Bauen im Bestand

Fassadensanierung: Werterhaltender Wärmeschutz

Nachhaltiges Bauen erfordert auch bei der Gebäudesanierung den Einsatz von umweltgerechten und langfristig zum Werterhalt beitragenden Baustoffen. Die Sozialbau Kempten entschied sich bei der Fassadensanierung eines mehrgeschossigen Wohngebäudes für ein Wärmedämmverbundsystem, das umweltfreundlich die Gefahr der Algen- bzw. Pilzbildung reduziert.

Das kommunale Wohnungsunternehmen Sozialbau Kempten sieht sich, wie schon der Name ausdrückt, in der sozialen Verantwortung für ihre aktuell rund 3.900 Mieterhaushalte. Sie will ihnen qualitativ attraktiven Wohnraum zu dauerhaft bezahlbaren Mietpreisen zur Verfügung stellen. Ein Schwerpunkt ihrer Investitionstätigkeit ist deshalb auch die mit wirtschaftlichem Augenmaß betriebene Modernisierung ihres Wohnungsbestands.

Bis 2015 ist dabei u.a. die Sanierung der aufgrund der zentrierten Erschließungseinrichtungen als Punkthäuser bezeichneten Wohnhochhäuser am Augarten in Kempten geplant. Den Auftakt der Sanierungsmaßnahmen bildet das zu Beginn der 1970er Jahre errichtete Wohngebäude am Augarten 12 mit seinen auf neun Geschossen verteilten 36 Wohneinheiten.

Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus

Zentrales Element der im Mai 2013 begonnenen Gebäudesanierung ist der durch ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) sicherzustellende Wärmeschutz der Fassaden. Das Bestandsziegelmauerwerk mit einer hinterlüfteten Verkleidung aus großformatigen asbesthaltigen Faserzementplatten wies ne­­­ben optischen Mängeln durch Algen- und Pilzbildung auch zunehmend Feuchteschäden auf. So lösten sich aufgrund der marode gewordenen Holzunterkonstruktion schon einige asbesthaltige Faserzementplatten von der Fassade.

Baulicher Wärmeschutz war vor 40 Jahren praktisch noch kein Thema. Die in Teilbereichen der Fassade vorhandene Glaswolledämmung von 4 cm Dicke konnte in der Vergangenheit nur einen geringen Beitrag zur Reduzierung des Heizenergieverbrauchs leisten. „Der neue angestrebte bauliche Wärmeschutz sollte u. a. zum Erhalt von Fördergeldern den Anforderungen eines KfW-Energieeffizienzhauses 100 genügen. Bei der Festlegung des herzustellenden WDVS spielte die zu einem wirtschaftlichen Preis zu gewährleistende Wärmedämmung der Fassade zwar eine wichtige Rolle, war aber nicht das alleinige Auswahlkriterium“, betont der stellvertretende Sozialbau-Geschäftsführer und Prokurist Mike Walliser. „Wir wünschen uns von dem WDVS insbesondere auch eine gewährleistete hohe Nachhaltigkeit.“ Dies setzte eine minimierte Beeinträchtigung der Umwelt über die gesamte Lebensdauer des gewählten WDVS voraus. Es musste neben der Verwendung ökologisch und gesundheitlich absolut unbedenklicher Rohstoffe und der möglichst energiesparenden Herstellung zu einer dauerhaft wartungsfreien Fassade beitragen und soll am Ende der Nutzungsdauer auch problemlos zu entsorgen sein.

Angesichts dieser Vorgaben überzeugte das ausgewählte Multipor Wärmedämm-Verbundsystem den Bauherrn deshalb schon durch seine Umwelt-Zertifikate. So sind das für seine hohen ökologischen Anforderungen bekannte Umweltsiegel Natureplus und die Umwelt-Deklaration des Institutes Bauen und Umwelt e. V. eindeutige Belege für die nachgewiesene hohe Umweltfreundlichkeit der nur aus Kalk, Sand, Zement und Wasser hergestellten Mineraldämmplatten.

„Ein ausschlaggebender Pluspunkt war für uns außerdem die hohe Diffusionsfähigkeit des WDVS, die eine Feuchtebildung auf der gedämmten Wandoberfläche verhindert“, erklärt Walliser. Das Wohnhochhaus liegt in unmittelbarer Nähe des Gebirgsflusses Iller. Die Fassaden sind somit permanent hoher Luftfeuchtigkeit ausgesetzt. Hohe Feuchte des Untergrunds ist bekanntlich die Voraussetzung für die Ansiedlung von Mikroorganismen wie Algen und Pilze. Die diffusionsoffene Kombination aus Mineraldämmung und mineralischem Edelputz plus Silikatanstrich des WDVS beugt der Feuchteakkumulation auf der Wandoberfläche vor, weil sie Feuchte durch Zwischenspeicherung aufnimmt und durch Austrocknung wieder abgibt. „Wir erhoffen uns davon ohne Einsatz von um­­weltbelastender Chemie einen ausreichenden Schutz der Fassaden vor Algen- bzw. Pilzbildung“, so Walliser.

