Umgang mit neuen Schadstoffgruppen

Boden- und Grundwasserschutz auf Bundesliegenschaften

Die Baufachlichen Richtlinien Boden- und Grundwasserschutz (BFR BoGwS) des BMI und des BMVg sind neben den gesetzlichen Vorgaben eine wesentliche Grundlage für eine bundesweit einheitliche und effiziente Kontaminationsbearbeitung. Neben den fachlichen Anforderungen umfasst dies datenbankgestützte Werkzeuge für die Dokumentation und Auswertung von Daten zur Erfassung und Untersuchung von Kontaminationen mit dem Ziel der Gefährdungsabschätzung und – falls erforderlich – zur Planung und Ausführung von Sanierungen.

Bundeswehr und Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) beauftragen die Bauverwaltungen des Bundes und der Länder mit der Durchführung der Maßnahmen. Die Leitstelle des Bundes für Boden- und Grundwasserschutz im Niedersächsischen Landesamt für Bau und Liegenschaften (NLBL) unterstützt die Bundesministerien BMI und BMVg sowie die beauftragten Stellen in der Bauverwaltung bei der Durchführung der Kontaminationsbearbeitung.

BFR BoGwS – Ablauf der Kontaminationsbearbeitung

Nach den BFR BoGwS werden Altlasten, sonstige schädliche Bodenveränderungen und hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen im Sinne des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) einschließlich Rüstungsaltlasten und schädlicher Verunreinigungen der Gewässer oder sonstiger nachteiliger Veränderungen im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes (WHG ) bearbeitet.

Dabei werden drei Bearbeitungsphasen unterschieden und die bearbeiteten Flächen in Kategorien mit unterschiedlichem Handlungsbedarf eingestuft. Die Abbildungen zeigen beispielhaft, wie die Probenahme zur Erkundung einer Bodenkontamination, die Beprobung von Grundwasser (Phase II) und eine Grundwassersanierung (Phase III) durchgeführt werden können.

Phase I – Erfassung und Erstbewertung

Für Flächen mit Kontaminationsverdacht (kontaminationsverdächtige Flächen = KVF) wird die Lokalität erfasst, es werden weitere relevante Informationen gesammelt, eine Kontaminationshypothese erstellt und die für die Beurteilung relevanten Daten dokumentiert.

Bestätigt sich im Rahmen der anschließenden Erstbewertung dieser Verdacht nicht, scheidet die Fläche aus der weiteren Bearbeitung aus (Kategorie A[1]). Bleibt der Verdacht bestehen, erfolgt die Einstufung in Kategorie E und damit die Bearbeitung in der Phase IIa.

Phase II - Orientierende und Detailuntersuchungen

Aufgabe der Orientierenden Untersuchung der Phase IIa ist es, mit angemessenem Aufwand den Kontaminationsverdacht zu überprüfen und eine erste Gefahrenbeurteilung vorzunehmen. Liegt danach keine oder nur eine geringfügige Kontamination vor, scheidet die Fläche aus der Bearbeitung aus (Kategorie A oder B). Bestätigt sich der Kontaminationsverdacht (kontaminierte Fläche = KF), folgt in der Regel eine Detailuntersuchung der Phase IIb (Kategorie E).

Die Detailuntersuchung umfasst eine eingehende Geländeuntersuchung zur Überprüfung und Quantifizierung der konkreten Hinweise auf das Vorliegen einer Altlast oder schädlichen Bodenveränderung bzw. Gewässerverunreinigung. Das räumliche und zeitliche Ausbreitungsverhalten der Schadstoffe und das Schadstoffpotential werden ermittelt. Die Phase IIb liefert die Entscheidungsgrundlage für die abschließende Gefährdungsabschätzung. Mit dieser liegt eine belastbare und eindeutige Aussage vor, ob Gefahrenabwehrmaßnahmen erforderlich sind (je nach Ergebnis erfolgt die Einstufung in Kategorien A bis D).

Phase III – Sanierungsplanung und -durchführung sowie Nachsorge

Die Phase III wird in die Phase IIIa (Sanierungsplanung), Phase IIIb (Sanierungsdurchführung) und die Phase IIIc (Nachsorge) unterteilt. Sie umfasst sämtliche technischen und administrativen Arbeiten zur Planung und Ausführung von Sanierungsmaßnahmen einschließlich der Nachsorge nach Abschluss der Sanierung und einer gegebenenfalls erforderlichen Überwachung. Während der Sanierung wird die Fläche in die Kategorie D eingestuft.

