Chancen und Risiken
für die Wohnungswirtschaft

Die energiepolitischen Ziele der EU-Kommission und die sich für die Wohnungswirtschaft stellenden Herausforderungen

Die Energiepolitik hat einen direkten Einfluss auf nationale wohnungs- und immobilienpolitische Fragestellungen. Spezifische Anforderungen ergeben sich im Rahmen der europäischen Klimaziele und der damit verbundenen 2020-Strategie der Europäischen Union, aber auch mit der langfristigen Sicherstellung des Energiebedarfs in der Gemeinschaft. Die Kommission hat in ihrer „Europa 2020“-Strategie die sogenannten 20-20-20 Ziele ausgegeben. Hiermit sind die Reduzierung von Treibhausgasen um 20 % unter das Niveau von 1990, der Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien um 20 % und die Verringerung der Energiekonsums um 20 % ge­­meint. Hierzu hat es in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Gesetzgebungen seitens der Europäischen Union gegeben. Ein wesentliches Element zur Reduzierung des Energieverbrauchs sind die Energieeinsparungen in Gebäuden.

Dr. Özgür Öner, Leiter des Brüsseler Büros des GdW Bundesverband der deutschen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, be­­schreibt die energiepolitischen Ziele der EU-Kommission und die sich für die Wohnungswirtschaft stellenden Herausforde­rungen.

Die Europäische Kommission hat am 22. Juni 2011 ihren Entwurf für eine Richtlinie des Parlaments und des Rats zur Energieeffizienz vorgelegt. Inhaltlich werden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen, die Energiekommissar Günther Oettinger im Energieeffizienzplan vom 8. März 2011 vorgestellt hatte.

3 % Sanierungsquote für öffentliche Ge­­bäu­de

So wird auch die Vorreiterrolle der öffentlichen Hand mit verbindlichen Maßnahmen forciert. Gemäß Artikel 4,  Ziffer 1 ist ab dem 1. Januar 2014 eine jährliche Renovierungsquote für öffentliche Gebäude von 3 % der Gesamtfläche vorgesehen. Es wird der Übertrag eines Überschusses in die zwei vorherigen oder nachfolgenden Jahre eingeräumt. Zudem wird zu diesem Zeitpunkt auch eine Inventur des öffentlichen Gebäudebestandes erforderlich sein, die zumindest über die vorhandene Bodenfläche in m2 sowie über die entsprechende Energieeffizienz öffentlich Auskunft geben soll.

Energieeffizienzkriterien bei öffentlicher Vergabe

Der Richtlinienvorschlag sieht weiterhin einen stärkeren Einbezug von Energieeffizienzkriterien bei der öffentlichen Auftragsvergabe vor und verlangt die Sicherstellung eines hohen Effizienzstandards beim Erwerb aller Produkte, Dienstleistungen und Gebäude durch die öffentliche Hand. Auch bei Anmietung oder Kauf zusätzlicher Gebäude sollen diese den höchsten Energieeffizienzkriterien genügen.

1,5 % Energieeinsparungen bei Endkunden

Der Richtlinienvorschlag verpflichtet die Mitgliedstaaten außerdem ein System zu entwi

ckeln, das gewährleistet, dass entweder alle Energieverteiler oder alle Energieeinzelhandelsunternehmen jährlich 1,5 % Energieeinsparungen bei den Kunden erreichen sollen. Gas- und Stromanbieter sowie Endkun­den-Energieunternehmen sollen rechtlich verpflichtet werden, jedes Jahr 1,5 % ihres verkauften Energievolumens durch Effizienzmaßnahmen wie Verbesserungen im Hei­­zungssystem, den Einbau von Doppelglasfenstern und isolierten Dächern einzusparen. Alternative Modelle wie Finanzierungsprogramme oder freiwillige Vereinbarungen können ebenfalls umgesetzt werden, um die Verpflichtung der Energieunternehmen zu umgehen, sofern die Ziele in gleichem Maße erreicht werden.

Monatliche Energiekostenabrechnung

Desweiteren enthält der Vorschlag Ansätze für einen besseren Informationszugang für den Verbraucher. Diese sollen in die Lage versetzt werden, den eigenen Energiekonsum besser steuern zu können. So sind künftig Einzelabrechnungen für Elektrizität, Fernwärme und -kühlung (monatlich) sowie Gas und Warmwasser (mindestens jeden zweiten Monat) vorgesehen. Die Staaten sind zudem angehalten, die Markteinführung von Smart Metern für Elektrizität und Gas zu forcieren.  Hier werden Genauigkeit und Häufigkeit der Abrechnungen festgelegt: Demnach wird mindestens darüber zu informieren sein, (a) wie hoch die aktuellen Preise und der aktuelle Verbrauch liegen, (b) wie hoch der Verbrauch im Vorjahr war, (c) wie hoch der Verbrauch eines Benchmarkverbrauchers liegt und (d) wo weitere Informationen zur Senkung der Kosten erhältlich sein werden.

