Fassadengestaltung

Interaktion von Licht, Farbe und Struktur

Die Farbgestaltung der Fassade beeinflusst stark die öffentliche Wahrnehmung und Wirkung eines Gebäudes. Bei der Entscheidung für den Farbton der Putzfassade sollte die Planung auch die Wirkung verschiedener Strukturen berücksichtigen. Bei der Abnahme sind die aktuellen Licht- und Wetterverhältnisse vor Ort zu berücksichtigen. Wer besonders dunkle Putze einsetzen will, sollte die Aufheizung durch die Sonneneinstrahlung beachten.

Mit seinen vielen verschiedenen Oberflächenstrukturen gehört Putz zu den Gebäudemerkmalen, die haptisch und visuell wahrgenommen werden können. Jeder Putz hat durch die jeweiligen Grundstoffe, Körnungen, Sande, Bindemittel und Pigmente seine eigene Identität. Darüber hinaus beeinflusst die Wahl der Struktur das Erscheinungsbild.

Jedem Oberflächenbild eines verarbeiteten Materials entspricht bei gleichem Licht ein spezieller Farbeindruck. So erscheint glatter Putz leuchtender und heller als derselbe Putz mit aufgerauter Struktur. Dies liegt daran, dass glatte Flächen Lichtstrahlen nur wenig absorbieren und in verschiedene Richtungen reflektieren. Putze mit strukturierter Oberfläche hingegen absorbieren einen Teil des Lichts, das innerhalb der rauen Oberfläche reflektiert wird. Es verliert dadurch Energie und die Farbgebung wirkt gesättigter, beziehungsweise gedämpfter. Ist der Putz durch Tau und Regen feucht, erscheint er ebenfalls kurzfristig dunkler.

Licht verändert Farbwahrnehmung

Aber auch die Lichtverhältnisse, beispielsweise das wärmere, rötlichere Licht der Abendsonne im Vergleich zur kühleren Mittagssonne, können das Aussehen der Fassade verändern. Mit größerem Abstand zur Fassade und der damit verbundenen Maßstabsänderung kommt es gleichfalls zu veränderten visuellen Beziehungen zwischen der Größe, den Materialien und der Umgebung. Warme Farben sind im Vordergrund besser wahrzunehmen, kalte Farben in der Entfernung. Schaut man vom Vordergrund in den Hintergrund, wirkt dieselbe Farbe heller. Das lässt sich beispielsweise bei bewaldeten Hügelketten beobachten, die mit zunehmender Entfernung immer heller und bläulicher erscheinen.

Aufgrund dieser Effekte sollten Wohnungsbaugesellschaften vor der finalen Entscheidung vom Hersteller des präferierten Oberputzes Musterflächen am Objekt anlegen lassen, anhand derer sich die Farb- und Materialauswahl vor Ort überprüfen lassen. Suboptimal ist die Vorauswahl in Büroräumen, insbesondere bei künstlicher Beleuchtung, welche die Ergebnisse verfälscht.

Materialgerechte Farbe unterstützt Putzwirkung

Farbe sollte immer materialgerecht eingesetzt werden. Bei mineralischen Putzen bieten sich neben Weiß Pastell- oder Erdtöne an, denn diese Putze werden mithilfe anorganischer Mineralien eingefärbt. Die Farbpalette umfasst alle Nuancen, die auch bei Sanden, Gesteinen und Erzen vorkommen, von weißen, gelben, ocker-, beige- und sandfarbenen, über rötliche und braune bis zu grauen und anthrazitfarbenen Tönen. Diese Pigmente unterstützen das natürliche Spiel von Licht und Schatten auf der Oberfläche. Die von Natur aus durchgefärbten, mineralischen Putzfassaden bieten eine hohe, dauerhafte Farbstabilität. Wer gesättigte Vollfarbtöne wie reines Schwarz oder intensives Blau oder Grün an der Fassade einsetzen möchte, muss zu organischen Putzen und Farben greifen. Bei diesen ermöglichen organische Pigmente heute ein enormes Farbspektrum von hoher Intensität. Sie vermitteln den Eindruck einer homogenen Beschichtung der Fassade. Organische Farben sind abhängig vom gewählten Farbton weniger farbstabil als mineralische Putze; folglich sind die Renovierungsintervalle dieser Fassaden meist kürzer.

