Kommunale Wohnungen spielen eine zunehmend wichtige Rolle
Themen wie bezahlbares Wohnen, klimaneutraler Gebäudebestand und altersgerechter Wohnraum prägen die wohnungspolitische Diskussion in Deutschland. Den kommunalen Wohnungsbeständen kommt bei der Bewältigung dieser Herausforderungen eine besondere Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund erhebt das BBSR alle drei Jahre Informationen zum kommunalen Wohnungsbestand. Die Ergebnisse der BBSR-Kommuanalbefragung 2018 geben ein umfassendes Bild.
Die Anbieter von Mietwohnungen müssen sich aktuell verschiedenen Herausforderungen stellen. Trotz der großen Anstrengungen der letzten Jahre gibt es weiterhin zu wenig bezahlbaren Wohnraum für niedrige und mittlere Einkommensgruppen. Zugleich muss der Wohnungsbestand entsprechend der Klimaziele energetisch ertüchtigt werden. Und auch die altersgerechte Gestaltung des Wohnungsbestandes gewinnt aufgrund der demographischen Entwicklung in Zukunft weiter an Bedeutung.
In Deutschland befinden sich rund 2,3 Mio. Wohnungen in kommunaler Hand. Dies entspricht ungefähr 10 % des Mietwohnungsbestandes. Diesen kommunalen Wohnungen kommt bei der Bewältigung der genannten Herausforderungen eine besondere Bedeutung zu. Die Kommunen können direkten Einfluss auf die Ausgestaltung des kommunalen Wohnraums nehmen und diesen für die Verfolgung kommunaler Ziele zur Wohnraumversorgung und der Stadtentwicklung einsetzen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen auf den Wohnungsmärkten sehen sich die Städte, Gemeinden und Landkreise mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Insbesondere die Versorgung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen mit angemessenen Wohnraum stellt für die Kommunen eine Herausforderung dar. Viele beklagen zudem Engpässe bei der Verfügbarkeit von Baugrundstücken.
Zahlreiche Städte, Gemeinden und Landkreise betreiben eine aktive Wohnungsmarktpolitik und setzen dazu strategische Planungsinstrumente und wohnungspolitische Instrumente mit Bezug zum Thema Wohnen ein. Maßnahmen zur Mobilisierung von Bauland sowie Stadt- und Stadtteilentwicklungskonzepte sind am weitesten verbreitet. Darüber hinaus beeinflussen Kommunen und ihre Wohnungsunternehmen den lokalen Mietwohnungsmarkt aktiv durch ihre Mietpreisgestaltung.
Moderates Mietpreisniveau
Der kommunale Wohnungsbestand ist zu einen verhältnismäßig hohen Anteil mietpreisgebunden oder weist Belegungsrechte auf. Ende 2017 traf dies auf knapp ein Viertel der kommunalen Wohnungen zu. Allerdings laufen mehr und mehr dieser Bindungen aus. Auch die Mietpreise für frei finanzierte kommunale Wohnungen liegen meist auf einem moderaten Niveau und entfalten so eine mietpreisdämpfende Wirkung.
Die kommunalen Wohnungsanbieter verlangten Ende 2017 für freien Wohnraum im Median 5,04 €/m² und für gebundene Wohnungen 5 €/m² Nettokaltmiete. Im Vergleich dazu lag der Median der Bestandsmieten für Gesamtdeutschland laut Mikrozensus 2018 Zusatzerhebung Wohnen bei 6,30 €/m². Die Preisspanne zwischen dem 5-Prozent-Minimal- und dem 95-Prozent-Maximalwert fällt für freien Wohnraum deutlich größer aus als für gebundenen, wobei der Maximalwert deutlich nach oben abweicht.
Mieterhöhungen sind auch bei kommunalen Vermietern weit verbreitet, allerdings werden die Mieten nur moderat angehoben. So wurde im Zeitraum von Anfang 2015 bis Ende 2017 bei fast zwei Dritteln des freifinanzierten Wohnungsbestandes die Miete erhöht. Im zeitlichen Vergleich mit der Vorgängerbefragung im Jahr 2015 stiegen die Mietpreise in drei Jahren um 5,9 % für frei finanzierte Wohnungen und um 3,6 % für gebundenen Wohnraum.
Kommunen weiten ihren Wohnungsbestand aus
Zahlreiche Kommunen haben in den letzten Jahren ihr wohnungspolitisches Engagement verstärkt und weiten ihren kommunalen Wohnungsbestand aus. Von Anfang 2015 bis Ende 2017 hat jeder dritte kommunale Wohnungsanbieter seinen Wohnungsbestand durch Neubau vergrößert. Maßgeblicher Beweggrund der Kommunen ist der Beitrag zur lokalen Wohnraumversorgung. Der Wohnungsneubau wirkt sich zum einen durch die Vergrößerung des Wohnungsangebotes dämpfend auf die Mietpreisentwicklung aus, zum anderen kommen zusätzliche Wohnungen mit verhältnismäßig niedrigerem Preisniveau auf den Markt. Die Hälfte der neu errichteten Wohnungen ist gebunden.
Allerdings verlangen die kommunalen Anbieter für neu errichteten freien Wohnraum deutlich höhere Mietpreise als für ihre Bestandswohnungen. Auf diese Weise versuchen die kommunalen Wohnungsanbieter, die Wirtschaftlichkeit mit dem Versorgungsauftrag einkommensschwacher Haushalte in Einklang zu bringen.
Kommunale Wohnungsanbieter erwerben auch Bestandswohnungen. Dieser Art der Bestandsausweitung kommt jedoch eine viel geringere Bedeutung zu als dem Neubau. Sie vergrößert zwar die Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen, führt aber nicht zu einem größeren Wohnungsangebot auf den lokalen Wohnungsmärkten und somit auch nicht zu deren Entspannung.