Der historische Verbrauch soll für den Endverbraucher so transparent dargestellt werden, dass er über (a) die Tagesverbräuche der vergangenen sieben Tage, (b) die komplette letzte Woche, (c) den kompletten letzten Monat, (d) den kompletten, identischen Monat im Vorjahr und (e) das komplette letzte Jahr informiert wird. Dies alles soll dem Endkunden kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Die Mitgliedstaaten werden außerdem aufgefordert, jährlich nationale Energiepläne zu erstellen. Eine Methode zur Analyse des Kosten-Nutzen Verhältnisses wird ab 1. Januar 2013 erwartet. Der Entwurf enthält darüber hinaus viele technische Spezifika, die sich auf die Anforderungen an Kraft-Wärme-Kopplung fokussieren.

Die Leistungsbilanz der deutschen Wohnungswirtschaft

Grundsätzlich verweisen der GdW und seine Regionalverbände darauf, dass bereits zwischen 1990 und 2007 die CO2-Emissionen der vor 1991 errichteten Gebäudebestände um 35 % reduziert wurden. Im Zeitraum 1990 bis 2009 betrug die Sanierungsquote umfassender energetischer Sanierung durchschnittlich 1,7 % jährlich, weitere 1,4 % wurden energetisch teilmodernisiert.

Zwangsmodernisierung führt zu sozialpolitischem Dilemma

Angesichts dieser Fakten, sieht der GdW Be­­darf zur Anpassung der Richtlinie, um energetische Sanierung weiterhin sozial ­verträglich und wirtschaftlich vernünftig umsetzen zu können.  So wird die Pflicht zur zwangsweisen Modernisierung von Wohnungen vom GdW aus sozialen, wirtschaftlichen und verfassungsrechtlichen Gründen abgelehnt. Die Richtlinie muss so formuliert werden, dass eindeutig nur die Modernisierung von Nichtwohngebäuden von dieser Pflicht erfasst wird. Darüber hinaus ist diese Pflicht auf juristische Personen des öffentlichen Rechts zu beschränken.

Die Verpflichtung der Energieverteiler oder Energieeinzelhandelsunternehmen zu Energieeinsparungen bei Endkunden muss auf die Fälle beschränkt werden, in denen Endkunden direkten Einfluss auf ihren Energieverbrauch haben, wie beim Stromverbrauch und beim Heizenergieverbrauch im selbstgenutzten Ei­­gentum. Die Verbrauchserfassung in vermieteten Gebäuden sollte technologieneutral erfolgen. Sowohl Wärmemengenzähler als auch Heizkostenverteiler sind zuzulassen. Neben der technischen ist auch die wirtschaftliche Machbarkeit zu beachten. Eine monatliche Abrechnung des Heizenergieverbrauchs auf Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs lehnt der GdW aus wohnungswirtschaftlicher und sozialer Sicht ab. Ziel sollte in Übereinstimmung mit der Begründung des Richtlinienvorschlags die regelmäßige Information des Endkunden sein. Artikel 8, Absatz 3, wonach Informationen aus der Erfassung und Abrechnung des individuellen Energieverbrauchs den Endkunden unentgeltlich zur Verfügung zu stellen sind, sollte ersatzlos gestrichen werden. Die Umsetzungsfrist von 12 Monaten in den Mitgliedstaaten ist angesichts der nationalen Gesetzgebungsverfahren deutlich zu kurz bemessen und sollte auf 24 Monate erweitert werden.

Bezahlbare Modernisierung

Angesichts der von der EU-Kommission bezifferten notwendigen Investitionen in Höhe von 1 Billion € bis 2020 allein für den Netzausbau kann man die Bedeutung der notwen­digen Investitionskosten im Bereich Ener­gieeffizienz gar nicht überschätzen. In der Begründung zum Richtlinienvorschlag muss un­­­bedingt auf den bedeutenden Punkt hingewiesen werden, dass Energieeinsparungen in Gebäuden meist erhebliche Investitionen erfordern, deren Finanzierung mindestens in den ersten Jahren nach einer energiesparenden Maßnahme zu Mehrkosten führt. Gebäudeeigentümer und Mieter dürfen nicht überfordert werden.

Die Stellungnahme des GdW finden sie auf der folgenden Webseite: www.gdw.de/index.php?id_mnu=450&mod=article_list

Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission  ist unter folgendem Link abrufbar: //ec.europa.eu/energy/efficiency/eed/doc/ 2011_directive/com_2011_0370_de.pdf:http://ec.europa.eu/energy/efficiency/eed/doc/ 2011_directive/com_2011_0370_de.pdf.

Die Richtlinie muss so formuliert werden, dass eindeutig nur die ­Modernisierung von Nichtwohngebäuden von dieser Pflicht erfasst wird. Darüber hinaus ist diese Pflicht auf juristische Personen des öffentlichen Rechts zu beschränken.

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