Dunkle Farben sicher planen

Die Auswahl der Putzfarbe ist nicht nur eine ästhetische Aufgabe. Gerade die Wahl einer besonders dunklen Farbe hat Einfluss auf die Bauphysik der Fassade. Denn dunkle Flächen absorbieren mehr Sonnenlicht als helle Flächen und heizen sich dadurch stärker auf. Das macht sich speziell bei hoch wärmedämmendem Mauerwerk oder Wärmedämm-Verbundsystemen bemerkbar. Die starken Temperaturschwankungen verursachen Spannungen, die in Extremfällen zu Schäden in der Putzschale führen können.

Zur Bewertung dient der Hellbezugswert (HBW). Er gibt die Lichtmenge an, die von der Oberfläche reflektiert wird. 0 % entspricht dabei schwarz, 100 % weiß. Im Falle der Beschichtung von WDV-Systemen oder hochdämmendem Mauerwerk sollten nur Farbtöne mit einem HBW > 20 ausgewählt werden. Niedrigere Werte bedürfen der Abstimmung mit dem Hersteller. Dann kommt ein weiterer Wert zum Tragen: die Total Solar Reflectance (TSR). Während der HBW nur den Farbeindruck im sichtbaren Bereich widerspiegelt und damit nur rund 39 % des Energieeintrags des Sonnenlichts darstellt, bezieht sich die TSR auf die Energieeinstrahlung im Sonnenlichtspektrum vom ultravioletten bis zum infraroten Bereich. Je höher dieser Wert, desto stärker wird die solare Strahlung reflektiert – und desto geringer fällt daher der Temperaturanstieg auf einer Beschichtungsoberfläche nach Sonneneinstrahlung aus.

Pigmente reduzieren Aufheizung

Eine Herausforderung für die Hersteller besteht darin, bei gleichem Farbeindruck die TSR zu steigern und somit die Oberflächentemperatur geringer zu halten. Dadurch werden dunklere Farbtöne sicher ausführbar. Möglich wird dies durch den Einsatz sogenannter NIR-Pigmente. Diese reflektieren gezielt die nicht-sichtbare Strahlung. Ein Beispiel: Bei der Fassadensanierung der Uhlandschule Stuttgart war eine anthrazitfarbene WDVS-Fassade gewünscht. Im Farbton NCS S7500-N ergaben sich bei der Verwendung einer herkömmlichen Reinacrylat-Fassadenfarbe ein deutlich zu geringer Hellbezugswert von 5 % und eine TSR von 7 %. Durch den Einsatz der NIR-Pigmente hingegen ließ sich bei gleichem Farbeindruck ein thermisch sicherer Wert von TSR = 26 % erreichen.

Schritte zur Bewertung dunkler Farbtöne

HBW < 20 %: Bestimmung des TSR-Werts durch Hersteller

TSR ≥ 25 %: Farbton ist thermisch sicher, es besteht kein erhöhtes Rissrisiko

TSR < 25 %: Einsatz von NIR-Pigmenten, z.B. weber.ton Xtreme

Fazit

Bei der Fassadengestaltung sollten Planer immer dreidimensional denken und sich bewusst machen, dass Farben mit der Struktur der Oberfläche interagieren. Putze bieten eine nahezu unbegrenzte Auswahl an Strukturen, besonderen Körnungen und Schattierungen. Selbst das beste (gedruckte) Farbkonzept kann die Wirkung einer exklusiven Putzfassade nur annähernd wiedergeben. Erst ein – möglichst großes – Echtmuster oder im Idealfall eine Musterfläche zeigt, wie die Farbe in der gewählten Struktur wirkt.

Bei der Fassadengestaltung sollten Planer
immer dreidimensional denken und sich bewusst machen,
dass Farben mit der Struktur der Oberfläche interagieren.

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