Klein, kleiner, mikro

Wohnen auf kleinstem Raum, dafür mitten in der Großstadt: Mikrowohnungen liegen im Trend. Doch langfristig wird die Nachfrage sinken.

Der Wohnungsneubau an den nachfragestarken Standorten ist in den vergangenen Jahren geprägt durch die Errichtung großer Wohnungen in den oberen Preissegmenten. Jetzt rücken vielerorts Mikrowohnungen in den Mittelpunkt des Investoren-Interesses. Damit wird im Neubau ein Marktsegment wiederbelebt, das dort seit mehreren Jahrzehnten keine Bedeutung mehr hatte. Denn die Nachfragepräferenzen liegen auch bei kleinen Haushalten bei Wohnungen mit mindestens eineinhalb- oder zwei Zimmern, Küche und Bad.

Den Ausgangspunkt für die Errichtung der Mikrowohnungen bildet die aktuell sehr große Nachfrage nach Wohnungen für jüngere Ein-Personen-Haushalte, insbesondere in den wirtschaftsstarken Großstädten sowie an Universitätsstandorten.

Das Bevölkerungswachstum die­­ser attraktiven Standorte speist sich seit Jahren fast ausschließlich aus Zuwanderungen aus der Gruppe der 18- bis 30-Jährigen. Hierzu gehören insbesondere Studenten und andere Auszubildende sowie Berufsanfänger. Aus diesen Haushalten rekrutiert sich denn auch sehr stark die Zielgruppe für die Mikrowohnungen. Hinzu kommen Berufspendler, die nur unter der Woche in der Stadt sind, sowie befristet tätige Experten und Fachkräfte.

Für diese Nachfragergruppen steht im Mittelpunkt, möglichst schnell zu einer noch akzeptablen Gesamtmiete eine gut gelegene Wohnung zu erhalten; hierfür werden dann Abstriche bei der Wohnungsgröße gemacht. Daher konzentrieren sich die Chancen für diese Wohnungen auf angespannte Wohnungsmärkte mit Knappheitspreisen bei kleinen Wohnungen.

Es fragen also nicht alle Ein-Personen-Haushalte derzeit sehr kleine Wohnungen nach, sondern nur eine ganz spezifische jüngere Teilgruppe. Und auch bei den unter 30-jährigen Haushalten bewohnt derzeit mit rund 19 % nur ein recht geringer Anteil kleine Wohnungen unter 40 m² (2010). Der Anteil in Wohnungen mit weniger als 30 m² Wohnfläche dürfte noch deutlich geringer sein.

Klein, funktional, zentrumsnah

Eine flächenoptimierte Mikrowohnung ist in der Regel 20 bis 25 m² groß, sie verfügt über ein Wohn-Schlaf-Zimmer, ein Duschbad und eine Kochgelegenheit. Balkons bilden eher die Ausnahme. Es gibt aber auch größere, teurere Angebote, die bis zu 45 m² Wohnfläche aufweisen; hier verschwimmt dann allerdings schon die Grenze zur kleinen Normalwohnung. Auch eine Abgrenzung der Mikrowohnungen zu Studenten-Apartments ist teilweise nicht klar möglich.

Wesentlich ist, dass die Mikrowohnung über eine zentrums- bzw. universitätsnahe Lage verfügt und gut erreichbar ist. Darüber hinaus ist ein schneller WLAN-Internet-An­­schluss von großer Bedeutung.

Die Angebote sind in der Regel möbliert oder teilmöbliert und weisen eine funktionale Inneneinrichtung auf, die ein sofortiges Loswohnen ermöglicht. Ob es Serviceangebote oder zusätzliche Ge­­meinschaftsflächen, wie zum Beispiel Terrassen, Arbeitsräume oder Cooking Areas gibt, hängt vom konkreten Konzept ab. So ist etwa das Interesse von Studenten an Gemeinschaftsflächen größer, um Möglichkeiten für einen sozialen Anschluss zu erhalten. Dagegen fragt der befristet tätige Manager oder Berater eher Serviceleistungen, wie zum Beispiel einen Reinigungsservice, ab. Derzeit ist die Nachfrage nach Mikrowohnungen so groß, dass viele Projekte bereits vor ihrer Fertigstellung vollständig vermietet sind. Hierzu trägt – neben den starken Angebots- engpässen im Bereich der gängigen Marktsegmente – auch bei, dass die gegenwärtige junge Generation ihr Privatleben sehr stark in der Öffentlichkeit verbringt und das Café oder der Park das Wohnzimmer ersetzen.

Die aktuellen Projekte für Mikrowohnungen sind jeweils durch eine sehr große Anzahl von Wohneinheiten geprägt. So sind es in den meisten Fällen über 100 Wohnungen im Gebäude, die Spitzenwerte liegen bei 270 Einheiten, wie zum Beispiel in Frankfurt.

