Ideen für die Gebäude von morgen
In einer Serie mit dem BMUB präsentieren wir Projekte aus der Bauforschung. In Teil 33 geht es um die regelmäßig stattfindenden Projekttage der Bauforschung.
Die Forschungsinitiative Zukunft Bau ermöglicht vielfältige Ideen für das Bauen von morgen. Sie ist deutschlandweit eine erste Adresse zur Förderung der angewandten Gebäudeforschung. Dreimal im Jahr richtet sie die Projektetage der Bauforschung aus. Hier gewährt sie Einblicke in laufende Forschungsprojekte und vernetzt Bauforschende und Fachexperten aus der Bauwirtschaft. Im Rahmen der fachlichen Betreuung der Antragsforschung der Forschungsinitiative Zukunft Bau werden Zwischen- und Endergebnisse von Forschungsprojekten gebündelt nach Themen in wissenschaftlichen Kolloquien vorgestellt und diskutiert. Die jeweils zweitägigen Projektetage zeichnen sich durch eine Themenvielfalt im kompakten Querschnitt aus und finden im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Bauforschung (BBSR) in Bonn statt.
Herzstück Antragsforschung
Die Forschungsprojekte speisen sich aus dem Pool der so genannten Antragsforschung, dem Herzstück der Forschungsinitiative. Bei der Antragsforschung können Forschungsthemen aus dem Bauwesen von Forschenden individuell formuliert werden. Die Themen müssen dabei von besonderem öffentlichen Interesse sein und sich innovativ auf die Bauwirtschaft auswirken. Erfolgsversprechend sind Projekte, bei der Wissenschaft und Wirtschaft kooperieren. Solche Verbünde und Forschungsideen ‚vom Markt‘ fördert die Forschungsinitiative Zukunft Bau durch anteilige Bundeszuwendungen und Transferleistungen.
Beeindruckende 2.200 Anträge wurden seit Bestehen der Initiative im Jahr 2006 gestellt, von denen 450 als Projekte gefördert werden konnten. Seither wächst stetig der Forschungs- und Wissenspool rund um das zukünftige Planen und Bauen.
Rückblick 6. Projektetage der
Bauforschung
Am 6. und 7. Juni 2017 gingen die Projektetage der Bauforschung in die sechste Runde: Etwa 110 Experten aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen folgten der Einladung des BBSR und stellten Thesen und Ergebnisse ihrer Arbeit zur Diskussion. Im Mittelpunkt standen der Austausch und die Vernetzung zu aktuellen Themen der anwendungsorientierten Bauforschung.
Die Agenda umfasste 30 Projektvorstellungen in neun Themenblöcken rund um Holzbau, Hightech Materialien und Methoden, Bauphysik, Gebäudebetrieb und Bauen im Bestand. Teilnehmende profitierten vom Austausch zu den Projektergebnissen selbst und zum Bauwesen allgemein. So können Forschungsunternehmungen qualitativ verbessert und vernetzt bzw. Zukunftserwartungen an die Bauwirtschaft erkundet und besser abgeschätzt werden.
Im Fokus: Konstruktion und Schallschutz im Holzbau
Im Themenblock Holzbau widerspiegelten zehn vorgestellte Projekte die steigende Bedeutung des nachwachsenden Rohstoffs für die Bauwirtschaft. Viel geforscht wird derzeit an industriellen Fertigungsmethoden, optimierten Tragwerken und baukonstruktiv schlüssigen Fügungen für den modernen Ingenieurholzbau. Ein Projektteam um Professor Stefan Winter (TU München) untersucht großformatige, vorgespannte Bauteile aus Brettsperrholz, die mehrgeschossige bzw. hohe Bauwerke effizient aussteifen (siehe Abbildung). Die Vorspannung bewirkt, dass horizontale Bauteilstöße durch vertikal eingebaute Spannglieder ‚überdrücken bzw. so die Zugkräfte infolge von Horizontallasten aufnehmen.
