Trinkwasserhygiene

Die Legionellenproblematik in der Wohnungswirtschaft

Legionellen können Krankheiten verursachen. Die stäbchenförmigen Bakterien gedeihen am besten in möglichst unbewegtem Wasser mit Temperaturen zwischen 25 und 50 Grad Celsius. Mit diesem Wissen lassen sich entsprechende Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung durchführen.

Eines der Privilegien unserer zivilisierten und technisierten Gesellschaft besteht darin, dass wir über eine flächendeckende Versorgung mit Trinkwasser in hervorragender Qualität verfügen. Während Millionen Menschen auf diesem Planeten keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser haben und in großen Teilen der Welt noch ganz selbstverständlich zwischen „Water“ (Wasser) und „Potable Water“ (Trinkwasser) unterschieden wird, kommt bei uns dieses wertvollste aller Lebensmittel „aus der Wand“ und wird sogar für das Sprengen des Rasens und für die Autowäsche benutzt.

Der technische Aufwand, welcher nötig ist, um ständig und überall bestes Trinkwasser genießen zu können, ist groß und wird durch die jahrzehntelange Schädigung der Umwelt, etwa in Form der steigenden Nitratbelastung durch Überdüngung, immer größer, dennoch gilt als gesellschaftlicher Konsens, dass unsere hohen Standards weiter gelten werden und wir uns auch in Zukunft auf die Trinkwasserversorgung verlassen können.

Und natürlich werden insbesondere dort, wo kommerzielle Nutzungen vorliegen, hohe Ansprüche an Sicherheit und Hygiene gestellt. In diesem Zusammenhang entstehen auch in der gewerblichen Wohnungswirtschaft immer wieder Unsicherheiten beim Thema „Legionellen“ und dem Umgang mit dieser Problematik: drohen hier tatsächlich unabschätzbare Gefahren oder wird nur einer weiteren Schimäre nachgejagt? Um es vorwegzunehmen, weder noch. Legionellen können tatsächlich schlimmstenfalls tödliche Erkrankungen hervorrufen, andererseits ist die Legionellenproblematik in aller Regel technisch beherrschbar und die vorgeschriebenen Untersuchungen des Trinkwassers sorgen für ein hohes Maß an Sicherheit für alle Beteiligten.

Legionellen und die Legionärskrankheit

Legionellen sind stäbchenförmige Bakterien, die am besten in möglichst unbewegtem Wasser gedeihen, welches eine Temperatur zwischen 25 °C und 50 °C aufweist; ab einer Temperatur von 60 °C werden die Bakterien zuverlässig abgetötet. Man hat also immer dort mit einer Legionellenbelastung zu rechnen, wo Wasser selten ausgetauscht wird. Sogenanntes Stagnationswasser kann sich in „Totleitungen“ bilden, aber auch in ganz normalen Zapfstellen, die über einen längeren Zeitraum unbenutzt geblieben sind. Eine über mehrere Wochen leerstehende Wohnung kann bereits so eine Gefährdung darstellen.

Von der Familie der Legionellen sind knapp fünfzig Arten bekannt. Zwar gelten alle diese Arten als möglicherweise krankheitserregend, doch werden die meisten uns Menschen kaum gefährlich. Lediglich die „Legionella pneumophila“ kann zu ernsthaften Erkrankungen mit tödlichem Verlauf führen. Der Genuss von legionellenbelastetem Trinkwasser ist für Menschen mit funktionierendem Immunsystem in der Regel unproblematisch. Gefährlich wird das Bakterium erst, wenn es als „Bioaerosol“, also als Anhang eines in Luft gelösten Wasserpartikels, in die Bronchien gelangt. Eine Infektion findet also hauptsächlich durch Duschen, Klima- bzw. Raumluftanlagen, Raumluftbefeuchter, Whirlpools etc. statt. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind nicht bekannt. Erkrankungen werden meist bei Erwachsenen mit geschwächtem Immunsystem beobachtet.

Werden Legionellen-Bakterien eingeatmet und kommt es in der Folge zu einer Legionellose, sind zwei Krankheitsbilder wahrscheinlich, das Pontiac-Fieber oder die Legionärskrankheit. Beide Bezeichnungen leiten sich aus konkreten Vorfällen ab. Das Pontiac-Fieber erhielt seinen Namen nach einem Ausbruch der Krankheit im Jahr 1968 in der amerikanischen Stadt Pontiac, der Begriff Legionärskrankheit geht auf das Treffen von ca. 180 meist älteren Kriegsveteranen in einem Hotel im ebenfalls amerikanischen Philadelphia zurück. Der Verlauf des Pontiac-Fiebers ist unangenehm aber harmlos, die Legionärskrankheit führt jedoch zu einer Pneumonie (Lungenentzündung), welche dringend ärztlich behandelt werden muss. Bundesweit geht man von ca. 20.000 tödlich verlaufenden Lungenentzündungen aus, wobei vermutlich ca. 1.300 durch die Legionärskrankheit ausgelöst wurden.

