Vorgefertigte Installationswände beschleunigen den Bauablauf
Die neue Kreisverwaltung Mainz-Bingen mit Arbeitsplätzen für 300 Mitarbeitende wurde in Holzhybridbauweise errichtet. Hinter der Wand beschleunigten seriell vorgefertigte Installationswände von TECEsystem den Bauprozess.
Manchmal offenbart der Blick ins Herz eines Gebäudes die größten Überraschungen. So auch bei der neuen Kreisverwaltung Mainz-Bingen in Ingelheim am Rhein. Im Bereich der Sanitärinstallation fiel die Wahl nach öffentlicher Ausschreibung auf die modulare Lösung mit industriell vorgefertigten Installationswänden von TECEsystem. „Ein großer Vorteil war es, dass dabei alles in einer Hand war, Gewerkeschnittstellen wurden reduziert und das Fehlerpotenzial minimiert“, sagt Planer René Koch, Niederlassungsleiter vom Büro ZWP Ingenieur-AG aus Wiesbaden.
„Wir haben im Sanitärbereich ein Leuchtturmprojekt umgesetzt: Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten unterteilen wir die Toiletten nicht mehr in männlich und weiblich, sondern haben sie geschlechterneutral ausgestattet“, erläutert die projektverantwortliche Architektin Monika Gerharz aus der kreiseigenen Fachabteilung Gebäudemanagement. In jeder Zelle befinden sich ein WC und ein Waschbecken, zusätzlich in zwei Kabinen auch ein Urinal. Der von der Arbeitsstättenverordnung vorgeschriebene Vorraum mit Waschbecken wird deshalb nicht mehr benötigt.
Vorfertigung beschleunigt Ablauf und minimiert Fehler
Da die Installationswände komplett ab Werk vorgefertigt auf die Baustelle geliefert werden, entfielen zeitaufwändige Montageschritte. Es geht einfach schneller. 168 industriell vorgefertigte Installationswände von TECEsystem sind im gesamten Neubau eingesetzt worden – teils als Trennwände zwischen zwei Sanitärräumen, teils als Vorwände. „Die Ausschreibung war produktneutral und ergebnisoffen, die ausführende Firma Schupp hat sich für TECEsystem entschieden und erstmals ein Projekt damit realisiert“, erklärt Koch. Flexibilität bei einem möglichen Anbau, Zeitersparnis auf der Baustelle und die Reduzierung von Fehlern waren dabei entscheidende Faktoren beim Innenausbau.
Planer Koch, der bislang nur wenig Berührungspunkte mit industriell vorgefertigten Installationswänden hatte, ist nun überzeugt: „Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Es gab weniger Gewerkeschnittstellen, weniger Risikopotenzial im Sinne von Mängeln und Bauverzug und somit viel weniger Fehler als in konventioneller Bauweise. Es gab nur ein Unternehmen, nicht mehrere Ansprechpartner. Wir hatten nur die ausführende Installationsfirma als Kontakt. Das war viel einfacher, sonst wäre der Koordinationsaufwand für uns viel größer gewesen. Zudem sind wir von TECE sehr gut beraten worden.“ Projektleiter Fabian Uebel vom ausführenden Installationsbetrieb Schupp GmbH aus Idar-Oberstein sagt: „Das System von TECEsystem ist bei richtiger Planung sowie entsprechenden Vorarbeiten eine wirkliche Zeitersparnis. Die Installationswände kommen just-in-time auf die Baustelle und müssen dort nur noch ausgerichtet und verschraubt werden. Sollten bei zukünftigen Projekten die Rahmenbedingungen es ermöglichen, werden wir TECEsystem gerne wiederverwenden.“
In moderner Holzhybridbauweise
Der Neubau überzeugt auch insgesamt mit seiner außergewöhnlichen Bauweise. In Ingelheim am Rhein mit seinen 35.000 Einwohnern ist seit 1996 der Verwaltungssitz des Landkreises Mainz-Bingen angesiedelt. Weil der Platz im angestammten Verwaltungsgebäude nicht mehr ausreichte, entschieden sich die Verantwortlichen für einen Neubau. Dieser ist nun in außergewöhnlicher Art und Weise errichtet worden: In einer modernen Holzhybridbauweise mit einer offenen Kammstruktur entfaltet sich das Gebäude mit 100 Büroräumen auf einem 10.000 Quadratmeter großen Gelände entlang der Haupterschließungsstraße.
