Serie, Teil 3: SEPA - Der Countdown läuft
Im kommenden Jahr müssen Unternehmen aller Wirtschaftszweige ihre Buchhaltung auf das europäische Zahlungsverfahren SEPA umgestellt haben. Erste Wohnungsunternehmen haben bereits ihre Erfahrungen gemacht.
Nur noch wenige Monate bleiben Unternehmen, um ihre Zahlungsvorgänge auf das neue europäische Zahlungsverfahren SEPA (Single Euro Payments Area) umzustellen. Am 1. Februar 2014 müssen die Zahlungs- und Buchungssysteme der neuen Zahlungswelt angepasst sein. Für Überweisungen und Lastschriften dürfen dann nur noch die neuen IBAN (International Bank Account Number) und im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr der BIC (Business Identifier Code) verwendet werden.
Christoph Bührer, Vorstand der Baugenossenschaft Wangen im Allgäu, kann sich schon jetzt entspannt zurücklehnen. Er hat die Umstellung bereits gemeistert. Die Zahlungen der Mieter der rund 600 eigenen Wohnungen und der 2500 Wohnungen, die für Dritte verwaltet werden, sind bereits auf das SEPA-Verfahren umgestellt. „Rein technisch war das kein Problem“, erklärt der BG-Chef. Die Baugenossenschaft arbeitet mit der ERP-Lösung WoWi c/s von Haufe und agierte als ein Pilotkunde bei der Einführung der SEPA-Funktionen.
Doch viele Firmen unterschätzen die Bedeutung von SEPA und den Anpassungsaufwand, den die Umstellung mit sich bringt. Das stellt die Haufe Gruppe bei einer regelmäßigen Befragung von Unternehmen fest. Angefangen von der Aktualisierung der Briefköpfe bis hin zur komplexen Integration der SEPA-Lastschriftmandate in die Unternehmensprozesse sind zahlreiche Änderungen vorzunehmen. Betroffen sind alle Abteilungen, die mit bargeldlosem Zahlungsverkehr zu tun haben: etwa IT, Buchhaltung, Vertrieb, Einkauf oder die Personalabteilung. Insbesondere die Anpassung der eingesetzten Software erfordert einen ausreichenden Vorlauf. Unter dem Strich veranschlagen Experten den Aufwand für die Umstellung auf SEPA höher als bei der Einführung des Euro oder der Jahr-2000-Umstellung.
Pleitegefahr durch verspätete SEPA-Umstellung
Die meisten Firmen übersehen die Konsequenzen. „Die Folgen einer verspäteten Umstellung auf SEPA können fatal sein: Viele unvorbereitete Unternehmen, die ein mittleres bis hohes Lastschriftaufkommen haben, könnten ab Februar 2014 durch Zahlungsstörungen in der Existenz bedroht sein“, warnt Dr. Ernst Stahl, Research Director des ibi research an der Universität Regensburg. Wer seine Zahlungs- und Buchungssysteme nicht anpasst, kann ab dem Stichtag keine Mietzahlungen oder Betriebskostennachzahlungen mehr einziehen. Transaktionen im alten Format werden ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von den Banken ausgeführt, so sieht es die EU-Verordnung vor. Das bedeutet Zahlungsausfälle und Liquiditätsprobleme.
Laut einer Umfrage der Haufe Gruppe hat derzeit maximal ein Drittel der befragten Unternehmen schon auf SEPA umgestellt. Ein weiteres Viertel arbeitet immerhin daran. Eine im August durchgeführte Umfrage des Forschungsinstituts ibi research der Universität Regensburg und des Branchenverbandes Bitkom zum Stand SEPA-Migration bei Unternehmen in Deutschland untermauert diese Einschätzung. Demnach haben etwa ein Fünftel der befragten Unternehmen, Behörden und Vereine nur sehr vage Vorstellungen von SEPA oder sogar noch nie etwas davon gehört; obwohl SEPA offiziell 2008 eingeführt wurde. Jeder zehnte Befragte rechnet sogar damit, dass seine Systeme nicht bis zum Stichtag auf SEPA umgestellt sein werden.
Zahlen der Deutschen Bundesbank belegen das. Ungefähr jedes fünfte Unternehmen hat noch keine Gläubigeridentifikationsnummer beantragt. Diese ist jedoch für die Durchführung von SEPA-Lastschriften unentbehrlich. Die Nummer ermöglicht die eindeutige Identifizierung der Zahlungsempfänger von SEPA-Mandaten und muss über das Internet bei der Bundesbank beantragt werden. Frühestens eine Woche nach Beantragung wird die Gläubiger-ID zugestellt. Anschließend muss sie allen Kunden mitgeteilt werden, von deren Konten Lastschriften eingezogen werden sollen.
Lästiger Papierkram
Den Papierkram bezeichnet Bührer als die größte Herausforderung bei der Umstellung. Gerade bei Wohnungsunternehmen erfolgen die meisten Buchungen im preiswerten und effizienten Lastschriftverfahren. Viele Mieter erteilen die Erlaubnis zum Einzug auch gerne mal per Telefon. In Zukunft ist dafür zwingend eine schriftliche Einzugsermächtigung – das SEPA-Mandat – erforderlich. Laut ibi-Studie liegen bei drei Viertel aller befragten Unternehmen die wenigsten Einzugsermächtigungen schriftlich vor. Zudem müssen die Mieter 14 Tage vor dem ersten SEPA-Lastschrifteinzug über den Betrag, den Termin und den Grund des Einzugs informiert werden. „Ungefähr 2000 Briefe mussten versendet werden“, sagt Bührer. Wobei sich der rein technische Aufwand als gering erwies, da WoWi c/s die Schreiben automatisch erstellt.
