Contracting mit Biomethan‑BHKW
Nachhaltige Energieversorgung steigert Attraktivität einer denkmalgeschützten Zechensiedlung.
Hohe Wärmekosten führten nach dem Versiegen der Versorgung mit günstigem Grubengas in der Ahlener Zechensiedlung Eckelshof zunehmend zu Protesten und Abwanderungstendenzen der Mieter. Die Lösung bot ein in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten entwickeltes Contracting-Konzept, das mit modernem Nahwärmenetz sowie einem Biomethan-Blockheizkraftwerk eine deutliche Kostenentlastung sowie erhebliche CO2-Einsparung ermöglichte und dadurch die Attraktivität und den Vermietungsgrad der Siedlung wieder steigerte.
Etwa um 1920 entstand in Ahlen-Neustadt die heute denkmalgeschützte Bergarbeitersiedlung Eckelshof. Mieter waren die in der nahegelegenen Zeche Westfalen beschäftigten Bergleute mit ihren Familien. 2007 gingen diese Bestände der Bauverein Glückauf GmbH in die Bewirtschaftung der Evonik Wohnen GmbH über. Die wiederum schloss sich Anfang 2012 mit der THS GmbH (Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten) zur Vivawest Wohnen GmbH zusammen, die heute mit rund 130 000 Wohnungen das drittgrößte deutsche Immobilienunternehmen sowie Branchenführer in Nordrhein-Westfalen ist.
Insgesamt umfasst die Zechensiedlung rund 1 000 Wohnungen. Beheizt wurden die Häuser anfangs mit Einzelfeuerstätten. Mitte der 1980er Jahre erfolgte im südlichen Teil der Siedlung die Umstellung auf ein zentrales Wärmeversorgungsnetz, das mit preiswerter Wärme aus dem Heizkraftwerk der Zeche gespeist wurde. Diese Wärmelieferung endete mit der Schließung der Zeche und ihres Kraftwerks im Jahr 2000. Für die insgesamt 456 betroffenen Wohnungen wurden nun eine Heizzentrale mit zwei Ölkesseln und einer Gesamtleistung von 3 500 kW sowie das erforderliche Nahwärmenetz errichtet. Der Grundpreis für die Wärme war relativ hoch, da in der ursprünglichen Planung die gesamte Siedlung an das Wärmenetz angeschlossen werden sollte, was jedoch später wieder verworfen wurde. Zusätzlich erhöhten sich für die unzureichend gedämmten Wohnungen bei gleichzeitig steigenden Heizölpreisen auch die Verbrauchskosten.
Drohender Leerstand
Einige Jahre lang konnten die Mieter noch durch eine Übergangslösung entlastet werden, die das verbleibende Grubengas mit Hilfe von Blockheizkraftwerken (BHKW) nutzte und die Abwärme über eine Fernleitung in die Heizzentrale der Wohnsiedlung einspeiste. Anfang 2007 versiegte das günstige Grubengas jedoch vollends und die danach kontinuierlich steigenden Wärmekosten führten schließlich zu massiven Protesten der Mieter bis hin zur Abwanderung einiger Familien. Um den drohenden Leerstand in der Zechensiedlung noch abwenden zu können, war eine kostengünstigere Wärmeversorgung dringend erforderlich. „Manche Familien mussten bis zu 2,50 €/m² an Heizkosten-Vorauszahlung leisten. Bei einer Wohnfläche von 75 bis 85 m² waren hier 200,00 € pro Monat durchaus üblich und die Mieter mussten trotzdem mit Nachzahlungen rechnen“, erklärt Thorsten Röttcher, seinerzeit Leiter des Kundencenters Ahlen/Hamm der Wohnungsbaugesellschaft. „Durch die nachweislich sehr hohen Wärmekosten sank die Attraktivität der Wohnungen. Also brauchten wir schnell eine Lösung, was allerdings keine leichte Aufgabe war. Wir hatten unzureichend gedämmte Bausubstanz, bindende Auflagen seitens des Denkmalschutzes und wollten gleichzeitig die Investitionskosten niedrig halten und ein langfristiges, nachhaltiges Konzept entwickeln.“
Optimale Lösung mit Biomethan-BHKW
Federführend bei der Suche nach einem alternativen Energiekonzept war der Wärmelieferant RWE Energiedienstleistungen GmbH (RWE ED) aus Dortmund. Die Herausforderung lag darin, dass die Investition in die primärenergetisch effiziente Sanierung den Grundpreis nicht weiter erhöhen durfte. Für den Kundenmanager des Energiedienstleistungsunternehmens, Stephan Schmidt, stellte die schwierige Ausgangssituation einen zusätzlichen Anreiz dar: „Wir verstehen es als unsere Aufgabe, nach sorgfältiger Analyse des Ist-Zustandes für unsere Kunden die optimale Lösung zu finden, auch wenn die Rahmenbedingungen mitunter diffizil sind.“ Verschiedene Ansätze – wie etwa eine dezentrale Wärmeversorgung – scheiterten am fehlenden Erdgasanschluss und Nutzraumangebot der Häuser. Darüber hinaus hätte eine reine Erdgasversorgung durch die Koppelung an den Weltölpreis nur einen Aufschub der Preissteigerungen bedeutet.
