Urteile: Einbau eines Treppenlifts, Zustimmung des Vermieters
Einbau eines Treppenlifts, Zustimmung des Vermieters
BGB § 554a aF
ZPO § 544 Abs. 2 Nr. 1
Zur Höhe der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer im Falle der Klage des Mieters auf Zustimmung des Vermieters zum Einbau eines Treppenlifts und eines behindertengerechten Bades.
BGH, Beschluss vom 24. September 2024 - VIII ZR 234/23 – (LG München I)
Aus den Gründen:
[1] I. Die Kläger sind seit dem Jahr 1992 Mieter einer im 1. Stock gelegenen Vierzimmerwohnung in München. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war ein Bad bei Einzug der Kläger nicht vorhanden, sondern wurde von ihnen im gleichen Jahr auf eigene Kosten ausgebaut.
[2] Das Ende des 19. Jahrhunderts in offener Bauweise errichtete, nicht unter Denkmalschutz stehende Anwesen verfügt über Keller, Souterrain, Erdgeschoss und drei Obergeschosse. Die gewendelte Treppe ist ebenso alt und besteht aus einer Holzkonstruktion. Ein Aufzug ist in dem Anwesen nicht vorhanden.
[3] Mit der vorliegenden, im Jahr 2012 erhobenen Klage haben die Kläger von den Beklagten als Vermieter unter anderem die Zustimmung zum Einbau eines Treppenlifts sowie zu einem barrierefreien Umbau des Bades für ihren seit einem Sportunfall im Jahre 2011 ab dem vierten Halswirbel abwärts querschnittsgelähmten, im Jahr 1994 geborenen Sohn, der sich nur noch im Rollstuhl fortbewegen kann, begehrt.
[4] Das Amtsgericht hat der Klage insoweit gestützt auf gemäß § 554a BGB in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagten verurteilt, den von den Klägern beantragten Baumaßnahmen zuzustimmen sowie unter Androhung eines Ordnungsgeldes beziehungsweise einer Ordnungshaft den Betrieb des Treppenlifts zu dulden und bauliche Veränderungen zu unterlassen, die seinen Einbau behindern oder undurchführbar machen. Die gegen das Urteil gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Mit der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde machen die Beklagten unter anderem eine über 20.000 € liegende Beschwer geltend.
[5] II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer die in § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorgegebene Wertgrenze von mehr als 20.000 € nicht erreicht.
[6] 1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Dieses Interesse ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden ....
Gestattung einer baulichen Veränderung im Wohneigentum
WEG § 10 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4
a) Die Wohnungseigentümer können seit dem 1. Dezember 2020 eine bauliche Veränderung auch dann beschließen, wenn die Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum dauerhaft nur dem bauwilligen Wohnungseigentümer zustehen soll (Fortführung von BGH Urt. v. 9. Februar 2024 - V ZR 244/22, NJW 2024, 1030 Rn. 14).
b) Die Beschlusskompetenz für die Gestattung einer baulichen Veränderung besteht auch dann, wenn die Beschlussfassung dazu führt, dass die in einer Vereinbarung vorgesehene Nutzung des Gemeinschaftseigentums faktisch nicht mehr möglich ist.
c) Den Wohnungseigentümern fehlt die Kompetenz, durch Beschluss Kompensationszahlungen festzulegen, die die Wohnungseigentümer, denen eine bauliche Veränderung gestattet wird, an die übrigen Wohnungseigentümer leisten sollen.
BGH, Versäumnisurteil vom 19. Juli 2024 - V ZR 226/23 – (LG Frankfurt a.M.)
Zum Sachverhalt:
[1] Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE); ihm gehört eine der drei Einheiten, nämlich die im Erdgeschoss. In der Eigentümerversammlung vom 24.11.2021 fassten die Wohnungseigentümer folgenden Beschluss:
„Beschluss über die Genehmigung zur Errichtung von Gartenhütten im Allgemeineigentum für Fahrräder und Abstellen von Gartenwerkzeugen. Die Finanzierung erfolgt auf eigene Kosten der jeweiligen Eigentümer, die eine solche Gartenhütte auf dem Allgemeineigentum errichten möchten. Die Gartenhütten sollen rechts vom Haus ohne Fundament aufgestellt werden. Die Skizze zum Protokoll wird in die Beschlussfassung mit aufgenommen. Die Eigentümer der Dachgeschosswohnung würden als Entgelt für die Nutzung einen monatlichen Betrag in Höhe von 10 Euro pro Wohnung als Nutzungsentschädigung an die Eigentümer der Wohnung OG und EG überweisen. Die Eigentümer der Wohnung OG schließen sich dem Vorschlag an und würden ebenfalls monatlich 10 Euro als Nutzungsentschädigung an die Wohnung DG und EG überweisen.