Energieeinsparung und Altersgerechtigkeit
Energieeinsparung und Altersgerechtigkeit des kommunalen Wohnungsbestandes sind weitere wichtige Themenfelder. Etwa jede dritte Wohnung weist einen recht guten energetischen Standard gemäß EnEV 2002/2004 oder besser auf, davon 5 % nach EnEV 2014. Der energetische Zustand hat sich im Vergleich mit der vorherigen Befragung deutlich verbessert.
Jede zehnte kommunale Wohnung ist nach Angaben der Antwortenden barrierearm, 1,6 % der Wohnungen sind barrierefrei gemäß Musterbauordnung bzw. entsprechender DIN-Norm. Im zeitlichen Vergleich betrug die relative Zunahme barrierefreier Wohnungen innerhalb von drei Jahren nur 0,5 %. Absolut gesehen stellt dies jedoch eine Verdopplung der Anzahl barrierefreier Wohnungen auf 13.290 Wohnungen im Jahr 2018 dar. Diese Ergebnisse sind ein deutlicher Ausdruck der kommunalen Aktivitäten zur Verbesserung des energetischen Zustandes und der Altersgerechtigkeit ihres Wohnungsbestandes.
Bestandsinvestitionen weit verbreitet
Die kommunalen Anbieter sind bestrebt, den Zustand ihrer Wohnungen zu verbessern. Dies zeigen die weit verbreiteten Bestandsinvestitionen. Die wichtigsten Beweggründe für Investitionen sind wirtschaftlicher Art, wie der Erhalt der Gebäudesubstanz oder eine verbesserte Vermietbarkeit. Weitere wichtige Gründe sind die energetische Ertüchtigung und die altersgerechte Gestaltung des kommunalen Gebäudebestandes. Auch die Argumente gegen Investitionen sind vorrangig wirtschaftlicher Natur. Vor allem fehlendes Eigenkapital, aber auch die Unwirtschaftlichkeit der Maßnahmen sind hier die Hauptgründe.
Drei von vier kommunalen Wohnungsanbietern haben im Dreijahreszeitraum 2015 bis 2017 in fast ein Viertel ihrer Bestandswohnungen investiert. 70 % der Wohnungen profitierten dabei von allgemeinen Maßnahmen, ein knappes Viertel erfuhr eine energetische Aufwertung und in weiteren 6 % der Wohnungen wurden die Barrieren reduziert. Dabei sind die Kosten pro Wohnung für Maßnahmen zur energetischen Ertüchtigung und Barrierereduzierung deutlich gestiegen, während die Ausgaben pro Wohnung für allgemeine Maßnahmen sanken.
Bedeutung kommunaler Bestände groß
Die Kommunen verfügen mit den eigenen Wohnungen über ein wichtiges Steuerungsinstrument. Entsprechend der gewachsenen Herausforderungen messen sie ihren Wohnungsbeständen für fast alle kommunalen Aufgaben eine zunehmende Bedeutung bei. Neben der originären Aufgabe der Versorgung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen mit preiswertem bzw. angemessenem Wohnraum wird insbesondere ihr Beitrag zu kommunalen Klimazielen durch energetische Ertüchtigung genannt. Darüber hinaus sprechen die Kommunen ihren Wohnungen eine zunehmende Rolle für die Entschärfung städtebaulicher und sozialer Brennpunkte, die Pionierfunktion der kommunalen Wohnungsbestände sowie ihre Beiträge zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur und zur Entwicklung attraktiver Stadtquartiere zu.
Trotz der vielfältigen Anforderungen sind die kommunalen Wohnungsunternehmen im bundesweiten Durchschnitt weiterhin solide aufgestellt und ihre wirtschaftliche Situation hat sich seit der letzten Befragung sogar verbessert. Dies zeigt, dass die kommunalen Wohnungsunternehmen den Spagat zwischen den an sie gestellten gesellschaftlichen Aufgaben und wirtschaftlichem Agieren mit Erfolg meistern.
Die Ergebnisse der BBSR-Kommunalbefragung 2018 sind als Sonderveröffentlichung „Kommunale Wohnungsbestände: Mietengestaltung – Ausweitung – Investitionen“ veröffentlicht. Der Bericht ist als Printversion und digital kostenlos beim BBSR erhältlich.
Zahlreiche Kommunen haben in den letzten Jahren ihr wohnungspolitisches Engagement verstärkt
und weiten ihren kommunalen Wohnungsbestand aus.
Mieterhöhungen sind auch bei kommunalen Vermietern weit verbreitet, allerdings werden die Mieten nur moderat angehoben.
Trotz der vielfältigen Anforderungen sind die kommunalen Wohnungsunternehmen im bundesweiten Durchschnitt weiterhin solide aufgestellt und ihre wirtschaftliche Situation hat sich sogar verbessert.
BBSR-Kommunalbefragungen
Das BBSR erhebt seit 2009 im regelmäßigen Turnus von drei Jahren Informationen zur Eigentümergruppe der Kommunen und zu ihren Wohnungsbeständen. Die Befragungen erfassen aufgrund der hohen Rücklaufquoten einen Großteil des kommunalen Wohnungsbestandes. Die Analysen der jüngsten Befragung (Herbst 2018) erfolgten bei einem Rücklauf von knapp 50 % auf der Grundlage der Angaben von 918 Kommunen mit insgesamt 1,65 Mio. kommunalen Wohnungen. Das BBSR wird im Jahr 2021 die nächste Kommunalbefragung durchführen.