Abrechnung im Gleichgewicht
Hoher Rohrwärmeanteil innerhalb einer Liegenschaft führt zu fehlerhaften Verbrauchsspreizungen. Es geht darum, die Rohrwärme zu erkennen und die Heizkostenabrechnung mit dem Bilanzverfahren auszugleichen.
In manchen Gebäuden zeigt die verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung große Verbrauchsspreizungen innerhalb einer Liegenschaft. Einige Nutzer scheinen ungewöhnlich viel zu heizen, andere dagegen extrem wenig – Reklamationen der Vielverbraucher sind die Folge. Grund für diese Unterschiede sind häufig nicht ausreichend gedämmte Rohrleitungen. Dadurch geht ein Teil der Wärme auf dem Weg zu den Heizkörpern in nicht erfasste Grundwärme über. Die Bewohner können diese Rohrwärme nicht regeln und müssen im Extremfall sogar lüften, wenn die Raumtemperatur zu hoch ist. Je höher die Vorlauftemperatur der Heizung und je schlechter die Wärmedämmung der Leitungen, desto größer die ungemessene Grundwärme.
Bei Einrohrheizungen verstärkt sich dieser Effekt noch, weil die Pumpen das heiße Wasser auch bei abgestellten Heizkörpern permanent in den Leitungen umwälzen. Davon profitieren vor allem Wohnungen in bauphysikalisch begünstigten Lagen und fallen in der Heizkostenabrechnung als extreme Niedrigverbraucher auf. Um Reklamationen zu vermeiden und einem hohen Energieverlust auf den Grund zu gehen, sollten Verwalter die Heizkostenabrechnung von ihrem Abrechnungsdienstleister analysieren lassen. Im Zuge der Qualitätskontrolle prüft Minol bei jeder Abrechnung, ob der Rohrwärmeanteil zu hoch ist, informiert den Verwalter und bespricht das weitere Vorgehen – zum Beispiel die Anwendung eines Korrekturverfahrens.
Richtige Messausstattung
Die Messausstattung ist eine wichtige Voraussetzung für die korrekte Abrechnung von Gebäuden mit zu hoher Rohrwärme. Während Heizkostenverteiler nach dem Verdunstungsprinzip nicht zwischen Heizkörperwärme und Grundwärme unterscheiden können, erfassen elektronische Heizkostenverteiler die vom Heizkörper abgegebene Wärme unabhängig von der Raumtemperatur. Sie ermöglichen durch ihre Anzeigegenauigkeit eine energetische Analyse des Heizungssystems.
Auch mit der richtigen Messausstattung ist es für Verwalter mitunter schwierig zu entscheiden, ab wann die Verbrauchsschwankungen problematisch sind und in der Abrechnung berücksichtigt werden müssen. Laut Beiblatt „Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe“ zur Richtlinie VDI 2077 gibt es drei Kriterien, die für einen zu hohen Anteil an Rohrwärme innerhalb eines Gebäudes sprechen:
1. Der Verbrauchswärmeanteil, also der Anteil der Wärme, den die Heizkörper tatsächlich abgeben, liegt bei 0,34 Verbrauchseinheiten pro Kilowattstunde eingesetzter Heizwärme oder darunter.
2. Die Standardabweichung der flächenbezogenen Verbrauchswerte, also der Unterschied zwischen Viel- oder Wenigverbrauchern, liegt bei 0,85 oder darüber.
3. Der Anteil der extremen Niedrigverbraucher im Gebäude ist größer als 15 %.
Treffen alle drei Bedingungen zu, ist die Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe in der Heizkostenabrechnung nach VDI 2077 zwar freiwillig, aber dringend zu empfehlen. Der Gebäudeeigentümer kann sich auch bereits für einen Ausgleich entscheiden, wenn nur ein oder zwei Kriterien erfüllt sind. Das erste Kriterium (Verbrauchswärmeanteil) muss jedoch immer erfüllt sein. Die rechtliche Grundlage schafft die aktuelle Heizkostenverordnung (§ 7, Abs. 1).
Verfahren zur Ermittlung der Rohrwärme
Grundsätzlich sollten Verwalter bei zu hoher Rohrwärme zunächst auf den richtigen Verteilerschlüssel achten. Eine klassische Verteilung mit 30 % Grundkosten und 70 % Verbrauchskosten würde die Verbrauchsspreizungen zwischen Viel- und Wenigverbrauchern noch verschärfen. Minol empfiehlt deswegen, den Grundkostenanteil auf 50% anzuheben. Wer den Verteilerschlüssel ändert, muss die Mieter laut Heizkostenverordnung (§ 4 Abs. 4) vor Beginn der neuen Abrechnungsperiode darüber informieren. Es gibt drei Verfahren, wie der Anteil der Rohrwärme am Wärmeverbrauch eines Gebäudes berechnet und die Heizkostenabrechnung korrigiert werden kann:
– Messtechnische Ermittlung: Die Rohre werden mit Heizkostenverteilern ausgestattet, die den Wärmeverlust erfassen. Das liefert zwar genaue Ergebnisse, ist aber sehr zeit- und kostenintensiv. Außerdem müssen die Rohre dafür freiliegen.