Bei der Hamburger Baugenossenschaft Dennerstraße-Selbsthilfe eG, einem weiteren Pilotkunden bei der SEPA-Einführung von WoWi c/s, mussten für die Ankündigung 4880 Mitglieder angeschrieben werden. Kein einfaches Unterfangen. Bei vielen Mietern der Genossenschaft fällt nicht nur die monatliche Miete für die Wohnung an, sondern auch für Tiefgaragen oder Stellplätze; andere Genossen haben zwei oder mehr Wohnungen angemietet, etwa für die Kinder oder Eltern. Dennoch musste gewährleistet sein, dass lediglich ein Brief an den Zahlungspflichtigen zugestellt wird. Bekommen Mieter mehrere gleichlautende Schreiben für verschiedene Vorgänge, wirkt es schnell, als hätte der Wohnungsanbieter seine Informationstechnik nicht im Griff. Das Gleiche gilt bei Mietänderungen oder Mahnverfahren.
Zwar unterstützt WoWi c/s die Anwender dabei, diese Prozesse und die damit verbundenen Datenanpassungen in den Griff zu bekommen. Allerdings müssen die Vermieter vorher ihre Hausaufgaben gemacht haben.
Die eigentliche Arbeit fand daher bei beiden Pilotkunden etliche Wochen vor der eigentlichen Umstellung statt. Zunächst mussten die bisherigen Kontonummern und Bankleitzahlen auf die neuen IBAN-Nummern umgerechnet werden. Dafür werden die Daten zum Beispiel an das IBAN-Service-Portal des Bank-Verlages (www.bank-verlag.de) oder an den SEPA Account Converter der Sparkassen exportiert. Die umgerechneten Daten lassen sich dann in WoWi c/s einlesen. Das ERP-System stellt die bisherigen Einzugsermächtigungen automatisch auf das SEPA-Mandat um.
Falsche und fehlende Kontonummern
Für diesen Schritt sollte ausreichend Zeit eingeplant werden. Die Umstellung deckt historische Fehleingaben im Datenbestand gnadenlos auf. Die Hamburger Baugenossenschaft übernahm dafür die Daten im Vorfeld probehalber in eine Testdatenbank. Bei einigen Tausend Mitgliedern förderte der Testlauf einiges zutage: Zahlendreher, Schreibfehler, Mieter, die sich nicht umgemeldet hatten und Familienangehörige, welche die Miete für ihre Tochter oder Enkeltochter zahlten. Falsche oder fehlende Kontonummern müssen dann von Hand korrigiert werden. Das braucht Zeit. „Die Kontrolle der Daten im Vorfeld kostete uns zusätzlich eine gute Woche Arbeitszeit“, blickt Marion Ziehe, Leiterin Finanzmanagement der Baugenossenschaft zurück.
„Wir haben uns von Beginn an etwas zu viel vorgenommen“, räumt IT-Leiter Ulf Hänsler von der Baugenossenschaft Dennerstraße ein. Letztlich musste das Projekt um einen Monat nach hinten verschoben werden. Anfang Juni wurden dann die ersten Lastschriften im Echtbetrieb eingezogen. Seitdem laufen alle SEPA-Einzüge über WoWi c/s.
Auch wenn ERP-Systeme wie WoWi c/s den Wohnungsunternehmen viel Arbeit bei der Umstellung auf SEPA abnehmen, darf der Software unabhängige Aufwand nicht unterschätzt werden. Der Wangener BG-Vorstand Bührer rät daher allen Unternehmen, die Umstellung so früh wie möglich anzugehen: „Die erste Sollstellung sollte nicht gerade im Februar 2014 erfolgen, sondern bereits einige Monate früher, um Probleme frühzeitig erkennen und beheben zu können.“ Ebenso sollte Zeit für Rückfragen durch Mieter und andere Geschäftspartner eingeplant werden, weiß er aus eigener Erfahrung. Noch sind viele Bürger von ihren Banken nicht oder nicht ausreichend über SEPA informiert worden und die Skepsis gegenüber den neuen IBAN-Zahlenfolgen ist groß.
Trotz des Aufwands sieht Christoph Bührer in der Umstellung sogar Vorteile. Das SEPA-Verfahren zwinge Unternehmen, einige Prozesse und über Jahre eingeschliffene Vorgehensweisen zu überdenken und zu optimieren. „Die Software unterstützt dabei, da sie so strukturiert ist, dass gewisse Zwänge vorhanden sind“, sagt Bührer. „Manche Dinge, die man bisher unkonventionell erledigt hat, gehen heute nicht mehr“, fährt er fort. Wurde früher die Kontoverbindung eines Mieters einfach am Telefon geändert, müssen heute die notwendigen Schritte der Mandatsverwaltung durchlaufen werden. „Viele Eingaben sind zwingend vorgeschrieben. Das ist zwar etwas mehr Aufwand, aber es lohnt sich“, so Bührer. Insbesondere werden die Mandate sicher archiviert. Das erleichtert die Dokumentation gegenüber den Banken und Geschäftspartnern, falls mal Fragen auftauchen. „SEPA räumt mit lieb gewordenen Gewohnheiten auf“, fasst Bührer zusammen.
Viele Firmen unterschätzen die Bedeutung von SEPA und den Anpassungsaufwand, den die Umstellung mit sich bringt.
Die Umstellung deckt historische Fehleingaben im Datenbestand gnadenlos auf.