Nachgefragt

„Softwarelösungen müssen kompatibler werden“

Als Vorstand des Münchner Softwareentwicklers DOMUS und Sprecherin der AG Digitalisierung des Verbands der Immobilienverwalter Deutschland ist Stephanie Kreuzpaintner bestens mit den Herausforderungen der Digitalisierung vertraut. Im Gespräch mit dem BundesBauBlatt erläutert sie unter anderem, warum die Zusammenarbeit verschiedener Softwareanbieter nicht nur für die Verwalterbranche, sondern auch für die Entwickler selbst ein echter Gewinn ist.

Frau Kreuzpaintner, die Digitalisierung der Verwalterbranche schreitet rasch voran. Welche digitalen Anwendungen gehören schon heute zum Standard einer professionellen Immobilienverwaltung?

Stephanie Kreuzpaintner: Absolut, digitale Lösungen sind in der Immobilienwirtschaft angekommen. Über 80 Prozent der Verwaltungen mit über 400 Einheiten nutzen Softwarelösungen bereits für ihr tägliches Geschäft – Tendenz steigend. Dabei sind es insbesondere Software-Anwendungen für die Buchhaltung, die den Weg in die breite Masse gefunden haben.

Ich bin mir sicher, dass eine digitalisierte Buchhaltung schon in wenigen Jahren von allen Immobilienverwaltungen genutzt wird, ganz gleich welcher Größe. Die größere Effizienz, die Vereinfachung der Arbeitsabläufe und die Zeitersparnis durch die Verwendung digitaler Systeme sprechen für sich und verschaffen digitalisierten Verwaltungen einen echten Wettbewerbsvorteil.

Weiterführende Softwarelösungen, wie sogenannte CRM-Systeme für das Kundenbeziehungsmanagement, gehen weit über rein buchhalterische Zwecke hinaus. Derzeit werden solche Anwendungen hauptsächlich noch von großen Verwaltungsunternehmen genutzt. Wird künftig auch der Einsatz derart komplexer Programme für alle Verwaltungen zum Standard?

Stephanie Kreuzpaintner: Im Gegensatz zu den kleinen Softwareanwendungen für die Bereiche Buchen, Mahnen und Abrechnen bieten CRM-Systeme eine enorme Bandbreite individuell skalierbarer Anwendungen: Sei es die Bündelung objektbezogener Daten und Prozesse, die ortsunabhängige Betreuung der Immobilienbestände oder die Einbindung aller Prozessbeteiligten, wie beispielsweise von Handwerkern und Dienstleistern. Um die Vorteile eines CRM-Systems vollumfänglich zu nutzen, empfiehlt es sich, zudem ein Portal einzusetzen, das mit dem System kommuniziert und die hinterlegten Daten bei Bedarf selbstständig übernehmen kann. Auf diese Weise werden nicht nur unternehmensinterne Prozesse digitalisiert, sondern auch die Kommunikation nach Außen in die digitale Welt übertragen.

Derartige Systeme sind heute besonders in großen Verwaltungen und Wohnungsunternehmen gefragt. Kleinere Verwaltungen sind hier noch deutlich unterrepräsentiert. Doch auch hier ist die Zahl der Nutzer in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Ab einer Größe von etwa 200 verwalteten Einheiten werden die Einbindung von CRM-Systemen sowie die Verknüpfung mit geeigneten Portalen zunehmend zum Wettbewerbsfaktor.

Eine Herausforderung bei der Nutzung einer bestimmten Verwaltersoftware ist die Tatsache, dass sich die Lösungen unterschiedlicher Anbieter nur schlecht oder gar nicht miteinander kombinieren lassen. Ist es nicht an der Zeit, die Kompatibilität der gängigen Programme zu erhöhen, um die Handhabung der Programme zu verbessern und damit die Flexibilität der Verwalter zu erhöhen?

Stephanie Kreuzpaintner: Die unterschiedlichen Softwareanwendungen wurden in den vergangenen Jahrzehnten von verschiedenen Anbietern entwickelt, die – wie auch in anderen Branchen – ihren eigenen Weg gegangen sind. Hinzu kommen etliche junge Proptechs und Startup-Unternehmen, die bestimmte Teilbereiche des Verwaltergeschäfts bedienen. Dies führt zu einer Vielzahl unterschiedlicher Lösungen, die nicht ohne Weiteres miteinander kombiniert werden können.