– Rechnerische Ermittlung: Berechnung auf Grundlage von Länge und Durchmesser der Rohrleitungen sowie der mittleren Heizmedium-Temperatur und der Betriebsdauer der Anlage. Diese Parameter sind jedoch meist nicht bekannt, und die Berechnung ist sehr aufwendig.
– Bilanzverfahren: Vereinfacht wird vom gesamten Energieverbrauch des Gebäudes, etwa Gas oder Heizöl, der Energieeinsatz für Warmwasser abgezogen. Die so errechnete Heizwärme beinhaltet die Heizkörperwärme und die Rohrwärme. Mit Hilfe der vom Heizkostenverteiler gemessenen Verbrauchseinheiten lässt sich der Anteil der Verbrauchswärme (Heizkörperwärme) ermitteln und abziehen. Die so errechnete Rohrwärme wird proportional zur Fläche in Verbrauchseinheiten umgerechnet. Alternativ kann die Rohrwärme auch anhand der Heizleistung oder Länge der Rohre auf die Nutzer verteilt werden, sofern diese Angaben bekannt sind. Dafür sind keine zusätzlichen Messgeräte und keine Datenaufnahme vor Ort notwendig.
Bei allen drei Verfahren wird der Rohrwärmeanteil auf die Nutzer verteilt und mit der Heizkostenabrechnung ausgewiesen. Minol nutzt das Bilanzverfahren. Es ist am günstigsten und sehr zuverlässig. Außerdem kann das Unternehmen den Rohrwärmeanteil nachträglich berechnen, wenn die Verbrauchswerte der vergangenen Heizperiode vorliegen und der Eigentümer sich für einen Ausgleich entschieden hat.
Ursachen auf den Grund gehen
Der Ausgleich der Rohrwärme in der Heizkostenabrechnung kann laut VDI 2077 allerdings nur eine Übergangslösung sein. Ein niedriger Verbrauchswärmeanteil ist ein Indikator dafür, dass der technische Zustand der Heizungsanlage oder ihre Betriebsweise in hohem Maße optimierungsbedürftig sind. Eine entsprechende Nachrüstung zur raumweisen Regelung solcher Anlagen ist in der Energiesparverordnung (EnEV 2009 § 14 Abs. 2) vorgeschrieben. Die Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung e.V und der GdW (Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmer e.V.) empfehlen verschiedene Maßnahmen, die den Rohrwärmeanteil dauerhaft senken.
Im ersten Schritt kann die Absenkung der Heizkurve mit freier Programmierung durch stufenweise Absenkung der Vorlauftemperatur Energie sparen. Minol berät Kunden hierzu und macht bei Bedarf ein Angebot für eine individuell abgestimmte Regelung. Wenn dann eine Unterversorgung einzelner Wohnungen auftritt, ist ein hydraulischer Abgleich sinnvoll. Der Abgleich bewirkt eine gleichmäßige Verteilung des Heizungswassers zwischen den Heizkörpern. Außerdem sollten Verwalter auf eine angemessene Dimensionierung der Pumpen, Heizkörper und Thermostatventile achten und sich von einem Heizungsinstallateur oder Fachplaner beraten lassen. Diese übernehmen auch gleich die korrekte Voreinstellung der Anlage. Außer der Heizkurve sollte etwa auch der Pumpendruck so niedrig wie möglich sein – das spart zusätzlich Strom. Aufgrund der steigenden Energiepreise rentieren sich solche technischen Maßnahmen innerhalb weniger Abrechnungsperioden. Eine Wärmedämmung aller Rohre in Gebäuden mit viel Rohrwärme ist zwar sinnvoll, in der Praxis aber nicht immer machbar, etwa wenn die Leitungen im Estrich verlegt sind. Diese Maßnahmen senken die Rohrwärmeabgabe und damit den Energieverbrauch der Liegenschaft nachhaltig. Der Nutzer kann den eigenen Verbrauch besser regeln und seine Sparmaßnahmen in der Heizkostenabrechnung leicht nachvollziehen.
Je höher die Vorlauftemperatur der Heizung und je schlechter die Wärmedämmung der Leitungen, desto größer die ungemessene Grundwärme.
Elektronische Heizkostenverteiler ermöglichen durch ihre Anzeigegenauigkeit eine energetische Analyse des Heizungssystems.