Schneller, kostengünstiger und trotzdem hohe Qualität?

BMI-Fachkongress „Serielles und modulares Bauen“

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hatte für den 13. September 2018 ins E-Werk Berlin zum Fachkongress „Serielles und modulares Bauen“ eingeladen. Der Einladung sind über 250 Teilnehmer aus der Wohnungswirtschaft, den Kommunen und Ländern sowie den Planungsbüros gefolgt. Gemeinsam wurde über die Chancen und Herausforderungen des seriellen und modularen Bauens diskutiert.

1,5 Millionen neue Wohnungen sollen in der laufenden Legislaturperiode entstehen. Das ist viel Holz, Beton, Stahl und Glas. Die Bauwirtschaft ist jedoch bereits seit längerem stark ausgelastet und ihre freien Kapazitäten sind äußerst begrenzt. Die Baukosten steigen seit Jahren kontinuierlich und erschweren die Herstellung von bezahlbarem Wohnraum. Und bei all dem möchte natürlich niemand auf einen angemessenen Qualitätsstandard verzichten.

Der Bau wird folglich auf innovative Konzepte angewiesen sein, um den aktuellen Anforderungen aus dem Wohnungsbau gerecht zu werden. Es soll kostengünstig und schnell qualitativ hochwertiger Wohnraum geschaffen werden. Inwiefern das Instrument „serielle und modulare Bauweisen“ das nötige Potential mitbringt, um das Angebot des bezahlbaren Wohnungsbaus entscheidend zu vergrößern und die Realisierung von Wohnungsbauvorhaben zu beschleunigen, war daher Gegenstand des Kongresses.

Serielles und modulares Bauen als „Zukunft des Bauens“

Gleich zu Beginn gingen in einer Podiumsdiskussion der Parlamentarische Staatssekretär Marco Wanderwitz (BMI), Frau Barbara Ettinger-Brinckmann (Präsidentin der Bundesarchitektenkammer), Herr Axel Gedaschko (Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.) und Herr Marcus Becker (Vizepräsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie) der Frage nach, ob das serielle und modulare Bauen tatsächlich als Hoffnungsträger für den angespannten Wohnungsmarkt herhalten kann.

PSt Marco Wanderwitz betonte, dass es eines ganzen Bündels unterschiedlichster Maßnahmen bedarf, die von unterschiedlichen Akteuren in Angriff zu nehmen bzw. weiter zu verfolgen sind, um den Wohnungsbau im bezahlbaren Segment zu steigern. Serielles und modulares Bauen sei dabei als ein wichtiger Baustein anzusehen. Daher, so PSt Marco Wanderwitz, will der Bund diese Bauweisen auch in der Umsetzung befördern und sie einer breiten Anwendung zuführen.

Marcus Becker (HDB) hob hervor, dass die Anwendung serieller und modularer Bauprinzipien für seine Mitgliedsunternehmen die Zukunft des Bauens darstelle. Er forderte die Branche auf, diese Entwicklung mitzutragen und aktiv gegen Vorbehalte vorzugehen. Die Wohnungsunternehmen können zur Marktakzeptanz den entscheidenden Beitrag leisten.

Axel Gedaschko (GdW) konnte auf den abgeschlossenen Rahmenvertrag des GdW verweisen: Mit Unterstützung des Bundesbauministeriums, der BAK und des HDB hatte der GdW für seine 3.000 Mitgliedsunternehmen einen Rahmenvertrag für den „seriellen und modularen Wohnungsbau“ ausgeschrieben, der im Frühjahr 2018 zum Abschluss gebracht wurde.[1]

Als besondere Vorzüge der Rahmenvereinbarung nannte Axel Gedaschko die Planungssicherheit hinsichtlich der Kosten, aber auch bezüglich der Bauzeit. In dem Rahmenvertrag werden Baukosten zwischen 2.000 und 3.000 Euro kalkuliert, wodurch Mieten zwischen 8 und 9 Euro/m², in bestimmten Fällen auch 12 Euro/m² erreicht werden können. Darüber hinaus ist die Herstellung von Modulen wetterunabhängig, und durch die industrielle und damit präzisere Bauweise können Mängel reduziert werden. Serielles und modulares Bauen trägt dazu bei, die Baukostenentwicklung zu dämpfen.

