilig rd. 26 000 Wohnungen). Auch die Fortress Investment Group veräußerte in zwei Tranchen die verbliebenen Anteile an der GAGFAH Group (anteilig rd. 59 000 Wohnungen). Beim größten Wohnungsunternehmen Deutschlands, der Deutschen Annington, wurde ebenfalls der Ausstieg durch Aktienverkäufe und die Weitergabe von Aktien forciert.

Als Folge der Entwicklungen in den letzten Jahren sind mittlerweile fünf der zehn größten Wohnungsunternehmen in Deutschland an der Börse gelistet, alle fünf wurden in den Aktienindex MDAX aufgenommen. Neben dem Verkauf von Aktienpaketen über die Börse zeigen sich die börsengelisteten Unternehmen auch für den Großteil des weiteren Transaktionsgeschehens verantwortlich: Die Deutsche Annington erwarb in zwei Großtransaktionen insgesamt 41 000 Einheiten, die BUWOG Group 18 000 Wohnungen. Darüber hinaus tätigte die Adler Real Estate Group mehrere kleinere Zukäufe im ersten Halbjahr 2014.

Die Privatwirtschaft als entscheidende Akteursgruppe

Von den im ersten Halbjahr 2014 gehandelten 236 000 Einheiten (mit mehr als 800 Wohnungen) wurden 218 000 oder rund 92 % von privaten Akteuren verkauft. Dabei lassen sich rund 80 % der Verkäufe auf Investoren aus dem Ausland zurückführen. Insbesondere angelsächsische Investoren haben sich zuletzt von ihren Wohnungsinvestments getrennt; maßgeblich entscheidend waren die erwähnten Aktienverkäufe über die Börse. Bei den Käufern fällt der Anteil der Privatakteure mit rund 99 % noch höher aus als bei den Verkäufen. Ein gutes Drittel ging im ersten Halbjahr 2014 in die Hände von ausländischen Investoren (37 %), weitere größere Anteile gingen  in den Streubesitz an der Börse, der nicht eindeutig einer Käufergruppe zugeordnet werden kann. Es ist zu beobachten, dass kaum neue Portfolios auf den Markt kommen und stattdessen bereits gehandelte Bestände weiterverkauft werden: Im ersten Halbjahr 2014 machten Wiederverkäufe 99 % des Transaktionsgeschehens aus.

Die öffentliche Hand agierte im ersten Halbjahr 2014 äußerst zurückhaltend und war so gut wie gar nicht am Markt aktiv. In 2012 und 2013 hatten der Bund und die Länder in vier Transaktionen insgesamt 87 000 Wohnungen verkauft, im aktuellen Jahr wurde bisher kein Verkaufsfall ab 800 Wohnungen erfasst. Auch die Kommunen sind im ersten Halbjahr 2014 kaum am Transaktionsmarkt in Erscheinung getreten.

Über den gesamten Beobachtungszeitraum der BBSR-Datenbank „Wohnungstransakti-onen“ seit 1999 stellen Privatakteure mit einem positiven Saldo von 741 000 Einheiten die dominante Akteursgruppe dar. Mittlerweile sind angelsächsische Akteure die größte Verkäufergruppe. Durch den Ausstieg aus ihren Wohnungsinvestments ist ihre Bedeutung in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Die öffentliche Hand hat seit 1999 insgesamt etwas über eine Million Wohnungen verkauft, was 36 % der gesamten Verkäufe entspricht.

Nordrhein-Westfalen und Berlin als räumliche Schwerpunkte

Die Transaktionstätigkeit weist deutliche regionale Unterschiede auf. Im gesamten Betrachtungszeitraum – wie auch in den letzten Jahren – sind Nordrhein-Westfalen mit 735 000 gehandelten Wohnungen und Berlin mit 644 000 Einheiten die eindeutigen räumlichen Schwerpunkte des Marktgeschehens. Mit großem Abstand folgen Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bayern, Sachsen sowie Hessen. Im Gegensatz dazu stehen Bundesländer, in denen kaum Wohnungsbestände gehandelt werden, wie zum Beispiel das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz. Auch in Baden-Württemberg ist das Transaktionsgeschehen gemessen am Mietwohnungsbestand gering.

Privatwirtschaftliche Unternehmen stellen in nahezu allen Bundesländern die dominierende Akteursgruppe dar. Kommunale Verkäufe lassen sich insbesondere in Berlin mit 171 000 verkauften Wohnungen sowie in den neuen Ländern feststellen. In Berlin stehen den hohen Verkäufen allerdings kommunale Zukäufe von 78 000 Wohnungen gegenüber. Aktuell vergrößern die städtischen Wohnungsgesellschaften in Berlin ihre Bestände durch den Erwerb von kleineren Wohnungsbeständen und Neubau. Bund und Länder verkauften insbesondere in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus in Bayern und Hessen eigene Bestände.

Weiterführende Ergebnisse der BBSR-Datenbank „Wohnungstransaktionen“ wurden in der Reihe BBSR-Analysen KOMPAKT im Heft 10/2014 veröffentlicht und können unterforschung.wohnen@bbr.bund.de bestellt werden.

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