Bedeutungszuwachs kommunaler Wohnungen
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) erhebt regelmäßig Informationen zur Anbietergruppe der Kommunen und ihrer Wohnungsbestände. Nach bundesweiten Befragungen in den Jahren 2009 und 2012 hat das BBSR einem Turnus von drei Jahren folgend im Herbst 2015 zum dritten Mal Informationen zu den Wohnungsbeständen der Kommunen erfasst.
Bundesweite Erhebung zu kommunalen Wohnungsbeständen
In Deutschland befinden sich aktuell rund 2,3 Mio. Wohnungen im Eigentum von Gemeinden, Städten und Landkreisen. Dieser kommunale Wohnungsbestand hat traditionell eine große Bedeutung für die Versorgung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen mit bezahlbaren Mietwohnungen. In Zeiten wachsenden Wohnungsbedarfes und infolgedessen steigender Mieten insbesondere in Ballungszentren und Hochschulstädten kommt den kommunalen Wohnungsbeständen eine noch größere Bedeutung zu als noch vor wenigen Jahren. Vor diesem Hintergrund erhebt das BBSR Informationen zur Anbietergruppe der Kommunen und ihrer Wohnungsbestände.
Nach bundesweiten Befragungen aller Städte und Gemeinden ab 5.000 Einwohnern und aller Landkreise in den Jahren 2009 und 2012 hat das BBSR einem Turnus von drei Jahren folgend im Herbst 2015 zum dritten Mal im Rahmen einer bundesweiten Erhebung Informationen zu den Wohnungsbeständen der Kommunen erfasst. Neben allgemeinen Angaben wie der Wohnungsmarktsituation in der Kommune und den Eigentumsverhältnissen an kommunalen Mietwohnungen wurde 2015 der Fokus insbesondere auf Investitionen in die kommunalen Wohnungsbestände und auf die Ausweitung der Bestände durch Ankauf und Neubau gelegt[1].
Die Beteiligung der angeschriebenen Kommunen war mit 45,6 % erneut sehr gut. Von den 1.446 Kommunen, die an der Befragung 2015 teilgenommen haben, halten 705 und damit 49 % Wohnungen in ihrem Eigentum. Insgesamt wurden im Rahmen der Studie 1,6 Mio. Wohnungen und damit ein Großteil des kommunalen Wohnungsbestandes in Deutschland erfasst.
Bedeutung des kommunalen
Wohnungsbestandes
Insbesondere zur Bewältigung aktueller Problemlagen wie beispielsweise der Unterbringung Geflüchteter oder auch der Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum stellen kommunale Wohnungsbestände für Städte, Gemeinden und Landkreise ein wichtiges Instrument dar. Nach der Bedeutung kommunaler Wohnungsbestände gefragt messen die Kommunen diesen für die Wohnraumversorgung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen die größte Bedeutung bei.
Der zeitliche Vergleich mit der vorangegangenen Befragung macht den Bedeutungszuwachs der eigenen Wohnungsbestände und -unternehmen für die Kommunen beim Umgang mit aktuellen Fragestellungen deutlich. Dabei sehen die Kommunen den Wert der Bestände viel stärker als Instrument zur Bewältigung aktueller Aufgaben als in ihrem monetären Beitrag.
Das Thema „Wohnen“ hat aktuell einen noch höheren Stellenwert als bereits vor wenigen Jahren. Dies belegt zum einen die Tatsache, dass strategische Planungen, welche (auch) das Thema Wohnen beinhalten, an Bedeutung gewonnen haben. Zum anderen wurden in den letzten Jahren verstärkt Kommunikationsprozesse in Form von lokalen Netzwerken bzw. Bündnissen für Wohnen initiiert.
Energetischer Zustand und
Altersgerechtigkeit des kommunalen Wohnungsbestandes
Die Themen Energieeinsparung/Klimaschutz und Altersgerechtigkeit sind nach wie vor von großer Relevanz. 2015 wies etwas mehr als ein Viertel der Wohnungen einen vergleichsweise guten energetischen Zustand gemäß EnEV 2002/2004 oder besser auf, davon immerhin 1 % nach EnEV 2014. Immerhin 13 % der Wohnungen sind barrierearm. Barrierefrei/behindertengerecht ist hingegen nur 1 % der kommunalen Wohnungen. Sowohl der Anteil Wohnungen mit guten energetischem Zustand als auch der Anteil barrierearmer „altersgerechter“ Wohnungen sind im Vergleich zu vorangegangenen Erhebung gestiegen. Dies verdeutlicht die Anstrengungen der Kommunen und ihrer Wohnungsunternehmen der letzten Jahre, den energetischen Zustand und die Altersgerechtigkeit ihres Wohnungsbestandes weiter zu verbessern.
