Blackout – Licht im Dunkeln?
Umstellung der Fernmeldenetze zum Next-Generation-Network
Das Licht flackert und erlischt. Mit einem Ruck bleibt der Aufzug zwischen zwei Stockwerken stehen. Der Amtsleiter und seine Frau stecken fest und rufen um Hilfe – wie so viele andere, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Der Notruf funktioniert nicht mehr oder ist vollkommen überlastet. Das Telefonnetz ist zusammengebrochen und Kommunikation über Handy oder Festnetz nicht mehr möglich. Auf den Straßen fallen die Ampeln aus, erste Unfälle passieren. Die Straßenbahn stoppt mitten auf der Kreuzung, die U-Bahn steckt im Tunnel fest. Zuhause ist und bleibt alles dunkel und die Heizung wird kalt, es gibt bereits nach kurzer Zeit kein Wasser aus dem Hahn, die Toilettenspülung funktioniert nicht mehr. In Krankenhäusern (insbesondere auf den Intensivstationen) sowie in Pflege- und Altenheimen wird es schnell kritisch, insbesondere wenn Wasser und der Kraftstoff für die Notstromaggregate nach einigen Stunden knapp werden.
Unmittelbare Folgen eines Blackouts
Bei einem Stromausfall über viele Stunden und mehrere Tage kommt das öffentliche Leben schnell zum Erliegen – die sogenannten verketteten Kaskadeneffekte wirken: Wenn eine Infrastruktur ausfällt, etwa Strom oder Telekommunikation, führt dies rasch zum Ausfall weiterer Infrastrukturen, z.B. von Wasser/Abwasser, Internet, Verkehr, Logistik, Heizung und vielen anderen. Die Behörden und Organisationen des Katastrophenschutzes wie Feuerwehr, Rettungsdienste und Polizei kommen schnell an ihre Grenzen, wenn Kommunikation, die Betankung von Einsatzfahrzeugen und die Mobilisierung von Einsatzkräften nicht mehr möglich sind. Der Zusammenbruch der gesamten Infrastruktur erfolgt bereits nach wenigen Stunden.
Wichtig: Alarmübertragungswege funktionieren nicht mehr
Die Umstellung der Telekom von Analog/ISDN auf Next-Generation-Network (NGN bzw. All-IP) führt dazu, dass die Alarmübertragungswege als wichtiger Teil der Sicherheitsarchitektur Deutschlands bspw. für Brand- und Alarmmeldungen nicht mehr so funktionieren, wie dies früher der Fall war. Bei einem Stromausfall stehen sie daher jetzt nicht mehr zur Verfügung. Der Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV e.V.) hat dies in seiner Veröffentlichung „Next-Generation-Network 2017 Umstellung der öffentlichen Fernmeldenetze und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die betriebstechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden“ herausgearbeitet. Insbesondere der gesetzlich vorgeschriebene zweite –notstromversorgte! – Meldeweg steht nicht mehr zur Verfügung. Was nutzt aber eine teure Brand-und Alarmmeldeanlage, wenn die Meldung nicht bei Polizei und Feuerwehr ankommt? Für Verantwortliche besteht hier absoluter und akuter Handlungsbedarf!
Wahrscheinlichkeit und Ursachen eines Blackouts
Moderne Gesellschaften zeichnen sich durch eine hohe, zunehmend technische und organisatorische Vernetzung aus. Treiber dieser Entwicklung sind meist die Reduzierung von Kosten und die Steigerung der Bequemlichkeit. Das „Internet of Things (IoT)“ ist auf dem Vormarsch, die Kaffeemaschine reagiert auf Stimme, Fensterrolladen öffnen sich bei Klatschen. Bei allen Vorteilen führt dies jedoch auch zu immer größeren Abhängigkeiten, sogenannten Interdependenzen. Nicht nur untereinander, zwischen Anbietern oder zwischen Anbieter und Kunden, sondern vor allem zu einer Abhängigkeit von einer für unsere Gesellschaft alternativlosen Ressource: Strom.
Die Privatisierung und Deregulierung in der Energieversorgung sowie neue Herausforderungen für die Netzbetreiber in Form der Energiewende und erhöhter Nachfrage (E-Mobilität) steigern das Risiko für Blackouts. Für Netzbetreiber wird es zunehmend schwieriger und teurer, bei der Einspeisung von vielen großen und kleinen Erzeugern die Spannung und die Frequenz im Netz konstant zu halten. Auch der europäische Verbund der Stromanbieter kann bspw. dazu führen, dass sich ein Blackout blitzschnell als Kaskade von Italien bis nach Hamburg oder von Paris bis Berlin ausbreitet. Erschwerend dazu kommen Klimaveränderungen, die zu häufiger auftretenden Wetterextremen (z.B. heftige Schneefälle, langanhaltende Dürren, extreme Starkregen und Gewitter, Kälte oder Hitze) und Naturkatastrophen (z.B. Hochwasser) führen und große Schäden an Übertragungs-und Verteilnetzen anrichten können. Auch die Zahl von Sabotageakten an kritischen Infrastrukturen (Strommasten und Netzen) steigt. Und schließlich nimmt auch aufgrund internationaler Entwicklungen die Wahrscheinlichkeit von Terroranschlägen (z.B. durch Cyberattacken auf Netzbetreiber) zu.
Vorsorge und Vorbereitung ist möglich und zwingend erforderlich
Bei einem flächendeckenden Stromausfall starten binnen Sekunden die Notstromaggregate an kritischen Stellen, etwa in Krankenhäusern, Wasserwerken oder bei den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfiehlt in seinem Konzept „Treibstoffversorgung bei Stromausfall“ (Praxis im Bevölkerungsschutz, Band 18, 2017) für die Notstromversorgung Kraftstoffreserven für mindestens 72 Stunden – plus die Möglichkeit zum rechtzeitigen Nachtanken – vorzuhalten. Mit dem TankNotStrom-System wurde hierfür im Rahmen der zivilen Sicherheitsforschung eine Kraftstoff-Logistiklösung entwickelt, die bereits seit Jahren bei großen BOS und KRITIS erfolgreich im Einsatz ist und sich bewährt hat. Auch für die dringend notwendige Information und Einbeziehung der Bevölkerung in den Katastrophenschutz existiert mit den Katastrophenschutzleuchttürmen eine anerkannte Lösung.
Reduzierung des SCHADEN-Ausmaß
Einen Schutz vor Blackout gibt es nicht. Produktionsausfälle, Ressourcenknappheit, Unfälle, längere Wartezeiten bis – wenn überhaupt - Hilfe geleistet wird sowie Schäden an Technik und Infrastruktur, zum Teil auch an Leib und Leben, sind bei einem längeren Blackout unvermeidbar. Es gibt jedoch Entscheidungen, die Verantwortliche von kritischen Infrastrukturen, BOS und Behörden treffen können und die zu einer erheblichen Reduzierung des SCHADEN-Ausmaßes bei Blackout sowie zum Schutz von Leben beitragen. Dazu gehören
– eine aktuelle Katastrophenschutzplanung (bspw. ein Sonderschutzplan „Stromausfall“) inklusive Abschätzung des zu erwartenden SCHADEN-Ausmaß (Steckbrief),
– die Sicherstellung einer ausfallgeschützten Kommunikation zu BOS und anderen KRITIS,
– die Aufrechterhaltung der Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie
– die Sicherstellung und Bereitstellung von Kraftstoffreserven für Notstrom und für Einsatzfahrzeuge.
Nur so gibt es auch bei einem Blackout Licht im Dunkeln!