Die Forscher wollen hierzu das Langzeitverhalten des vorgespannten Bauteils ergründen und formschlüssige horizontale Elementstöße entwickeln. Als Ergebnis werden sichere Materialeigenschaften und Kenngrößen für die Normungsarbeit erwartet. In dem Projekt „Schallübertragungsfunktionen im Holzbau“ entwickelt Professor Ulrich Schanda (Hochschule Rosenheim) ein praktikables Verfahren, das die Schallübertragungen aus haustechnischen Anlagen prognostiziert und den gesetzlich geforderten Schallschutz einhält. Betrachtet und bewertet werden repräsentative Konstruktionen im Holzrahmen- und Holzmassivbau.
Im Fokus: High-Tech und Low-Tech
High-Tech und Low-Tech sind im Bauwesen deshalb so spannend, weil sie im Gebäude mannigfaltig gleichzeitig auftreten, sei es in Form von innovativen Materialien, Bautechniken oder im Gebäudebetrieb. Bei den sechsten Projektetagen wurden fünf High Tech- und drei Low Tech-Projekte vorgestellt und diskutiert. Das veranschaulichen hier zwei Projekte: Zur technologischen Weiterentwicklung der Photovoltaikmodule werden semitransparente Photovoltaikmodule erprobt: Die Idee hierbei ist, in fassadenartigen Bauteilen pflanzliche Photosynthese und Photovoltaik miteinander so zu kombinieren, dass Strom und Nutzwärme aus dem Sonnenlicht gewonnen werden. Diese duale Funktion beruht auf die unterschiedliche Ausnutzung des Lichtspektrums. Dr. Martin Kerner von der SSC Strategic Science Consulting GmbH entwickelt hierfür eine Beschichtung von semitransparenten Solarzellen.
Demgegenüber steht ein denkbar einfaches Low Tech Projekt: Die Infrarotheizung. Sie könnte hochgedämmte Gebäude mit Wärme versorgen (siehe Abbildung). Stellt sich heraus, dass sie im Gesamtlebenszyklus weniger als Wärmepumpen kostet und weitere positive Nebeneffekte bewirkt, dann könnte die Infrarotheizung in zukünftigen Gebäuden ökologisch wie ökonomisch sinnvoll sein. Das untersucht Professor Thomas Stark von der HTWG Konstanz umfassend im Projekt „IR BAU“.
Im Fokus: Bestand
Viele Forschungsthemen und –projekte sind dem Bauen im Bestand und der Umnutzung von Bauwerken gewidmet. Das widerspiegelte sich ebenso in den Projektetagen: Geforscht wird an Faserankern und Fasernadeln für den Einsatz am historischen Mauerwerk (Professor Wolfram Jäger, TU Dresden) wie auch an der Bestimmung der Tragfähigkeiten von historischen Gewölben (Dr. Steffen Marx, Universität Hannover) bzw. von Stahlbetontragwerken mit niedrigen Festigkeiten (Professor Jürgen Schnell, TU Kaiserslautern).
Bei der Umnutzung ganzer Bauwerke spielen Aspekte des demographischen und wirtschaftlichen Strukturwandels eine große Rolle: Das wird entsprechend in den Forschungsprojekten thematisiert: So untersucht die Architektin und Forscherin Jana Reichenbach-Behnisch (rb architekten) aufgelassene Fabriken auf dem Weg zu kreativen Produktionsstätten. Gemeinsam im Team will sie praktische Aktivierungserfahrungen sammeln, Hemmnisse und Schwierigkeiten erfassen und konkrete bzw. allgemeine Planungsziele und Handlungsempfehlungen geben.
Dagegen erkunden Professor Hild und dessen Team von der TU München das Umnutzungspotential von Bürobauten der 60er- und 70er-Jahre zu Mikrowohnungen. Die Wohnungen sollen durchmischt, bezahlbar und vorbereitet für altengerechtes Wohnen werden und die Nachfrage in Großstädten befriedigen. Ergebnis dieser Untersuchung wird ein Typenkatalog sein, der den gewerblichen Leerstand bzw. die Rasterbauten klassifiziert und die Eignung der Umwidmung darstellt.
Wencke Haferkorn, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Bonn
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