Anteil gebundener Wohnungen und
Mietpreisniveau
Traditionsgemäß weisen kommunale Wohnungsbestände einen hohen Anteil an Wohnungen mit Mietpreisbindung und/oder Belegungsrechten auf. Rund ein Viertel der erfassten kommunalen Wohnungen sind gebunden. Zwei Drittel dieser gebundenen Wohnungen wurden auf rechtlicher Grundlage gefördert und für ein Drittel besteht eine vertraglich vereinbarte Mietpreisbindung. Der zeitliche Vergleich zwischen 2012 und 2015 zeigt ein großes Ausmaß auslaufender Bindungen und die Reaktion der Kommunen und Wohnungsunternehmen hierauf, diesen Bindungsauslauf vermehrt durch vertragliche Bindungsvereinbarungen zu kompensieren.
Die durchschnittlichen Mietpreise kommunaler Wohnungsbestände weisen insgesamt ein recht niedriges Niveau auf. Hierbei verlangen kommunale Anbieter für frei finanzierten Wohnraum mit 4,53 €/m² im Durchschnitt eine niedrigere Nettokaltmiete als für gebundenen Wohnraum mit 4,75 €/m².
Investitionen in kommunale
Wohnungsbestände
Entsprechend der großen Bedeutung kommunaler Wohnungen investieren Kommunen und ihre Wohnungsunternehmen viel in zahlreiche Modernisierungs- und Instandhaltungsprojekte für den Erhalt und die Ertüchtigung ihrer Bestände. Insgesamt haben 78 % der kommunalen Wohnungsanbieter in der Zeit von Anfang 2012 bis Ende 2014 Investitionen in 15 % ihres Wohungsbestandes getätigt. Bei 66 % der erfassten investiven Maßnahmen handelte es sich um Maßnahmen allgemeiner Art. 29 % der genannten Investitionen waren Maßnahmen zur energetischen Sanierung. Nur 5 % der im betrachteten Zeitraum durchgeführten investiven Maßnahmen dienten der Barrierereduzierung. Die kommunalen Wohnungsanbieter haben im Drei-Jahres-Zeitraum durchschnittlich 401 €/m² in den aufgewerteten Wohnungsbestand investiert, was einen Jahreswert von 134 €/m² entspricht.
Ausweitung des kommunalen Wohnungsbestandes durch Käufe und Neubau
In vielen Wachstumszentren und Verdichtungsräumen sind aktuell erhebliche Wohnungsengpässe festzustellen. Die Folge sind steigende Mieten im unteren und mittleren Segment und dadurch eine Verknappung preiswerten Wohnraums. Für einkommensschwächere Haushalte, aber auch für Durchschnittsbezieher wird es zunehmend schwieriger, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Zahlreiche Kommunen versuchen, den Engpässen auf dem Wohnungsmarkt entgegenzuwirken, indem sie bzw. ihre Beteiligungen ihren Wohnungsbestand durch Ankauf größerer Wohnungspakete ausweiten.
Darüber hinaus weiteten viele kommunale Wohnungsanbieter ihren Bestand verstärkt durch Neubau aus. 16,5 % der antwortenden kommunalen Wohnungsanbieter haben im Zeitraum von Anfang 2012 bis Ende 2014 kommunale Mietwohnungen neu errichtet. 125 kommunale Wohnungsanbieter haben zum Neubau kommunaler Mietwohnungen nähere Angaben gemacht. Diese haben insgesamt 356 realisierte Neubauprojekte angegeben, in denen insgesamt 8.117 neue Mietwohnungen mit insgesamt 457.129 qm Wohnfläche gebaut wurden, davon mit 4.032 Einheiten die Hälfte als sozialgebundene Wohnungen.
Fazit und Ausblick
Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Befragung, dass die Städte, Gemeinden und Landkreise angesichts der wachsenden Bedeutung eigener Wohnungen als Instrument für die Bewältigung aktueller Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt ihr Augenmerk verstärkt auf ihre kommunalen Wohnungsbestände und -unternehmen richten. Kommunale Wohnungsbestände leisten wichtige Beiträge zur Erreichung politischer Ziele wie Klimaschutz/Energieeinsparung und Altersgerechtigkeit. Die größte Bedeutung kommt ihnen jedoch für die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum zu.
Entsprechend der großen Bedeutung kommunaler Wohnungsbestände investieren Städte, Gemeinden und Landkreise recht viel in dieses Vermögen. Dies gilt sowohl für Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen für den Erhalt und die Ertüchtigung des kommunalen Wohnungsbestandes als auch für Investitionen in Ankauf oder Neubau zur Ausweitung des Wohnungsbestandes.
[1]Die Ergebnisse der BBSR-Kommunalbefragung 2015 sind als Sonderveröffentlichung publiziert. Der Bericht ist digital und als Printversion kostenlos beim BBSR erhältlich.
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) Referat II 13 – Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Bonn