Mit Brief und Siegel: Nachhaltigkeitszertifikate

Der Immobiliendienstleister Drees & Sommer greift Themen auf, die die Branche bewegen.

Vor dem Hintergrund der EU-Taxonomie steigt die Nachfrage nach Qualitätssiegeln für nachhaltige Quartiersprojekte. Wurden sie anfänglich häufig als reine Marketingsiegel belächelt, haben sie sich inzwischen als planungsbegleitende Instrumente der ganzheitlichen Qualitätssicherung etabliert. Wichtig ist eine frühzeitige Einbindung der Zertifizierungskriterien in die Planungsphase. Eine spätere Nachweiserstellung ist teilweise mit höheren Kosten und Mehraufwand verbunden – manche Anforderungen sind nachträglich kaum mehr zu erfüllen. Verschiedene Zertifizierungssysteme weisen gemeinsame Schnittmengen auf, setzen jedoch unterschiedliche Schwerpunkte.

DGNB: Quartier ist nicht gleich Quartier

Das in Europa führende Zertifizierungssystem für Quartiere stammt von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Neben dem klassischen Wohnquartier ist es anwendbar auf Quartiere mit gewerblichem Fokus, Industriestandorte und besondere Nutzungsklassen wie Ferienresorts, Event-Areale und sogenannte „Vertical Cities“. Um bei Immobilien die Konformität mit den Kriterien der EU-Taxonomie zu prüfen, bietet die DGNB zudem eine eigene ESG-Verifikation an. Diese bezieht sich zunächst jedoch nur auf die Taxonomie-Umweltziele „Klimaschutz“ und „Klimaanpassung“ sowie die dazugehörigen „Do-No-Significant-Harm“-Kriterien und die Mindestanforderungen, die an die handelnden Unternehmen selbst gestellt werden.

LEED: Betriebsdaten als wichtiges Gut

Das weltweit führende Green Building System ist das US-amerikanische LEED (Leadership in Energy and Environmental Design), das vom US Green Building Council herausgegeben wird. Die Variante LEED for Cities and Communities ist auf die Anwendung in Quartieren bis hin zu ganzen Städten ausgerichtet. Eine Besonderheit des LEED Verfahrens ist die Anforderung zur digitalen Aufbereitung und Bereitstellung von Daten aus dem Betrieb – zum Beispiel Energie- und Wasserverbrauch, Modal Split und Abfallaufkommen. LEED greift bereits viele Anforderungen der EU-Taxonomie auf, darunter die „Do-No-Significant-Harm“-Kriterien.

WELL: Fokus auf Gesundheit und Wohlbefinden

Die WELL-Gebäudezertifizierung des International Well Building Institute stellt die körperliche und psychische Gesundheit der Menschen in den Mittelpunkt. Seit der Einführung 2014 ist WELL vor allem bei Büroimmobilien gefragt, bietet mit WELL Communities jedoch auch eine Variante für Quartiere. Im Gegensatz zu einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsverständnis werden ökologische Aspekte nur in der unmittelbaren Wirkung auf den Menschen berücksichtigt. Schnittmengen mit anderen Zertifikaten gibt es trotzdem: So ist mehr Stadtbegrünung gut für Körper und Geist – und trägt gleichzeitig zu Artenvielfalt und Wasserhaushalt bei. Die WELL-Kriterien greifen teilweise Anforderungen aus der EU-Taxonomie auf, zahlen jedoch mehr auf ESG ein.

Quartierszertifizierung zahlt sich aus

Mit der Ausweitung der EU-Taxonomie achten Unternehmen stärker auf die Nachhaltigkeit ihrer Immobilien. Nachhaltigkeitszertifikate können zur besseren Vermietbarkeit beitragen und höhere Verkaufspreise für Immobilien ermöglichen. Als weiteres Plus punkten die zertifizierten Gebäude und Quartiere häufig mit niedrigen Betriebskosten. Auch wenn derzeit noch keines der beleuchteten Zertifizierungssysteme eine einfache Einordnung von Quartiersprojekten nach der EU-Taxonomie erlaubt – erste Annäherungen sind bereits zu sehen. 

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