Eine fast unbeschränkte Variantenvielfalt

Als größtes Hemmnis sahen die Diskutanten die zum Teil herrschenden Vorbehalte gegenüber dieser Bauweise, da mit seriellen und modularen Bauweisen Assoziationen mit den oftmals als unästhetisch wahrgenommenen DDR-Plattenbauten vergangenen Jahrzehnten geweckt werden. Die vorgelegten Entwürfe der Rahmenvereinbarung erfüllen jedoch hohe gestalterische Ansprüche und zeigen neue Möglichkeiten bspw. der Fassadengestaltung auf. Barbara Ettinger-Brinckmann (BAK) fügte hinzu, dass die Individualisierung der einzelnen Module ebenfalls zur Akzeptanzsteigerung beitragen könnte. Beispiele aus der Automobil- und Textilbranche würden zeigen, dass in Serie gefertigte Produkte durch die zunehmende Digitalisierung auch auf spezielle Kundenwünsche zugeschnitten und individuell gestaltet werden können.

Zuletzt diskutierten die Akteure über die verfahrens- und verwaltungsrechtlichen Hürden im Baugenehmigungsverfahren. Vor allem die mitunter langen Genehmigungsprozesse – teilweise aufgrund kapazitiver Engpässe in den Genehmigungsbehörden – sowie die bauordnungsrechtlichen Unterschiede in den einzelnen Bundesländern hemmen die schnelle Umsetzung. Barbara Ettinger-Brinckmann kritisierte die unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen der Landesbauordnungen und schlug vor, eine Bundesbauordnung zu formulieren, die jeweils einen länderspezifischen Anhang enthält.

Konzepte zum Wohlfühlen

Soweit zur Theorie – wie schaut es nun in der Praxis aus? Auf dem Fachkongress wurden die 15 Konzepte, die im Rahmen der GdW-Ausschreibung eingereicht worden sind, aus- und vorgestellt. Den Kongressteilnehmern wurde damit noch vor Ort veranschaulicht, welches Potential das serielle und modulare Bauen in sich trägt. Jeder konnte sich davon überzeugen lassen, dass die vorgelegten Entwürfe eine bemerkenswerte Anpassungsflexibilität und Variabilität besitzen. Auf unterschiedlichen Grundstückssituationen können sie individuell ausgestaltet werden und genügen hohen Ansprüchen. Vielfältige Grundrisstypologien, unterschiedliche Materialien sowie nachhaltige Energiekonzepte zeugen von hoher Qualität und sprechen zudem unterschiedliche Nutzergruppen an. Obwohl „in Serie“ gefertigt entstehen hier Wohnungen, die sich auf spezielle Kundenwünsche zuschneiden und individuell gestalten lassen.

Vom Plan zur Realisierung

Auch wenn der Fachkongress zeigte, dass serielle und modulare Bauweisen keine Blaupause für den Wohnungsbau insgesamt darstellen können, sind sie dennoch ein wichtiger Baustein, um das Angebot des bezahlbaren Wohnungsbaus zu steigern und die Realisierung von Wohnungsbauvorhaben zu beschleunigen. Das große Interesse der Teilnehmenden ist Beweis dafür, dass serielle und modulare Bauweisen in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft viel Beachtung finden und derzeit eine Renaissance erleben. Man darf sich sicher sein, dass in Zukunft verstärkt seriell errichtete Bauten zur Vermietung kommen – das „seriell“ wird man ihnen aber nicht ansehen!

[1] Nähere Informationen zum Ausschreibungsverfahren sind auf der Homepage des GdW veröffentlicht unter
www.gdw.de
Bettina Stinner, BMI Referat BW I 5
Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen, Bauforschung
Auch der Bund beabsichtigt, das Instrument des seriellen und modularen Bauens im Rahmen seiner eigenen Wohnungsbauprojekte gezielt anzuwenden. Für einen nachhaltigen, im Lebenszyklus wirtschaftlichen Immobilienbestand wird ein Ausschreibungsverfahren für den Bau von Wohnungen in serieller und modularer Bauweise initiiert. Es baut auf den Erfahrungen des vom Bund unterstützten Ausschreibungsverfahren des GdW (Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen), des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB) und der Bundesarchitektenkammer (BAK) auf.
Damit leistet der Bund insbesondere ein Versorgungsangebot für Bundesbedienstete / -angestellte mit niedrigen und mittleren Einkommen. Diese Wohnungen sollen vorzugsweise in großen Städten mit ausgewiesenen Wohnungsengpässen errichtet werden, beispielsweise in Berlin, Köln, Frankfurt, München und Hamburg.
Im Informations- und Kompetenzzentrum für zukunftsgerechtes Bauen (IKzB) des BMI hat am 26. September 2018 ein Webinar zum Thema „Serielles, bezahlbares Bauen“ mit u. a. Herrn St Adler (BMI) und Herrn Gedaschkow (GdW) stattgefunden. Abrufbar unter www.bauen-der-zukunft.de/webinare
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