Hohe Baukosten durch Normung?!

Der ehrenamtliche BFW-Präsident Dirk Salewski spricht Klartext.

Die hohen Kosten für Mieten und Wohnungsbau sind nicht vom Himmel gefallen. Schuld sind eine Mehrzahl von Gründen – das stimmt, aber es liegt nicht nur an den vielbeschworenen Polykrisen, die uns alle plagen.

Es gibt in Deutschland rund 4.000 Normen und Richtlinien, die für das Bauen gelten.

Normen, verstehen Sie mich bitte richtig, sind enorm wichtig und sie sind eine Errungenschaft. Brandschutz zum Beispiel ist nicht verhandelbar. Das schützt Leben und bedarf keiner Rechtfertigung. Sie ahnen es, jetzt kommt mein Aber:

Wir wenden Normen an, die das Bauen unnötigerweise teurer machen. Aber wir können nicht unterhalb des Niveaus geltender Normen Bauen und das vertraglich sicher vereinbaren.

Nur ein kleiner Teil dieser 4.000 Normen sind gesetzlich verpflichtend. Angewandt werden sie aber trotzdem alle, weil es nicht möglich ist, abweichend zu bauen, ohne Gefahr zu laufen nach der Fertigstellung des Gebäudes in Regress genommen zu werden. Denn die Normen entwickeln eine quasigesetzliche Wirkung. Sie gelten meist als anerkannte Regeln der Technik. An diesen anerkannten Regeln der Technik orientieren sich die Gerichte. Bis jetzt, möchte ich hoffnungsvoll hinzufügen.

Ein Beispiel: die DIN 18015-2 – hier wird Art und Umfang der Mindestausstattung, also die Anzahl der Steckdosen geregelt, die verbaut seien müssen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte ein Einsehen und stellte klar, dass die DIN 18015-2 nicht geeignet ist, eine allgemein anerkannte Regel der Technik zu sein. Die dahingehende Vermutungswirkung entfällt. Die Norm beschreibt lediglich Ausstattungsfragen ohne Bezug zum Sicherheits- oder Qualitätsniveau.

Man sollte sich nicht zu früh freuen: Es handelt sich lediglich um eine Entscheidung im Einzelfall. Ein Oberlandesgericht ist nicht der BGH. Hinzukommt, dass es hier um eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem Bauunternehmen und einem Planer ging, also zwischen zwei sachkundigen Gewerbetreibenden. Diese Entscheidung lässt sich daher auch nicht ohne weiteres auf Verträge mit Verbrauchern übertragen. Hier wäre eine Abweichung von Normen nur schwer möglich. Sie wollen weniger Steckdosen, eine nicht ganz so dicke Decke, wie normativ vorgegeben? Sie würden bares Geld sparen. Die Unternehmen laufen nach aktueller Rechtsprechung aber Gefahr nach Abnahme keinen Werklohn zu erhalten, da die fehlerfreie Umsetzung der Vereinbarung trotzdem als Mangel gesehen wird.

Es gibt Dinge, die sind den meisten Menschen nicht bekannt. Wären sie den Menschen bekannt, dann würde es so nicht weitergehen. Das ist der Fall bei den Baunormen. Denn jede Einführung oder Fortschreibung einer Norm hat einen Ausschuss, der mit Expertinnen und Experten besetzt sein sollte. Problem ist, dass es keine Transparenz gibt, wer denn da entscheidet. Was wir kennen, sind lediglich prozentuale Anteile der „interessierten Kreise“ aus denen sich die Ausschüsse zusammensetzen. X-Prozent „Wirtschaft“ beschreibt aber nicht, ob es sich um Hersteller oder zum Beispiel Ausführende oder Bauherren handelt. Deshalb ist ein dringendes Gebot der Stunde Normungsprozesse transparenter und öffentlicher zu machen.

Wahr ist: Gebaut wird nicht, trotz Wohnungsmangels. Die Kosten sind nicht vom Himmel gefallen. Sie fallen uns allen aber zurzeit schmerzhaft auf die Füße.

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