Nicht bis zur Wahl warten
„Moment mal!“: Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID, www.bid.info) spricht Klartext. Diesmal geht es um bezahlbares Wohnen und Bauen.
Wenige Wochen vor der Bundestagswahl kommen wir nun in die heiße Phase des Wahlkampfs. Doch angesichts weiterhin angespannter Wohnungsmärkte in den Großstädten und Ballungsregionen Deutschlands sollte es abseits von Wahlkampfparolen der Parteien vor allem darum gehen, konkrete Vorschläge und Instrumente für bezahlbares Wohnen und Bauen zu liefern.
Für die Städte und Gemeinden ist etwa die konsequente Umsetzung der Novellierung des Baugesetzbuches unabdingbar. Die neue Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ wurde seitens der Bundesregierung formal eingeführt. Vorgesehen sind unter anderem die Ausweitung beschleunigter Verfahren auf Gebiete, die an den Innenbereich angrenzen sowie die Erhöhung der Lärmwerte tagsüber von 60 dB auf 63 dB. Es gibt jedoch noch Nachbesserungsbedarf bei der TA Lärm, sodass auch neue Entwicklungen in der Gebäudetechnik bei der Lärmreduktion zur Anwendung kommen können. Nur so wird das „Urbane Gebiet“ auch wirklich praxistauglich.
Zur Entspannung der Wohnungsmärkte würde zudem beitragen, Investoren bundeseigene Flächen mit Neubaupotenzial unter attraktiven Bedingungen zur Verfügung zu stellen – natürlich unter der Voraussetzung der Konzeptqualität. Doch klare und umfangreiche Regelungen lassen an dieser Stelle leider auf sich warten. Natürlich müssen durch eine höhere personelle Ausstattung der öffentlichen Hand auch die Genehmigungsverfahren insgesamt beschleunigt werden. Diese dauern aktuell teils über mehrere Jahre an und sind einer der Gründe dafür, dass ein deutlich größeres und vor allem bezahlbares Wohnungsangebot ausbleibt.
Zur Verzögerung beim Wohnungsneubau führt auch, dass die Dringlichkeit und die Notwendigkeit von Neubauvorhaben in der Bevölkerung noch zu wenig Akzeptanz finden. Wir müssen die Menschen mitnehmen und die Akzeptanz von Neubauvorhaben deutlich mehr fördern als bislang. Die BID fordert daher eine bundesweite Kampagne, damit der Wohnungsbau endlich als gesamtgesellschaftliches Kernthema begriffen wird.
Auch die Reform des Wohneigentumsgesetzes kann bei praxiskonformer Ausgestaltung dazu beitragen, die angespannten Mietwohnungsmärkte zu entspannen. Schließlich bildet Wohneigentum eine wichtige Säule der privaten Altersvorsorge. Doch seit der letzten Reform dieses Gesetzes im Jahr 2007 haben sich viele unterschiedliche Bereiche aufgetan, die neu geregelt und an die gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst werden müssen. Themen wie Elektromobilität und Barrierefreiheit erhöhen zudem den Abstimmungsbedarf innerhalb von Wohnungseigentümergesellschaften.
Wir brauchen darüber hinaus auch im Bereich des Wohnraummietrechts stabile Rahmenbedingungen. Die in vielen Bundesländern eingeführte Mietpreisbremse führt eben nicht zu mehr Wohnraum. Die politische Forderung, Mieterhöhungsmöglichkeiten nach Modernisierung abzusenken, ist kontraproduktiv. So kann der dringend erforderliche klima- und generationengerechte Umbau von Wohnraum nicht gelingen.
Auch die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit, die von einigen politischen Akteuren gefordert wird, könnte die Angebotserweiterung von Wohnraum blockieren. Zurecht wurde diese im Jahr 1989 abgeschafft. Gemeinnützige Unternehmen außerhalb des Marktmechanismus verfügen über keine Möglichkeiten, wirtschaftlich zu agieren. Die Folge wären Einsparungen in der Bewirtschaftung und die Entstehung neuer Wohn-Ghettos und Problemviertel, da die Qualität der Bestände leiden und nur noch Haushalte ohne Alternativmöglichkeiten die entsprechenden Wohnungen anmieten würden.
Es gibt noch viel zu tun auf dem Weg hin zu bezahlbarem Wohnen und Bauen. Wir sollten damit nicht bis zur Bundestagswahl warten.