Nachhaltig entwickelt und konstruiert
Der Entwurf stammt aus der kreiseigenen Fachabteilung Gebäudemanagement. Die Besonderheit des Neubaus liegt in seiner nachhaltigen Konstruktionsart: Denn oberhalb der in Betonbauweise errichteten Tiefgarage sind die vier Geschosse komplett aus Holz errichtet worden. Vorschriftsmäßig sind nur die Tiefgarage, die Fluchtwege und der Treppenhauskern aus Beton errichtet worden.
Die Entscheidung des Kreistages folgte den Beschlussempfehlungen der zuständigen Kreisausschüsse: Das neue Dienstgebäude sollte aus einem nachhaltigen Baustoff entworfen werden. Deshalb fiel die Wahl auf Holz. „Eine Konstruktion aus Holz bringt viele Vorteile mit sich: Sie bedeutet reduziertere Lasten. Somit kann eine geringere Fundamentierung konzipiert werden und der Materialverbrauch ist geringer als in konventioneller Bauweise. Außerdem ist Holzbau sehr trocken, im Vergleich zu Betonbau entfallen daher lange Trocknungszeiten.
„Insgesamt entstehen dank Holz weniger Kosten und der Bau kann schneller abgeschlossen werden“, erklärt Architektin Monika Gerharz vom Gebäudemanagement und ergänzt: „Zudem ist unser gewähltes Baumaterial im Fall eines Rückbaus wiederverwertbar. Auch das Holzwerk ist zertifiziert und garantiert eine CO2-arme Herstellung.“
Ebenso nachhaltig ist das von der ZWP Ingenieur-AG entwickelte Energiekonzept, mit dem der Neubau den KfW-Standard 55 erfüllt.
„Wir haben bislang kleinere Projekte – zwei Anbauten für Schulen – in Holzhybridbauweise errichtet. Aber ein Dienstgebäude in dieser Größenordnung baut man nicht alle Tage“, so das Gebäudemanagement. „In Europa ist diese Bauart noch nicht so verbreitet wie den USA oder in Kanada. Aber je mehr das Wissen auch hierzulande darüber wächst, umso mehr lernen die Architekten mit dem Baustoff umzugehen und umso wirtschaftlicher wird es am Ende dann auch.“ Holzhybrid-Bauweise stellt in Deutschland immer noch eine Ausnahme dar.
Offen gehaltene Kammstruktur kann erweitert werden
Über der Tiefgarage aus Beton ist nun ein viergeschossiger Komplex in E-Form entstanden. „Wir haben uns für offene Strukturen entschieden und gegen geschlossene Innenhöfe, in denen sich im Sommer die Hitze staut“, erklärt Architektin Gerharz. Während nach oben hin mit vier Stockwerken die maximale Höhe erreicht ist, bietet sich auf der Rückseite Raum zum Ausweichen. „Wir wollen später nicht aufstocken, sondern im Fall einer Erweiterung des Gebäudes nach hinten ausweichen“, erklärt sie. Entsprechend sind die Planungen bereits jetzt so ausgelegt, dass die Kammzacken nach hinten fortgeführt werden können. „Im Endausbau könnte Raum für 500 Mitarbeiter entstehen. Im aktuellen Neubau ist der Platz für Mitarbeiter in 290 Vollzeitstellen ausgelegt“, sagt die Architektin.
Starke Rasterung des Gebäudes
Der Gebäudegrundriss ist stark gerastert. Nutzräume, Büros und größere Räume zur Bevorratung wurden entsprechend der Vorgaben von Landesseite geplant, Grundlage bildete ein Achsraster von 1,35 Metern. So entsteht in den Zweierbüros ausreichend Platz für die Mitarbeiter. „Lange waren immer größere Schränke für die Lagerung von Akten nötig. Aber mittlerweile macht sich die elektronische Rechnungsführung bemerkbar. Dank der Digitalisierung wird weniger Lagerraum benötigt“, erklärt die Architektin. Während Lager und Küchenzonen im Hauptbaukörper in der Mitte des Gebäudes angeordnet wurden, finden sich finden sich in den Eckpunkten drei Sanitärkerne mit je sechs Unisex-Toiletten. Diese Sanitäranlagen wurden mit vorgefertigten Installationswänden errichtet und können ebenfalls erweitert werden.