Die Gartenhütte sollte in metallhellgrau und anthrazit sein. Flächenmaß ca. 261 x 182 cm, Höhe 206 cm.“
[2] Mit der nach Ablauf der Anfechtungsfrist eingegangenen Klage beantragt der Kläger, die Nichtigkeit dieses Beschlusses festzustellen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Aus den Gründen:
[3] I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in ZWE 2024, 209 veröffentlicht ist, meint, der Beschluss, an dessen Bestimmtheit keine Bedenken bestünden, sei weder in Bezug auf die Gestattung der Errichtung der Gartenhütten noch in Bezug auf die Entgeltregelung nichtig. ....
[5] II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Zu entscheiden ist durch Versäumnisurteil. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH Urt. v. 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.).
Unterhaltungspflicht für Gebäude auf Erbbaurechtsgrundstück, Verjährung
BGB §§ 195, 199
Bei dem Verstoß des Erbbauberechtigten gegen die ihn nach dem Erbbaurechtsvertrag treffende Verpflichtung, das von ihm errichtete Bauwerk in einem guten baulichen Zustand zu halten und die erforderlichen Reparaturen und Erneuerungen auf eigene Kosten vorzunehmen, handelt es sich um eine fortdauernde Vertragswidrigkeit; die Verjährungsfrist für den Anspruch des Grundstückseigentümers auf Vornahme der jeweils erforderlichen Maßnahmen beginnt daher nicht zu laufen, solange der Verstoß andauert.
BGH, Urteil vom 27. September 2024 - V ZR 21/24 – (OLG Schleswig)
Zum Sachverhalt:
[1] Die Kläger sind Miteigentümer eines Grundstücks, an dem für die Beklagte und einen Dritten seit dem Jahr 1992 ein je hälftiges Teilerbbaurecht bestellt ist. Auf dem Erbbaurechtsteil der Beklagten befindet sich eine von ihr in den Jahren 1982/83 auf der Grundlage eines Nutzungsvertrages errichtete Squash- und Freizeitanlage. In § 4 des Erbbaurechtsvertrages (nachfolgend ErbbV) ist geregelt, dass die Erbbauberechtigten verpflichtet sind, die von ihnen jeweils errichteten Bauwerke in einem guten baulichen Zustand zu halten und die erforderlichen Reparaturen und Erneuerungen auf eigene Kosten vorzunehmen. Im Jahre 2018 verkaufte die Beklagte ihr Teilerbbaurecht an die Streithelferin zu 1, an die sie die Räumlichkeiten bereits seit dem Jahr 2015 verpachtet hatte. Die Erwerberin wurde am 7.6.2018 in das Grundbuch eingetragen.
[2] Mit ihrer im Jahre 2021 erhobenen Klage verlangen die Kläger von der Beklagten die Beseitigung von Mängeln an dem Flachdach und an der Tür zum Technikraum des von ihr errichteten Gebäudes. Die Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter.
Teilungsversteigerung für Grundstück, nicht für einzelnes Flurstück
ZVG §§ 180, 181 Abs. 2
Die Teilungsversteigerung findet nur statt in Bezug auf Grundstücke im Rechtssinn, die im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts unter einer besonderen Nummer eingetragen sind; die Teilungsversteigerung eines einzelnen Flurstücks als Teil eines aus mehreren Flurstücken bestehenden Grundstücks (sog. zusammengesetztes Grundstück) ist ausgeschlossen.
BGH, Beschluss vom 26. September 2024 - V ZB 8/24 – (LG Schwerin)
Aus den Gründen:
[1] I. Die Beteiligten sind in Erbengemeinschaft und Bruchteilsgemeinschaft Miteigentümer des im Grundbuch von G. auf Blatt 262 unter der laufenden Nummer 1 des Bestandsverzeichnisses verzeichneten Grundstücks, das aus insgesamt 14 Flurstücken in drei Fluren besteht, darunter das Flurstück 147 der Flur 3.
[2] Die Beteiligte zu 1 (nachfolgend Antragstellerin) hat zur Vorbereitung der Nachlassteilung die Anordnung der Teilungsversteigerung (nur) dieses Flurstücks beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter.
[3] II. Das Beschwerdegericht meint, der Antrag auf Anordnung der Teilungsversteigerung sei zu Recht abgelehnt worden, weil es sich bei dem zur Versteigerung angemeldeten Flurstück nicht um ein Grundstück im Sinne der §§ 180 ff. ZVG handele. ....
[4] III. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Antrag auf Teilungsversteigerung des Flurstücks 147 ist zu Recht abgelehnt worden, denn die Teilungsversteigerung eines einzelnen Flurstücks ist nicht zulässig.
[5] 1. Gegenstand der Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft (Teilungsversteigerung) ist nach §§ 864, 866, 869 ZPO, §§ 180, 181 Abs. 2 ZVG das Grundstück oder der Bruchteil eines Grundstücks. Der Begriff des Grundstücks ist im Gesetz nicht definiert. In Rechtsprechung und Literatur wird unterschieden zwischen dem Grundstück im Rechtssinn und dem Flurstück als Begriff des Liegenschaftskatasters.
