Trotz Run aufs „Betongold“: Wenig Bewegung am Markt
Die aktuellen Auswertungen der BBSR-Datenbank Wohnungstransaktionen zeigen, dass das Verkaufsgeschehen mit Mietwohnungsbeständen im Jahr 2020 weiterhin niedrig ist. Die Handelsdynamik wird maßgeblich von einer Großtransaktion an der Börse beeinflusst. Ein knappes Angebot trifft auf eine hohe Nachfrage und erschwert die Kaufbemühungen.
Der deutsche Transaktionsmarkt mit Portfolios von Wohnungsbeständen mit mehr als 800 Wohneinheiten ist von einer niedrigen Handelsdynamik geprägt. Die aktuellen Auswertungen der BBSR-Datenbank „Wohnungstransaktionen“ zeigen, dass 2020 insgesamt 21 Verkäufe durchgeführt wurden. Die Anzahl der Transaktionen ist schon länger rückläufig und hat sich gegenwärtig auf einem niedrigen Niveau konsolidiert.
Ein anderes Bild ist bei der Zahl der gehandelten Wohnungen zu beobachten. In den 21 Verkäufen des letzten Jahres wurden insgesamt rund 110.000 Wohneinheiten veräußert. Verglichen mit den beiden Jahren zuvor, als jeweils rund 71.000 Wohnungen gehandelt wurden, hat sich der Wert damit um mehr als 50 % erhöht. Die Corona-Pandemie hat keinen nennenswerten Einfluss auf die Verkaufsdynamik am deutschen Transaktionsmarkt. Der Wohnungsmarkt ist bei den Investoren weiterhin beliebt, das Marktgeschehen in der Folge auf niedrigem Niveau stabil.
Bei den Verkaufsfällen überwiegen noch immer die kleineren Größenklassen. In etwas mehr als der Hälfte der Verkaufsfälle wurden zwischen 800 und 2.000 Wohnungen erworben, ein weiteres Viertel fand in der nächstgrößeren Klasse mit 2.000 bis 5.000 Einheiten statt. Für das gesamte Transaktionsvolumen, das sich auf die Zahl der gehandelten Wohnungen bezieht, sind diese beiden Größenkategorien mit einem Marktanteil von 28 % deutlich weniger maßgeblich.
Entscheidend ist hierbei eine Großtransaktion aus dem Frühjahr 2020: Mit der Übernahme der Adler Real Estate AG durch die ADO Properties an der Börse wurden anteilig über 50.000 Wohnungen veräußert. Verkaufsfälle mit mehr als 10.000 verkauften Einheiten – sogenannte Großtransaktionen – sind seit der Abnahme des Transaktionsgeschehens im Jahr 2016 selten. So kam es in den letzten fünf Jahren zu lediglich fünf Verkäufen solcher Größenordnung, die als Folge dessen einen deutlichen Einfluss auf das jeweilige Marktgeschehen eines Jahres haben. Die erwähnte Übernahme bei den Immobilien-Aktiengesellschaften besitzt einen Marktanteil von 48 % am Handelsvolumen des vergangenen Jahres 2020.
Die fünf Phasen der Transaktionstätigkeit
Das Jahr 2020 weicht trotz eines höheren Transaktionsumfangs vom Transaktionsumfang der beiden Hochphasen von 2004 bis 2007 bzw. von 2012 bis 2015, als bis zu 360.000 Wohnungen pro Jahr verkauft wurden, deutlich ab. Das Transaktionsgeschehen, das seit 1999 durch die BBSR-Datenbank beobachtet wird, lässt sich insgesamt in fünf verschiedene Phasen einteilen. Nach einer Anfangsphase, in der ein zunehmender Verkauf von Wohnungsportfolios zu beobachten war, kam es 2004 zu einem sprunghaften Anstieg des Handelsumfangs. Hintergrund war der Verkauf umfangreicher Mietwohnungsportfolios im Besitz der öffentlichen Hand sowie deutscher industrieverbundener Unternehmen an angelsächsische Investoren.
Das rege Transaktionsgeschehen endete mit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008 abrupt: Während zwischen 2004 und 2007 durchschnittlich über 300.000 Wohnungen in mehr als 50 Verkäufen veräußert wurden, kam es in der nun folgenden Tiefphase im Mittel zu lediglich 17 Transaktionen mit knapp 70.000 verkauften Wohnungen im Jahr. Ab 2012 setzte mit der Erholung an den Finanzmärkten eine zweite Hochphase ein, die von den Verkäufen internationaler Finanzinvestoren geprägt waren. Diese nutzten die sich bietenden Chancen des Marktes, um über die Börse aus ihren Wohnungsinvestments auszusteigen. Die neuen börsengelisteten Wohnungsunternehmen verfolgten aktiv Wachstumsstrategien, die zu großen Portfoliozukäufen und gegenseitigen Übernahmen führten.