Gegenwärtig befinden wir uns meines Erachtens an einem Wendepunkt: Die Zukunft der Verwaltungssoftware wird nicht in der Schaffung weiterer Einzellösungen liegen. Die bestehenden Systeme müssen zusammengeführt werden, um es den Kunden zu ermöglichen, ihre individuell benötigte und bestmögliche Lösung zu finden. Die Berücksichtigung neu entwickelter Softwareanwendungen gehört hier ausdrücklich dazu. Insellösungen sind lediglich der Übergang und eine technische Notwendigkeit, um die Systeme in einem weiteren Schritt miteinander zu verknüpfen.

Wie kann die mögliche Verbindung verschiedener Softwarelösungen zielführend gesteigert werden? Sind die Hersteller hierzu bereits im Austausch oder ist das ein Wunsch für die Zukunft?

Stephanie Kreuzpaintner: Es bestehen zahlreiche technische Hürden, die aus heutiger Sicht noch schwer überwindbar scheinen. Um diese abzubauen, hat DOMUS gemeinsam mit dem Verband der Immobilienverwalter Deutschland und anderen beteiligten Branchenvertretern bereits im Jahr 2017 die AG Digitalisierung ins Leben gerufen. Heute gehören der AG neben Herstellern von ERP-Systemen und Dienstleistungsunternehmen der Verwalterbranche auch Start-Ups im Immobilienbereich sowie Hausverwaltungen an.

Das ursprüngliche Ziel war es, eine gemeinsame Datenaustausch-Plattform für ERP-Systeme und Dienstleister zur Standardisierung des Datenabgleichs zu schaffen. Dieser einheitliche, standardisierte Datenabgleich ließ sich allerdings nicht realisieren. Die technischen Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Systemen waren schlichtweg zu groß. Dennoch versuchen wir gemeinsam, die Kompatibilität unserer Systeme zu erhöhen. Hierzu sollen bis Ende des Jahres individuelle Schnittstellen der verschiedenen ERP-Anbieter entwickelt werden. Diese sollen es in einem ersten Schritt ermöglichen, relevante Stammdaten von einem System in das andere zu übertragen.

Dennoch ist klar, dass diese Schnittstellen lediglich Berührungspunkte zwischen den einzelnen Systemen darstellen werden. Eine adäquate, produktübergreifende Alternative zu einer Alles-aus-einer-Hand-Lösung werden diese Schnittstellen sicherlich nicht sein.

Und was haben die Anbieter davon, ihre Softwarelösungen kompatibel zu ihren Konkurrenten zu gestalten? Schließlich ist es bei manchen Unternehmen auch eine bewusste Entscheidung, die Kunden mit einer eigenständigen Software langfristig an sich zu binden.

Stephanie Kreuzpaintner: Ich bin mir sicher, dass die Zukunft der Verwaltungsprogramme nicht in individuellen Einzellösungen liegt. Die Bündelung des Knowhows unterschiedlicher Anbieter wird die Softwareanwendungen für die Branche auf ein neues Level heben. Wenn die Entwickler an einem Strang ziehen und es gelingt, die Anwendungen unterschiedlicher Anbieter miteinander zu verbinden, besteht für deren Kunden auch die Möglichkeit, verschiedene Systeme miteinander zu kombinieren. Sicher empfindet der ein oder andere Anbieter die Senkung technischer Hürden zur Einbindung anderer Lösungen erst einmal als ein Risiko. Das ist aber eine reine Frage der Perspektive: Ich persönlich bin davon überzeugt, dass die steigende Kombinierbarkeit verschiedener Anwendungen nicht nur für die Kunden Vorteile bringt, sondern auch eine echte Chance für die Softwareanbieter ist – schließlich lassen sich dann auch leichter neue Kundenkreise erschließen.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Weitere Informationen zu den Digitalisierungsmöglichkeiten für Hausverwalter gibt es unter www.domus-software.de

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