Das Programm hat sich seit den 1990er Jahren bewährt und ist auch bei der Abstimmung mit Umweltbehörden anerkannt. Es nutzt die etablierten Verfahren im Zusammenspiel von BImA, Bundeswehr und Bauverwaltung, die für die Baumaßnahmen des Bundes geschaffen wurden und versetzt die Verantwortlichen so in die Lage, auch auf neue Entwicklungen, wie etwa neu erkannte Umweltschadstoffe flexibel und rasch zu reagieren.

Umgang mit „neuen“ Schadstoffgruppen, z.B. Kontaminationen mit per- und polyfluorierten Chemikalien

Schadensfälle in Boden und Grundwasser mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC = synthetische Kohlenstoffverbindungen, die nicht natürlich vorkommen) sind seit mehreren Jahren bundesweit in den Fokus der Kontaminationsbearbeitung gerückt.

Wegen ihrer besonderen Eigenschaften (wasser-, fett–und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch stabil) finden sie weltweit in vielen Produkten Anwendung. Von besonderer Bedeutung sind PFC-haltige Schaumlöschmittel. Zivile und militärische Feuerwehren gleichermaßen verwenden bei starken Flüssigkeitsbränden (Benzin oder Kerosin) mit hoher Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen sog. „Aqueous Film Forming Foams“ (AFFF), die verschiedene PFC enthalten.

Auf Bundesliegenschaften werden Flächen mit Verdacht auf eine Verunreinigung mit PFC wie  Verunreinigungen mit anderen Schadstoffen im Rahmen der Kontaminationsbearbeitung behandelt.

Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der PFC und die Umstände ihrer Nutzung bedingen einen hohen Aufwand bei der Erfassung und Eingrenzung möglicher Kontaminationen. Sie sind nicht wie viele andere Stoffe organoleptisch wahrnehmbar. Im Gegensatz zu „klassischen“ Schadstoffen in der Kontaminationsbearbeitung, wie z.B. Mineralölprodukten, bei denen mögliche Eintragsorte in der Regel an feste technische Einrichtungen (z.B. Tankstellen) gebunden und damit bekannt sind, können diese bei PFC-haltigen Feuerlöschschäumen weit verteilt sein.

Fallbeispiel

Auch der Flugplatz Ingolstadt/Manching ist davon betroffen.

Bei Untersuchungen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt im Jahr 2012 wurden im Umfeld des Flugplatzes erstmals PFC in Oberflächengewässern festgestellt. Die daraufhin von der Bundeswehr beauftragte Phase I (Nacherfassung gemäß BFR BoGwS) ergab im Bereich der Liegenschaft zahlreiche kontaminationsverdächtige Flächen mit PFC-Verdacht. Bei den Untersuchungen der Phase II wurden drei Hauptkontaminationsbereiche (Hotspots) identifiziert: Feuerlöschübungsbecken, südliche Landebahn und alte Feuerwache. Seit dem Jahr 2013 untersucht die Bundeswehr die Kontaminationen in enger Abstimmung mit den zuständigen bayerischen Umweltbehörden. Ende des Jahres 2018 wurde die Phase III (Sanierungsphase) begonnen.

Seit 2015 ist ein Leitfaden zur Bearbeitung von PFC-Kontaminationen Bestandteil der BFR BoGwS. So ist eine einheitliche, systematische und zielgerichtete Bearbeitung von PFC-Kontaminationen auf allen Liegenschaften des Bundes sichergestellt.

[1] Kategorien gem. BFR BoGwS
A: keine Kontamination, keine weiteren Maßnahmen, aber Dokumentation B: für gegenwärtigen Zeitpunkt und für die ggw. Nutzung keine Gefährdung
C: Informationen zum zeitlichen Stoffverhalten fehlen oder Überwachung D: Maßnahmen zur Gefahrenabwehr erforderlich
E: weiterer Untersuchungsbedarf

Ansprechpartnerin

Ines Plum, Karsten Heine, Niedersächsisches Landesamt für Bau und Liegenschaften, Referat BL15, Leitstelle des Bundes für Boden- und Grundwasserschutz, 30169 Hannover, www.leitstelle-des-bundes.de

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