Mit im Durchschnitt 283.000 gehandelten Wohnungen p. a. kam es in der zweiten Hochphase des Transaktionsgeschehens zu einer deutlichen Zunahme der Handelsaktivitäten. Seit 2016 hat sich das Marktgeschehen aufgrund eines fehlenden Angebots an verfügbaren Portfolios merklich beruhigt. Ausnahme bilden wie im vergangenen Jahr 2020 vereinzelte Großtransaktionen, die in der Mehrzahl von den börsengelisteten Wohnungsunternehmen durchgeführt werden.
Publikums-AGs dominieren
Das Marktgeschehen wird seit vielen Jahren maßgeblich von den privaten Akteuren bestimmt. Insbesondere die Gruppe der Privateigentümer ohne Zuordnung ist 2020 mit rund 65.000 Wohnungen als Verkäufer in Erscheinung getreten. Dieser hohe Wert lässt sich vor allem auf die Übernahme der Adler Real Estate AG durch die ADO Properties im Frühjahr zurückführen. Die Publikums-AGs ohne kontrollierenden Mehrheitseigentümer sind aufgrund einiger Portfoliobereinigungen mit einem Marktanteil von 13 % die zweitbedeutendste Verkäufergruppe.
Die hohe Bedeutung der Publikums-AGs für den deutschen Transaktionsmarkt zeigt sich besonders stark bei den Zukäufen. 73.000 der 110.000 gehandelten Wohnungen – und damit ein Marktanteil von 70 % - wurden von dieser Akteursgruppe erworben. Alle großen Gesellschaften wie die Vonovia SE, die Deutsche Wohnen SE, die LEG Immobilien AG und die TAG Immobilien AG waren am Markt als Käufer aktiv. Daneben haben sich angelsächsische Akteure wieder stärker am Markt gezeigt: Mit 21.000 erworbenen Wohnungen sind sie für ca. ein Fünftel der zugekauften Wohnungen verantwortlich und damit die zweitbedeutendste Käufergruppe. Zuletzt hatten sie im Jahr 2017 eine ähnlich hohe Bedeutung am Handelsvolumen.
Attraktiver Wohnungsmarkt
Das Verkaufsgeschehen am Markt mit Mietwohnungsbeständen ist 2020 in Bezug auf die Handelsdynamik vergleichbar mit den letzten Jahren nach dem Ende der zweiten Hochphase des Transaktionsgeschehens ab 2016: Die Anzahl der Transaktionen bleibt aufgrund der geringen Verfügbarkeit an Wohnungspaketen gering, der Transaktionsumfang wird von einzelnen Großverkäufen, häufig in Form von Übernahmen an der Börse, beeinflusst.
Maßgebliche Akteursgruppe sind hierbei in der Regel die Publikums-AGs ohne kontrollierenden Eigentümer. Diese erweitern oder bereinigen ihre Bestände punktuell, verfolgen ihre Wachstumsbemühungen aber auch auf anderem Wege. Neubauaktivitäten, häufig über den Kauf von Projektentwicklungsgesellschaften, sowie Erweiterungen des Wohnungsbestandes im Ausland stehen hoch im Kurs. Die 2020 beobachtete Zunahme der Aktivitäten von ausländischen Akteuren lässt auf eine weiterhin hohe Attraktivität des deutschen Wohnungsmarktes als Anlageziel schließen.
Diese Popularität wurde durch die Corona-Pandemie nicht geschmälert, sondern eher verstärkt, da sich der deutsche Wohnungsmarkt krisenfester als so manche alternative Anlagemöglichkeit gezeigt hat.
Die Corona-Pandemie hat keinen nennenswerten Einfluss auf die Verkaufsdynamik am deutschen Transaktionsmarkt.
Das Marktgeschehen wird seit vielen Jahren maßgeblich von den privaten Akteuren bestimmt.
Die Anzahl der Transaktionen bleibt aufgrund der geringen Verfügbarkeit an Wohnungspaketen gering.
BBSR-Datenbank Wohnungstransaktionen
In der Datenbank des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) werden seit 1999 Transaktionen von großen Wohnungsportfolios ab 800 Wohnungen erfasst und analysiert. Die Einrichtung der Datenbank ist vor dem Hintergrund vermehrter Verkäufe von größeren Beständen an Mietwohnungen und ganzen Wohnungsunternehmen in Deutschland seit Ende der 1990er Jahre entstanden.
Als Reaktion auf das sich wandelnde Marktgeschehen werden darüber hinaus seit dem zweiten Halbjahr 2006 kleine Transaktionen mit 100 bis 800 gehandelten Wohnungen in die Datenbank aufgenommen. Die Datenbank basiert auf systematischen Recherchen unterschiedlicher öffentlicher Print- und Internetquellen.
Die Veröffentlichungen zur Datenbank können unter E-Mail bestellt werden. Die neueste Auswertung der Datenbank zum Handelsgeschehen im Jahr 2020 ist in den BBSR-Analysen KOMPAKT 07/2021 erschienen, eine umfassende Analyse der letzten zwanzig Jahre in den BBSR-Analysen KOMPAKT 05/2020.