Contracting: Heizungssorgen auslagern

Die Energiewende ist ins Stocken geraten: Weder konnte man mit der bisherigen energetischen Gebäudesanierung deutliche Effekte erzielen, noch fällt der Neubau, der die Vorgaben der Energieeinsparverordnung berücksichtigt, bisher ausreichend ins Gewicht. Vor dem Hintergrund des Energieverbrauchs in Deutschland bis 2020 gegenüber 1990 um 40 % zu reduzieren, gilt es daher, weitere Energieeffizienzpotenziale zu heben. 

Über 80 % des Energieverbrauchs in Privathaushalten gehen auf Heizungswärme und Warmwasser zurück. Hier liegen große Potenziale für Energie- und Kosteneinsparungen bei der Wärmeversorgung von Immobilien, die noch lange nicht ausgeschöpft sind. So geht der witterungsbereinigte Energieverbrauch in Immobilien seit 2008 bei Erdgas nur durchschnittlich um 1,6 % und bei Heizöl und Fernwärme um jeweils 1,3 % zurück. Das zeigt das Ausbleiben einer deutlichen Energieeffizienzsteigerung in den vergangenen Jahren.

Optimierung der Heizungsanlage

Neben einer Optimierung der Anlagentechnik bietet dessen Erneuerung großes Potenzial. Denn neue Heizungsanlagen sind im Vergleich zu älteren in der Regel deutlich effizienter. Wie eine Studie des Umweltbundesamtes* belegt, sind hierzulande nur etwa 12 % der 16,5 Millionen installierten Gas- und Ölheizkessel auf dem aktuellen Stand der Technik. Es besteht also Handlungsbedarf.

Für die Modernisierung der Heizungsanlage empfiehlt sich eine professionelle Betriebsführung durch Contracting. Dabei lagert der Immobilieneigentümer die gesamte Wärmeversorgung an einen professionellen Energiedienstleister aus. Dieser Contractor übernimmt die Kosten und den Aufwand für den Betrieb sowie die Instandhaltung der Heizungsanlage. Zudem erarbeitet er wirtschaftliche Wärmekonzepte und zeigt hier die bestmögliche Lösung auf. 

Immobilieneigentümer erhalten so eine mo­­­derne Heizungsanlage ohne eigenes Kostenrisiko und schonen gleichzeitig ihre Liquidität. Darüber hinaus weisen die professionell betriebenen Anlagen einen höheren Jahresnutzungsgrad auf und tragen dadurch zu einer höheren Energieeffizienz sowie CO2-Vermeidung im Sinne der Energiewende bei. 

Bis zu 40 % weniger Primärenergieeinsatz

Blockheizkraftwerke (BHKW) produzieren auf Basis von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) neben der Wärme für Heizung und Warmwasser auch noch Strom. Durch eine solch kombinierte Erzeugung von Wärme und Strom kann die Energie mit bis zu 40 % weniger Primärenergieeinsatz als bei getrennter Erzeugung bereitgestellt werden. Auch die Stromerzeugung ist deutlich umweltfreundlicher und effizienter, als die in einem Großkraftwerk. Contractoren übernehmen im Rahmen der Wärmelieferung die gesamte Verantwortung für die Planung, Errichtung, Finanzierung und den Betrieb des BHKW.

Umweltfreundliches Energiekonzept in Berlin

Eine solche Versorgung mit Wärme und Strom durch den Einsatz von KWK eignet sich insbesondere für große Gebäudekomplexe oder komplette Stadtquartiere und somit auch für das BUWOG-Wohnquartier „52 Grad Nord“. Direkt in Berlins wasserreichstem Bezirk Treptow-Köpenick sollen bis 2021 auf einem rund 100.000 m² großen Wassergrundstück rund 700 bis 800 Eigentumswohnungen, Reihenhäuser und eine Kindertagesstätte entstehen.

Das Energieversorgungskonzept sieht eine eigene dezentrale Wärmestation und die Erzeugung von Wärme und Strom direkt im Quartier vor. Im September 2015 hat Techem mit dem Bau des Nahversorgungsnetzes begonnen und die Halle für die Wärmeerzeugungsanlagen in einer von BUWOG errichteten Energiezentrale übernommen.

Voraussichtlich ab 2022 soll für etliche Reihen- oder Einfamilienhäuser eine jährliche Wärmeabgabe von ungefähr 4.100 Megawattstunden zu einem Primärenergiefaktor von 0 erfolgen.

Mindestens 60 % der im BUWOG-Quartier benötigten Wärmeenergie werden durch zwei mit Biomethan betriebene BHKW erzeugt, sodass Klima und Umwelt entlastet werden. Der erste Bauabschnitt der Anlage soll im Mai diesen Jahres abgeschlossen sein. Dazu gehören ein Kessel mit 1.220 Kilowatt (kW), ein BHKW mit 100 kW elektrischer und 162 kW thermischer Leistung sowie drei Pufferspeichern à 5.000 Liter. Mit der Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts mit einem weiteren BHKW sowie einem Kessel gleicher Größe wird in 2018 gerechnet, im letzten Bauabschnitt 2020 kommen ein weiteres BHKW sowie zwei Gas-Brennwert-Kessel für den Spitzenlastbetrieb hinzu.

31.000 Tonnen weniger CO2-Ausstoß in Regensburg

Für das Candis-Viertel im östlichen Regensburg hat Techem ebenfalls ein Versorgungskonzept mit BHKW erstellt. Es umfasst neben den beiden mit Biomethan betriebenen BHKW und zwei Spitzenlastkesseln auf Erdgasbasis auch einen Wärmespeicher mit 60.000 Litern Fassungsvermögen, um die Wärmeerzeugung optimal zu gestalten. Die KWK-Anlagen bestehen aus zwei Aggregaten mit Zwölf-Zylinder-Motoren. Sie haben eine elektrische Leistungsstärke von 600 beziehungsweise 650 kW thermischer Leistung und liefern etwa 90 Prozent der benötigten Wärme. Die restliche Wärme wird von zwei Erdgaskesseln mit jeweils 1.900 kW Heizleistung erbracht.
Der CO2-Ausstoß im Candis-Quartier liegt durch die BHKW-Nutzung über die Laufzeit des Wärmeliefervertrages von 15 Jahren um knapp 31.000 Tonnen unter einer herkömmlichen Wärme- und Stromerzeugung. Der im BHKW erzeugte Strom wird auf Basis der bisherigen Rahmenbedingungen ins öffentliche Stromnetz eingespeist und an der Leipziger Strombörse vermarktet.

Durch die variable Schaltung der BHKW in Verbindung mit dem großen Wärmespeicher kann der Energiedienstleister im Candis-Viertel positive und negative Regelenergie anbieten. Da sich Schwankungen im Stromnetz zum Beispiel aufgrund von Photovoltaik-Strom und Windenergie mit dieser Reserve ausgleichen lassen, leistet die Anlage einen weiteren Beitrag zur Energiewende.

* Energieeffizienzdaten für den Klimaschutz vom Umweltbundesamt, August 2012

Für die Modernisierung der Heizungsanlage empfiehlt sich eine professionelle Betriebsführung durch Contracting als Alternative zur eigenen Investition.

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