Regeln und Maßnahmen

Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) beinhaltet in § 3 eine sehr wichtige Aussage, denn sie definiert Trinkwasserinstallationen als die Gesamtheit der Rohrleitungen, Armaturen und Apparate, die sich zwischen dem Punkt des Übergangs von Trinkwasser aus einer Wasserversorgungsanlage an den Nutzer und dem Punkt der Entnahme von Trinkwasser befinden und schreibt für diese in allen öffentlichen Gebäuden und gewerblich genutzten Immobilien (auch Mehrfamilienhäuser) regelmäßige Überprüfungen vor. In Abständen von 1 - 3 Jahren müssen an Trinkwasserinstallationen (> 400 l) demnach „Orientierende Untersuchungen“ vorgenommen werden. Das sind „an einer ausreichenden Zahl geeigneter Probeentnahmestellen“ vorzunehmende, hygienisch-mikrobiologische Tests, welche Legionellen nachweisen können. Ergeben diese keinen Befund, ist die Sache bis zum nächsten Untersuchungsintervall erledigt. Überschreiten die Ergebnisse einen definierten Grenzwert, sind „Weitergehende Untersuchungen“ notwendig. Bei diesen werden die Ursache für die Kontaminierung ermittelt, deren Beseitigung geplant sowie geeignete Sanierungsmaßnahmen festgelegt. Nach einer hygienischen Sanierung sind „Nachuntersuchungen“ obligatorisch, die den Erfolg der Maßnahmen bescheinigen und für Sicherheit sorgen sollen.

Geeignete Maßnahmen für eine kurzfristige Reduzierung der koloniebildenden Einheit (KBE) sind zum Beispiel die thermische und die chemische Desinfektion sowie UV-Bestrahlungen, welche allerdings lediglich lokal wirken. Bei der chemischen Desinfektion ist dafür Sorge zu tragen, dass die eingebrachten Wirkstoffe nicht selbst zum Problem werden und der TrinkwV entsprechen. Die Durchspülung der Trinkwasserinstallation mit 70 °C heißem Wasser gilt als probates Mittel und ist ohne allzu großen technischen Aufwand anwendbar. Der regelmäßige Gebrauch einer Installation sowie das periodische Durchspülen der Anlage sind ebenfalls geeignete Maßnahmen, allerdings sind diese schwer zu kontrollieren, bzw. bei längerer Nutzerabwesenheit oder Leerstand kaum zuverlässig durchzuführen.

Als hygienische Sanierungsmaßnahmen gelten das Zurückbauen oder das Durchschleifen von nicht genutzten Verbrauchern sowie das nachträgliche normgerechte Dämmen von Rohrleitungen, sofern dieses vorab versäumt wurde. Natürlich gilt auch hier, „Vorbeugen ist besser als Sanieren“ und tatsächlich werden bereits bei der Planung einer neuen oder der Renovierung einer bestehenden Trinkwasserinstallation die Weichen dahingehend gestellt, ob das gesamte System anfällig für einen Legionellenbefall sein wird oder nicht. So sind Stichleitungen, in welchen sich Stagnationswasser sammeln könnte, zu vermeiden. Eine Installation mit Doppelwandwinkeln an jeder Entnahmestelle und einem stark genutzten Verbraucher am Ende der Reiheninstallation, ermöglicht einen ausreichenden Wasseraustausch. Ähnliches gilt für eine fachgerecht ausgeführte Ringinstallation; auch hier findet bei Benutzung der notwendige Wassertransport statt. Vorbeugende Maßnahmen sind von umso größerer Bedeutung bei Räumen, deren alltägliche Nutzung nicht zu erwarten ist, etwa in Gästebereichen. Zusätzliche Sicherheit bietet in diesem Zusammenhang ein Bauteil, welches selbst dann für eine Durchspülung der Ringleitung sorgt, wenn keine der dort angeschlossenen Entnahmestellen benutzt wird. Wird Wasser an einer Zapfstelle entnommen, welche in Fließrichtung nach dem sogenannten Strömungsverteiler liegt, zweigt der ca. 10 % davon ab und schickt diesen Anteil durch die abzweigende Ringleitung. Sobald also die Strangleitung in Betrieb genommen wird, findet in allen angeschlossenen Ringleitungen automatisch ein Wasseraustausch statt.

Außerdem ist bei der gesamten Installation auf eine durchgehende thermische Trennung zu achten. Kaltwasser sollte möglichst nicht wärmer als 25 °C werden und Warmwasser nicht unter 55 °C abkühlen. Ein ausreichender Verlegeabstand, die Verlegung in getrennten Schächten sowie Dämmmaßnahmen, welche der EnEV und der DIN 1988-200 entsprechen, schaffen hier gute Voraussetzungen. Darüber hinaus ist es wichtig, unnötige Wasservolumen, welche bei einer Durchspülung auszutauschen sind, im Rohrleitungsnetz zu vermeiden. Die Dimensionierung nach DIN 1988-300 gewährleistet maßgeschneiderte Querschnitte und Leitungslängen.

Ab einer Temperatur von 60 °C werden die Bakterien zuverlässig abgetötet.

Kaltwasser sollte möglichst nicht wärmer als 25 °C werden und
Warmwasser nicht unter 55 °C abkühlen.

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