Last but not least wurde von dem WDVS angesichts der Gebäudehöhe und Nutzung natürlich auch hoher Brandschutz gefordert. Das nichtbrennbare Gesamtsystem erfüllt nach EN 13501-1 die Kriterien nach Baustoffklasse A2 und die Mineraldämmplatten (Baustoffklasse A1) erzeugen im Brandfall weder Rauch noch giftige Gase.

Aufwendige Entsorgung der Faserzementplatten

Welche Probleme ein nicht umweltgerechter Baustoff spätestens bei seiner Entsorgung verursachen kann, kennt der Bauherr aus der Entfernung der alten asbesthaltigen Verkleidung mit Faserzementplatten. Für Abbau, Zwischenlagerung und Abtransport der as­­besthaltigen Platten galten streng einzuhaltende Vorschriften. Der Bauherr vertraute bei der Entsorgung wie auch bei der anschließenden Montage des baulichen Wärmeschutzes auf einen erfahrenen Fachbetrieb. Die Lambda Fassaden GmbH aus Kaufbeuren hat sich auf Fassadensanierungen spezialisiert und ihre hohe Leistungsfähigkeit schon bei vielen ähnlichen Projekten bewiesen. Die Platten wurden einzeln von der Fassade abgelöst, in für die Entsorgung zugelassenen Big Bags eingepackt vom Gerüst heruntergelassen und dann bis zum endgültigen Abtransport in geschlossenen Containern zwischengelagert.

Das unverputzte Bestandsmauerwerk wurde nach der Entfernung der Faserzementplatten sorgfältig und vollflächig von Schmutz, Staub und lose anhaftenden Substanzen gereinigt. Eventuell vorhandene Unebenheiten erhielten eine ausgleichende Überspachtelung. Zur Untergrundvorbereitung gehörte auch eine Grundierung mit einem zum System passenden Tiefengrund.

Zügige systemgerechte ­Verarbeitung

Die Montage der Mineraldämmplatten (600 x 390 x 160 mm) er­­folgte nach den Verarbeitungsanleitungen des WDVS Herstellers, der Xella Deutschland GmbH. Um eine hohe Windsogsicherung sicherzustellen, wurden die per Randwulst-Punkt-Verklebung mit Klebemörtel aufgebrachten Wärmedämmplatten pro Platte zusätzlich mit einem zum System gehörenden Schraubdübel fixiert. Die Verankerungstiefe der Dübel im Bestandsmauerwerk betrug mindestens 25 mm. „Um die Bruchgefahr des jeweils zu dübelnden Ziegelsteins zu minimieren, achteten die Verarbeiter dabei auf eine möglichst mittige Verdübelung“, so der Bauleiter Arne Schürrer von der Sozialbau.

Sorgfalt war auch bei der an­­­schließenden Armierungsbeschichtung mit mineralischem Leichtmörtel gefragt. So stellten neben dem standardmäßig in dem obersten Drittel der Ar­­­­­­­­­mierungsschicht eingelegten Armierungsgewebe u. a. zusätzlich angeordnete Diagonalarmierungen in den kritischen Eckbereichen der Gebäudeöffnungen eine hohe Untergrund-Stabilität für die anschließende Putzbeschichtung (2 cm) aus mineralischem Strukturedelputz (Korngröße 3 mm, Wasserdampfdiffusions-Widerstandszahl < 30) sicher. Um die Bearbeitungszeiten des Putzes zu verlängern und seine Haftung zu verbessern, wurde die Armierungsschicht zudem insbesondere zur Reduzierung der Saugfähigkeit des Putzuntergrundes mit der auf das System abgestimmten Aufbrenn­­sperre grundiert.

Die Endbeschichtung bestand aus einem Silikatanstrich im weißen Farbton. Insgesamt wurden 2.375 m² Fassade mit dem WDVS ausgerüstet, die damit einen wesentlich zum baulichen Wärmeschutz beitragenden niedrigen Wärmedurchgangswert von nur 0,24 W/m²K garantierte.

Weitere Sanierungsplanung

Neben der WDVS-Montage wurden zum Teil parallel u. a. Flachdach, Balkone, Aufzug, und ­Elektroinstallation modernisiert. Vor­­gesehen sind ähnliche Sa­­nierungsmaßnahmen an den an­­deren zwei Punkthäusern der Sozialbau in der unmittelbaren Nachbarschaft. Angesichts der po­­sitiven Erfahrungen mit dem eingesetzten Wärmedämmverbundsystem wird wohl auch hier bei der Fassadensanierung auf deren bauphysikalische und ökologische Qualitäten vertraut.

Ein Schwerpunkt der Investitionstätigkeit ist die mit wirtschaftlichem Augenmaß betriebene Modernisierung des Wohnungsbestands.

Bis 2015 sollen alle Punkthäuser saniert werden.

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