[6] a) Unter einem Grundstück im Rechtssinn ist nach der schon auf das Reichsgericht zurückgehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Bestandsverzeichnis eines - eigenen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GBO) oder gemeinschaftlichen (§ 4 GBO) - Grundbuchblattes ohne Rücksicht auf die Art seiner Nutzung unter einer besonderen Nummer eingetragen ist (vgl. BGH Beschl. v. 19.12. 1967 - V BLw 24/67, BGHZ 49, 145, 146; Urt. v. 19.1.1990 - V ZR 215/88, BGHR BGB § 1018 Belastungsgegenstand 1 [= juris Rn. 16]; Urt. v. 14.1.2005 - V ZR 139/04, NJW-RR 2005, 666, 668; Urt. v. 11.11.2022 - V ZR 145/21, NJW 2023, 1442 Rn. 15 sowie schon RGZ 84, 265, 270). Im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs wird die laufende Nummer des Grundstücks in Spalte 1 eingetragen (§ 6 Abs. 1 GBV).
Begründung von Wohnungseigentum im Geltungsbereich einer Umwandlungsverordnung
BauGB § 250 Abs. 1 Satz 3
Zu den Voraussetzungen der Eintragung von Wohnungseigentum im Gebiet einer Berliner Umwandlungsverordnung.
BGH Beschluss vom 19.09.2024 - V ZB 66/23 – (KG Berlin)
Aus den Gründen:
[1] I. Die Beteiligte ist Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten bebauten Grundstücks, dessen Teilung gemäß § 8 WEG sie betreibt. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich der auf der Grundlage von § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB erlassenen Berliner Umwandlungsverordnung vom 21. September 2021 (GVBl. 2021 S. 1175), die am 7. Oktober 2021 in Kraft getreten ist.
[2] Im November 2020 erklärte die Beteiligte die Teilung in 51 Wohnungs- und drei Teileigentumseinheiten und beantragte Vollzug der Teilung im Grundbuch. Mit Zwischenverfügung vom 11. Mai 2021 wies das Grundbuchamt unter Setzung einer Frist von einem Monat auf das Fehlen der Abgeschlossenheitsbescheinigung hin; die Frist wurde sodann um weitere drei Monate verlängert. Eine erneute Fristverlängerung um drei Monate lehnte das Grundbuchamt ab.
[3] Nach Fristablauf hat das Grundbuchamt den Antrag mit Beschluss vom 22.9.2021 zurückgewiesen. Der am 24. November 2022 unter Vorlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung v. 30.11.2021 eingelegten Beschwerde hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 1.2.2023 abgeholfen und den Zurückweisungsbeschluss aufgehoben, der Beteiligten zugleich aber unter erneuter Fristsetzung die Vorlage einer Genehmigung nach § 250 BauGB aufgegeben. Die gegen diesen Punkt des Beschlusses vom 1.2.2023 gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das Kammergericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beteiligte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
[4] Nach Ansicht des Beschwerdegerichts besteht das von dem Grundbuchamt beanstandete Eintragungshindernis. Nach dem zwischenzeitlichen Inkrafttreten der Berliner Umwandlungsverordnung bedürfe die Begründung von Wohnungseigentum einer Genehmigung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Dem stehe § 878 BGB, der entsprechend auf Teilungserklärungen nach § 8 WEG anwendbar sei, nicht entgegen. Die durch § 878 BGB gewährte Rechtsposition bestehe von vorneherein nur mit der Einschränkung, dass der Antrag entweder vollzugsreif sei oder innerhalb mit Zwischenverfügung gesetzter angemessener Frist vollzugsreif werde. Mit der rechtmäßigen Zurückweisung des Eintragungsantrags ende die Schutzwirkung von § 878 BGB grundsätzlich, auch wenn die Zurückweisung aufgrund neuer Tatsachen aufgehoben werde; die Beschwerde sei insoweit wie ein neuer Antrag zu behandeln. Die von dem Grundbuchamt zu Recht geforderte Abgeschlossenheitsbescheinigung habe bei der Zurückweisung des Antrags im September 2021 nicht vorgelegen. Es habe auch kein Grund bestanden, die bereits einmal verlängerte Frist nochmals zu verlängern; das Grundbuchamt habe bereits berücksichtigt, dass die Behebung des Hindernisses nicht alleine von dem Willen der Beteiligten, sondern von behördlichen Entscheidungen abhänge. Gewöhnlich genüge eine Frist von drei Monaten für die Einholung bzw. Nachreichung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung. Nach Ablauf der (verlängerten) Frist sei eine Behebung des Hindernisses in absehbarer Zeit nicht zu erwarten gewesen.