Im Zentrum der gemeinsam gefundenen Lösung stand schließlich ein im Rahmen eines Contractings neu zu errichtendes BHKW, das Biomethan – ein Bioerdgas – als Primärenergieträger nutzt. Dafür benötigte die Heizzentrale lediglich einen Anschluss an das Gasnetz der Stadtwerke Ahlen. Der Vorteil dieser Lösung: Während Abwärme des Motors für die Beheizung der Siedlung zur Verfügung steht, wird nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung gleichzeitig grüner Strom erzeugt und in das Netz des örtlichen Energieversorgers eingespeist. Ein Teil der Investition konnte so durch Einnahmen aus Stromerlösen refinanziert werden.
Die technische Umsetzung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der 2G Energietechnik GmbH aus Heek. Das BHKW wurde aus Platzgründen in einem schallgedämpften Container direkt neben der Heizzentrale installiert. Es verfügt über eine thermische Leistung von 344 kW und liefert mit 1 280 MWh pro Jahr rund 35 % der in der Zechensiedlung benötigten Wärmemenge. Gleichzeitig erzeugt es bei einer elektrischen Leistung von 250 kW jährlich etwa 940 MWh Strom, die in das öffentliche Netz eingespeist werden. Um die verbleibenden 65 % Wärme bereitstellen zu können, wurde einer der bestehenden Heizölkessel übernommen und mit einem geeigneten Brenner für den Erdgasbetrieb umgerüstet.
Kostenentlastung durch Contracting
Im Rahmen des Contractings investierte der Dortmunder Energiedienstleister rund 400 000 € in die moderne Technik. Damit konnten die Heizkosten der Mieter jährlich um etwa 100 000 € reduziert werden. Eine wichtige Grundlage hierfür war eine Investitionsbeteiligung der damaligen Evonik Wohnen in Höhe von rund 120 000 €. Angesichts der um 23 % verringerten Heizkosten erhielt ein Großteil der Mieter schon im ersten Abrechnungszeitraum ein Guthaben aus den Abschlagszahlungen ausbezahlt.
Ein Teil des Invests refinanziert sich durch den Stromverkauf nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Durch den Einsatz von Biomethan reduziert sich in der Zechensiedlung der CO2-Ausstoß bei der Wärmeerzeugung um 1 050 t pro Jahr. Aus diesem Grund wird der vom BHKW erzeugte Strom im Rahmen des EEG 20 Jahre lang mit einem Bonus gefördert. Die Vergütung für die Stromeinspeisung liegt dabei etwa doppelt so hoch wie für ein BHKW, das mit konventionellem Erdgas betrieben wird. In der Zechensiedlung Eckelshof profitieren die Mieter zusätzlich von einer festgelegten jährlichen Preissteigerung von nur 2 % für das Biomethan.
Dieses Modell ist für Wohnungsunternehmen auch daher besonders interessant, da sie auf diese Weise mit geringen oder gar keinen eigenen Investitionen die Anlagentechnik auf den neuesten Stand bringen. Den Gesellschaften steht dadurch mehr Kapital für ihre Kernaktivitäten zur Verfügung. Darüber hinaus profitieren sie von langfristiger Planungs- und hoher Versorgungssicherheit, währen die finanziellen und technischen Risiken vom Contractor übernommen werden.
Gestiegene Wohnattraktivität
Die Erfahrungen aus dem Projekt waren bereits nach der ersten Heizperiode für alle Beteiligten rundum positiv. Die Siedlung verfügt nun über eine nachhaltige und hochmoderne Energieversorgung mit einem sehr guten Gesamtwirkungsgrad von rund 90 %, die erhebliche CO2-Einsparungen ermöglicht.
Gleichzeitig werden die Mieter im Rahmen des Contractings finanziell entlastet, was zu einer besseren Vermietbarkeit der Liegenschaft führt. So hat das neue Energieversorgungskonzept die Attraktivität der alten Zechensiedlung deutlich erhöht, wie die Anfragen rückkehrwilliger sowie neuer Mieter beweisen.
„Wir spüren wieder große Zufriedenheit bei den Mietern der Siedlung“, so Röttchers Fazit. „Ausschlaggebend war meiner Ansicht nach, dass wir alle an einem Strang gezogen haben. Das gilt besonders für unseren Partner RWE Energiedienstleistungen, der eine kompromissfähige und effiziente Lösung entwickelt hat.“
Durch den Einsatz von Biomethan reduziert sich in der Zechensiedlung der CO2-Ausstoß bei der Wärmeerzeugung um 1 050 t pro Jahr.
Dieses Modell ist für Wohnungsunternehmen interessant, da sie auf diese Weise mit geringen oder gar keinen eigenen Investitionen die Anlagentechnik auf den neuesten Stand bringen.