In dieser großvolumigen Monostruktur der neuen Bauprojekte liegen bei einer langfristigen Betrachtung aber auch Risiken. Denn die Mikrowohnungen sind sehr stark auf eine relativ homogene Zielgruppe zugeschnitten. Damit weisen sie im Vergleich zum normalen Wohnungsbestand wenig Flexibilität und Nutzungsalternativen auf.

Langfristig wird die Nachfrage sinken

Die aktuellen Nachfrager nach Mikrowohnungen verbindet, dass sie eine Wohnung nur für einen begrenzten Zeitraum suchen. Das bedeutet, dass die Wohnungen einer sehr hohen Fluktuation unterliegen. Hieraus resultieren spezifische Rahmenbedingungen, die die Bildung von Hausgemeinschaften und Nachbarschaften und eine soziale Einbindung in das Umfeld schwierig gestalten.

Die Zahl der 1-Personen-Haushalte wird weiter an­­steigen. Jedoch ergeben sich durch den demographischen Wandel Veränderungen in der Al­­tersstruktur: So wird etwa in Hamburg die Gruppe der 18- bis 30-Jährigen als Hauptnachfrager für Mikrowohnungen zwischen 2010 und 2025 um gut 25.000 Personen zurückgehen. Auch die Zahl der Studienanfänger wird in der Stadt von rund 17.500 im Jahr 2011 auf 15.500 im Jahr 2025 sinken.

Diese Entwicklungen zeichnen sich auch für andere Standorte ab, in denen derzeit eine große Nachfrage nach Mikrowohnungen zu verzeichnen ist. Damit rückt unter langfristigen Aspekten die Frage in den Vordergrund, welche Nachfragergruppen dann die Lücken füllen können. Ob hierfür ältere oder Senioren-Haushalte in Frage kommen, die keine große Wohnung mehr benötigen, ist zweifelhaft. Die Mikrowohnungen mögen für einen begrenzten Zeitraum gut als Wohnraum dienen, als dauerhafte Bleibe scheinen sie aufgrund der Einschränkungen, etwa im Hinblick auf sehr begrenzte Stell- und Lagerflächen, nicht wirklich geeignet. Hinzu kommt, dass durch die sehr große Anzahl der Wohnungen im Gebäude und starke Fluktuation ein hohes Maß an Anonymität zu erwarten ist, wodurch die Attraktivität deutlich eingeschränkt wird. So erlauben es selbst in New York die Baugesetze momentan nicht, Wohngebäude ausschließlich aus Mikrowohnungen zu errichten.

Insofern ist eher zu erwarten, dass in die Mikrowohnungen etwa Haushalte einziehen werden, die sich keine andere Wohnung leisten können. Hieraus können schwierige Belegungsstrukturen entstehen, die sich ungünstig auf die nachhaltige Vermietbarkeit auswirken können.

Vor diesem Hintergrund dürften Mikrowohnungen ein Nischenprodukt bleiben, das für eine langfristige Rentabilität eine stabile lokale Nachfrage aus der Gruppe erfordert, die diese Wohnform als temporäre Übergangslösung betrachtet und von daher mit den damit verbundenen Einschränkungen leben kann. Auch wenn schon heute der eBook-Reader immer häufiger die Bücherwand im Wohnzimmer ersetzt, ist ein Trend, sich freiwillig von allem Überflüssigen zu trennen und nur noch mit dem Nötigsten zu leben, nicht zu erwarten.

Daher kommen für Mikrowohnungen nur (Mikro-)Standorte in Frage, die langfristig eine ausreichende Nachfrage aus der Gruppe der bis zu 30-Jährigen erwarten lassen. Hier ist eine genaue Analyse erforderlich, die neben den demographischen und marktbezogenen Aspekten auch die Entwicklung der Qualitäten des Mikrostandortes einbezieht.

Mehr Flexibilität im Hinblick auf zukünftige Nutzungen für Mikrowohnungen könnte auch erreicht werden, wenn diese nicht in so sehr großen Einheiten gebaut, sondern stärker in den „normalen“ Wohnungsneubau eingestreut würden. Dadurch könnten Monostrukturen vermieden und die Bewohner besser in soziale Netzwerke und Nachbarschaften integriert werden.

Mikrowohnungen bilden daher gegenwärtig ein interessantes Produkt mit guten bis sehr guten Vermarktungspotenzialen, wenn die Lage stimmt. Langfristig betrachtet birgt dieses Segment aber Risiken, weil die Wohnungen bei einer Entspannung der Wohnungsmärkte aufgrund der geringen Nutzungsflexibilität und der Monostrukturen deutlich schlechtere Vermietungschancen bieten werden.

Eine Mikrowohnung ist meist 20 bis 25 m² groß.

Die Mikrowohnungen mögen für einen begrenzten Zeitraum gut als Wohnraum dienen, als dauerhafte
Bleibe scheinen sie nicht wirklich geeignet.

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